Principia
Molkereien gab), sondern eine quasi industrielle Landschaft aus Tuchrahmenplätzen und Lohgerbereien, den von Natur aus landhungrigen Herstellern großer, flacher Waren.
Als sie um die Biegung vor Wapping kamen, eröffnete sich ihnen ein Blick auf eine gerade Meile Fluss bis hin zur großen, hufeisenförmigen Schleife zwischen Limehouse und Rotherhithe, und Daniel sah, nicht ganz zu seiner Überraschung, dass die neue Stadt auf dem linken Ufer sich fast über diese ganze Entfernung erstreckte, sodass die früher für sich stehenden Städte Shadwell und Limehouse inzwischen von London nahezu verschluckt worden waren. Der bloße Gedanke machte ihm eine leichte Gänsehaut, denn die flussabwärts gelegenen Elendsquartiere waren von jeher Brutstätten von Schlammlerchen, Flusspiraten, tollwütigen Hunden, Kairatten, Straßenräubern und Vagabunden gewesen, und der dazwischenliegende Landschaftsgürtel – sosehr er auch von Lehmgruben, Ziegelbrennereien und Schnapskaschemmen zernarbt sein mochte – hatte eine Art cordon sanitaire zwischen ihnen und London gebildet. Er fragte sich, ob London sich einen Gefallen damit tat, dass es diese Barriere mit Durchgangsstraßen auflockerte.
Das Southwark-Ufer war sehr viel offener und teilweise unverbaut, sodass Daniel und grasende Milchkühe einander über ein paar Ellen Wasser, Schlamm und Grasnarbe hinweg in Augenschein nehmen konnten. Doch während sie diesen Abschnitt des Pool entlangfuhren, wurden so, wie die Schaluppen und Schoner richtigen Dreimastern Platz machten, die kleinen Kais und Lagerhäuser von riesigen, ebenen Stapelplätzen abgelöst, die lange Uferstreifen innehatten, groß wie Schlachtfelder und fast ebenso laut: die Schiffswerften. Im Kit-Cat Clubb hatte irgendwer Daniel zu überzeugen versucht, dass an den Rändern des Pool nicht weniger als zwei Dutzend Werften und fast ebenso viele Trockendocks in Betrieb seien. Daniel hatte nur aus Höflichkeit so getan, als glaubte er es. Nun glaubte er es tatsächlich. Auf Meilen, so schien es, waren die Ufer der Themse gesäumt von Unternehmen, die zu Tausenden Bäume fraßen und dutzendweise Schiffe ausschieden. Sie spien so viel Sägemehl und Holzspäne aus, dass man die St. Paul’s Cathedral sicher in einer Frachtkiste hätte verpacken können, wenn sich eine so große Kiste hätte bauen lassen. Was hier wahrscheinlich sogar der Fall war. Bestimmte Dinge, die Daniel aufgefallen waren, traten nun in einen Zusammenhang. Die Flöße aus Hartholzstämmen, die in Boston Tag für Tag den Charles River hinabschwammen, und die Tatsache, dass Kohle, ihr Rauch und ihr Ruß, in London mittlerweile allgegenwärtig waren: Beides verriet einen verzweifelten Hunger nach Holz. Die Wälder von Old und New England wurden gleichermaßen in Flotten verwandelt, und nur ein Narr würde das Zeug verbrennen.
Am Ende zeigte sich der Fährmann doch unsicher, welche Werft die von Mr. Orney war – es gab hier so viele, zwischen denen man sich entscheiden konnte -, aber Daniel erkannte sie. Es war diejenige mit den drei Kriegsschiffen, die, alle drei nach demselben Plan gebaut, nebeneinander auf der Helling lagen. Die Arbeiter, die auf den Rippen dieser Schiffe saßen und ihr Mittagsbrot verzehrten, waren Engländer und Iren, die Wollmützen trugen, wenn sie sich überhaupt die Mühe machten, ihren Kopf vor dem rauen Wind zu schützen. Doch während sie näher heranruderten, sah Daniel zwei Männer in riesigen Pelzmützen, welche die Arbeit inspizierten.
Der Fährmann ließ sein Boot unter die vorspringenden Achterkastelle der drei Schiffe treiben. Das mittlere war bis auf das unerlässliche Schnitzen, Malen und Vergolden auffälliger Dekorationen fertig. Die beiden anderen erhielten noch ihre Rumpfplanken.
Sie gewahrten einen Pier, der auf der flussabwärts gelegenen Seite der Werft, ein gutes Stück von den Schiffen entfernt, in den Fluss ragte. Auf einem Fass am vorderen Ende saß ein Mann in schlichter schwarzer Kleidung, der an einer Pastete knabberte und in einer Bibel las. Als er sie kommen sah, legte er beides behutsam nieder, stand auf und streckte die Hände aus, um die Leine aufzufangen, die der Fährmann ihm zuwarf. Seine Hände verschwammen und zauberten einen vollkommenen Knoten, mit dem er sie an einem schweren eisernen Poller auf der Pier festmachte. Der Knoten und die Art, wie er geschlungen worden war, demonstrierten jedem Zuschauer, dass der Mann zu Gottes auserwähltem Volk zählte. Seine Kleidung war streng, aber es
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