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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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man Bögen konstruiert. Und zuletzt werde ich Euch zum Aufseher von Beweisführungen vor der Royal Society ernennen.«
    »Wie belieben?«
    »Mit ein wenig Überlegung wird es Euch schon klar werden. Ich wünsche Euch einen guten Tag, Dr. Waterhouse.«
    »Ihr seid ein vollkommener Edelmann, Sir Christopher.«
    Er hatte sich eingebildet, dass London in seinen östlichen Gefilden, jenseits von Bishopsgate, weniger verstopft sein würde, doch wenn überhaupt, war es in diesem Teil der Stadt noch schlimmer. Denn an dieser Front war sie zur Linken den Einfällen der Industrie und zur Rechten denen des Schiffsverkehrs ausgesetzt. Weder Daniel noch seinem Fuhrmann lag daran, den Rest des Tages damit zu verbringen, schweren, mit Ziegelsteinen, Kohle und Kalk beladenen Wagen das Wegerecht streitig zu machen und von Kavallerieattacken kräftiger Zugpferde die Straße hinuntergetrieben zu werden. Sie könnten über die Brücke fahren, doch in Southwark würde sich das gleiche Bild bieten, nur mit weniger, schmaleren und schlechteren Straßen. Also disponierte Daniel um und ließ sich und seine Pakete von dem Fuhrmann die Fish Street entlang bis zur Zufahrt der London Bridge und von dort aus ostwärts die Thames Street entlangfahren, als wären sie unterwegs zum Tower. Zu ihrer Rechten verliefen diverse schmale, alte Gassen zur Schiffslände, die etwa eine Bogenschussweite entfernt lag, und jede Gasse bot ihm einen flüchtigen Blick auf eine andere Kontroverse, Pöbeltat oder kommerzielle Transaktion; die Themse aber kam in keinem dieser Tableaus vor, denn alles, was er an den Straßenmündungen sehen konnte, waren Masten und Takelwerk.
    Sie passierten den Markt von Billingsgate, der um die drei Seiten eines großen rechteckigen, in das Flussufer eingeschnittenen Hafenbeckens angeordnet war, in das vom Pool aus kleinere Schiffe einfahren konnten. Das Hafenbecken reichte bis fast zur Thames Street, die sich dort zu einer Plaza verbreiterte, um gleichsam dem Markt die Hand zu schütteln. Unter den eisernen Reifen der Karrenräder wurden schwarze Steine zur Seite geschleudert oder, wenn sie feststeckten, zermalmt. Die Pferde zögerten. Sie schoben sich durch eine Schar von Kindern in schmutzigen Kleidern, die umhersausten und diese schwarzen Steine aus Ritzen zwischen Pflastersteinen klaubten.
    »Händler!«, sagte der Fuhrmann, »Händler und Messer kommen zu den Pötten.« Er sprach nicht von den Kohlen sammelnden Jungen, sondern von Leuten, die am Nordufer des Billingsgate Dock Geschäfte machten. Mit Händlern meinte er Kohlenhändler, und nach den Gesprächsfetzen zu urteilen, die der Wind heranwehte, handelte es sich um Leute aus Yorkshire. Messer waren die Beamten der Stadt London, die mit riesigen, geschwärzten Laufgewichtswaagen die Steinkohlensäcke wogen, und Pötte waren die robusten, zuberartigen Boote, die sie von den großen Schiffen draußen im Pool heranschafften. Daniel, der Billingsgate als einen Fischmarkt in Erinnerung hatte, war das alles neu; doch es beruhigte ihn zu sehen, dass die Fischweiber sich nicht hatten vertreiben lassen, ja noch immer den größten Teil des Hafenbeckens beherrschten und Kohlenhändler, die sich Übergriffe leisteten, mit gut gezielten Salven von Fischinnereien und farbigen, treffenden Beschreibungen ihrer Person und ihrer Familie zurückschlugen.
    Hinter Billingsgate kamen sie besser voran, wenn auch nur geringfügig, da kurz vor ihnen, auf der Rechten, das Zollhaus lag. Dort herrschte so viel Betrieb, dass manche sagten, es mache der Change Alley Konkurrenz. Die vielen Stimmen verschmolzen zu einem brausenden Dröhnen, und selbst von seinem Platz aus konnte Daniel das gelegentliche Anbranden und Gischten einer mächtigen Gesprächswelle hören.
    »Das genügt«, sagte er, und der Fuhrmann nahm die nächste Abzweigung nach rechts und fuhr eine von kleinen und schmutzigen, aber sehr belebten Geschäften gesäumte Gasse entlang zur Schiffslände. Aus diesem Uferabschnitt hatte man mehrere winzige Hafenbecken herausgeschnitten, und sie brauchten nicht lange, um eines zu finden, an dem sich Flussschiffer versammelt hatten, Pfeife rauchten und fachkundige Kommentare wechselten. Indem er schlicht still stand und zum richtigen Zeitpunkt Münzen an die richtigen Leute verteilte, vermochte Daniel zu bewirken, dass man seine Pakete auf ein Boot verlud, dass er Passage den Fluss hinab bekam und dass er den Fuhrmann nach Hause schicken konnte.
    Von der Thames Street aus gesehen, hatte der Fluss

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