Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
Vom Netzwerk:
zersplitterte an der Steinmauer des Bollwerks über, hinter und etwas links der Gegenpartei, ohne jedoch zu zünden. Stattdessen versprühte sie Granatsplitter und Pulverkörner über White und Woodruff, die das kaum bemerkten, da sie ihren Schrecken abgeschüttelt und ihre Aufmerksamkeit wieder der Haubitze zugewandt hatten.
    »Jetzt werden sie sich aber selbst in die Luft jagen«, bemerkte Dappa und warf einen Kanonenwischer in einen Eimer.
    »Ganz im Gegenteil, sie haben das Wasser gefunden, das du ihnen so fürsorglich hingestellt hast, und wischen genau wie du ihre Haubitze aus. Aber wir sind im Vorteil – wir haben gelernt, wie man sein Ziel nachjustiert, sie aber nicht.« Van Hoek bearbeitete den Richtkeil noch ein wenig, dann trat er gegen eins der Lafettenräder, um den Seitenwinkel zu korrigieren. Unterdessen lud Dappa nach. Und war anschließend begierig darauf zu feuern, aber van Hoek blieb vor der Geschützmündung stehen, die Hände voll mit Stöckchen, trockenem Gras, Blättern und ähnlichem Material, das er in das Rohr stopfte, bis es voll war, ja sogar übervoll: Am Ende sah es aus wie eine bronzene Vase, in der ein welker Strauß hing. Dappa wurde höchst verdrießlich und begann, die Fackel über dem Zündloch zu schwenken und zum Schein näher daran zu halten. Van Hoek beachtete das gar nicht und drehte sich nicht einmal um, als Whites zweites Geschoss an seiner Schulter vorbeipfiff und sich in die Böschung hinter ihnen eingrub. Aber er sah, wie es auftraf, und machte Dappa darauf aufmerksam, der sich in die Finger spuckte und in die Vertiefung langte, die es erzeugt hatte, um ein zischendes Netz aus Zündschnur herauszureißen. Unter Fluchen schleuderte er es auf den Boden. Van Hoek gab schließlich seine blockierende Haltung vor dem Rohr der Haubitze auf und packte mit seinem Haken den Henkel ihres Wassereimers; er ging hinüber zu der zischenden und sich windenden Zündschnur und löschte sie aus. Während er damit beschäftigt war, legte Dappe Feuer an ihre Haubitze und feuerte ihr zweites Geschoss ab; es landete genau am Fuß der Böschung hinter White und Woodruff, ein paar Ellen rechts von ihnen. Statt sich aber in die Erde einzugraben, schnellte es geradewegs zurück in die Luft und verschwand. Mehrere Sekunden später, nachdem es anscheinend einen Gipfelpunkt erreicht hatte und wieder gesunken war, explodierte es vielleicht zehn Ellen über dem Boden und nicht so sehr weit von White und Woodruff entfernt. Sie hatten sich jedoch mittels eifrigem Fingerzeigen seinen Auf- und Abstieg gemerkt, hetzten nun vor ihm davon und warfen sich zu Boden. Sie wurden nicht verletzt.
    Van Hoek war empört. »Ich hätte gute Lust, hinüberzugehen und White eine durch den Schädel zu jagen«, sagte er.
    »Wieso? Das ist mein Duell, nicht Eures«, sagte Dappa, wieder eifrig beschäftigt.
    Van Hoek begann alles an Stöckchen und trockenem Gras zusammenzukratzen, was er beim ersten Mal hatte fallen lassen. »Als dein Sekundant habe ich die Aufgabe, einen Schuss auf deinen Kontrahenten loszulassen, wenn er wegzurennen versucht. White ist weggerannt.«
    »Das ist eine Grauzone«, versicherte Dappa. »Von einem Schiffskapitän im Gefecht wird erwartet, dass er nicht von der Stelle weicht, wenn Breitseiten auf ihn abgefeuert werden; wenn dagegen eine zischende Granate neben ihm aufschlägt, erwartet niemand von ihm, dass er stehen bleibt und zusieht, wie sie explodiert.«
    »Hm«, machte van Hoek, während er den Vorgang des Rohrstopfens wiederholte; und als wollte er ihm noch mehr Nachdruck verleihen, riss er sich diesmal die kastanienbraune Perücke vom Kopf und stopfte sie in den Schlund des Geschützes, um die ganzen losen Pflanzenteile, die er zuvor hineingeworfen hatte, festzudrücken. Eine Granate flog an ihm vorbei. Diesmal hatten White und Woodruff noch weniger Pulver benutzt, und so war sie, als sie bei ihnen ankam, schon einmal vom Boden abgeprallt. Sie flog in Kniehöhe vorbei, vollführte vom Hang weg einen Looping und landete unmittelbar vor Dappa: eine schwarze, rauchende Kugel, aus der an einer Seite eine brennende Lunte herausragte. Sie rollte den Hügel hinab, aber zu langsam für ihre Zwecke, und so stürzte Dappa auf sie zu und trat heftig nach ihr, verfehlte sie, zog sein Bein zurück und gab ihr einen festen Stoß. In beinahe derselben Bewegung drehte er sich herum und warf sich in voller Länge zu Boden. Van Hoek hatte dem Ding mittlerweile den Rücken zugekehrt und umklammerte das

Weitere Kostenlose Bücher