Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
Vom Netzwerk:
zwei Tagen keine halbe Meile weiter draußen vor Anker liegen sehen – ich glaube, das da vor dem Lime-Kiln Dock, das ist es.« Bruder Normans hilfreicherweise flussabwärts ausgestreckte Hand wies auf einen kurzen Abschnitt, der etwa hundert Schiffe enthielt, von denen ein Drittel ausgewachsene, hochseetüchtige Dreimaster waren. Daniel machte sich nicht einmal die Mühe hinzusehen. »Die Minerva ist so eine Art schnittiger, aus Teakholz gebauter, holländischer Ostindienfahrer der späteren Jan-Vroom-Schule, erstaunlich wohlbewaffnet, mit stark nach innen geneigten Seiten, eine Versuchung und ein Schrecken für Piraten.«
    »Ich habe zwei Monate an Bord dieses Schiffes gelebt und wäre dennoch nicht imstande, es auf diese Entfernung in dieser Menge zu erkennen. Bruder Norman, was meint Ihr, wann diese Schiffe nach St. Petersburg auslaufen werden?«
    »Im Juli, so Gott will und die Kanonen rechtzeitig geliefert werden.«
    »Sir«, sagte Daniel zu seinem Fährmann, »ich werde mich mit Mr. Kikin unterhalten. Während ich das tue, wäre ich Euch sehr verbunden, wenn Ihr Kapitän van Hoek von der Minerva eine Nachricht überbringen könntet.«
    Daniel zückte einen Stift und ein Stück Papier und schrieb auf dem Deckel eines Fasses Folgendes:
    Kapitän van Hoek,
    falls Ihr die Absicht habt, eine Rückreise nach Boston zu unternehmen, so beabsichtige ich, Euch zu beauftragen, gewisse Güter dort abzuholen und sie mir nach London zu bringen, vorzugsweise nicht später als Juli. Ihr erreicht mich bei der Royal Society, Crane Court, Fleet Street, London.
    Daniel Waterhouse

Mr. Whites Hetzplatz
    EINE HALBE STUNDE SPÄTER
    Etwa drei Viertel der Arena war von Stehplätzen, der Rest von einer Tribüne mit Bänken eingefasst. Daniel schüttelte die Flugschriftenverteiler und Missionare ab, die den Eingang zu verstellen versuchten, und bezahlte einen ganzen Shilling für den Zugang zur Tribüne und für einen Sack Stroh, um seinen knochigen alten Hintern weich zu betten. Er entschied sich für einen Platz am Ende einer Bank, damit ihm eine gewisse Hoffnung blieb, sich durch einen Sprung retten zu können, falls das Gebilde zusammenbrach – es war eindeutig nicht von Wren konstruiert worden. Von dort aus konnte er direkt über den Hetzplatz in die Gesichter der beiden Russen sehen, die sich bis nach vorne durchgedrängelt hatten. Das war keine geringe Leistung, wenn man bedachte, dass es sich bei den anderen Parkettbesuchern um Werftarbeiter aus Southwark handelte. Der größere der beiden war indes wirklich riesig, und er war bewaffnet. Mr. Kikin stand einfach vor ihm; sein Kopf reichte dem anderen bis zum Brustbein. Den Zuschauern hinter ihnen blieb nichts anderes übrig, als sich einander abwechselnd auf die Schultern zu setzen.
    Hinter der Tribüne fuhr, von mehreren Lakaien und Kutschern in weißen Perücken gegen die Zuschauermenge verteidigt, eine vierspännige Kutsche vor. Daniel fand es ein wenig eigenartig, dass jemand, der reich genug war, ein solches Gefährt zu besitzen und mit Personal auszustatten, so weit fuhr, um sich eine Bärenhetze anzusehen. Die Theater und Hetzplätze von Southwark waren von London aus leicht zu erreichen; das war schlicht eine Bootsfahrt von zehn Minuten. Hierherzukommen jedoch bedeutete eine lange Kutschfahrt durch eine wild wuchernde Landschaft aus Gerbereien.
    Andererseits hätten diese Leute, wenn sie zimperlich wären, niemals die Absicht gehabt hierherzukommen. Daniel erkannte das Wappen auf dem Schlag der Kutsche nicht – er vermutete, dass es sich um frischgebackene Adelige handelte – und konnte, indem er die Rückseite der Perücken betrachtete, die der Besitzer und die beiden Damen in seiner Begleitung trugen, kaum Aufschlüsse gewinnen.
    Abgesehen von diesen dreien beherbergte die Tribüne ein halbes Dutzend weiterer betuchter Personen, die offensichtlich auf dem Wasserweg und allesamt allein gekommen waren. Daniel musste sich eingestehen, dass er nicht weiter auffiel.
    Die Darbietung hielt sich streng an die alten, klassischen Formen, das heißt, sie bestand aus fünf Minuten wirklicher Aufregung, der fast eine Stunde bloßer Effekthascherei vorausging. Nach einer Reihe bombastischer, von Hahnenkämpfen belebter Ankündigungen wartete man mit einigen großen Hunden auf, die an Ketten um den Rand der Arena geführt wurden, damit Wetten abgeschlossen werden konnten, wer von ihnen überleben würde. Diejenigen Zuschauer, die zu arm oder zu klug zum Wetten waren, amüsierten

Weitere Kostenlose Bücher