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Pringle in Trouble

Pringle in Trouble

Titel: Pringle in Trouble Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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Je länger er es aufschob, ihr zu schreiben, um so
schlimmer wurde es. Bis heute morgen wäre Scheidung das alleinige Thema
gewesen. Nun kam noch Mord dazu. Ihm fiel ein, daß er sich dringend einen
Anwalt besorgen mußte. Der einzige, den er kannte, war der, mit dessen Hilfe
sie den Hauskauf damals abgewickelt hatten, und wie der zu Werke gegangen war,
das war nun keine besondere Empfehlung gewesen. Hugh versuchte sich vorzustellen,
wie er wohl mit Ehebruch umgehen würde oder mit — Mord. Prompt spürte er sein
Magengeschwür. War es wirklich erst zwölf Stunden her, daß er sich für den
glücklichsten Menschen unter der Sonne gehalten hatte?
    Clarissa riß Jonathan aus seinen
Überlegungen. «Würdest du mir bitte mal das Salz geben?» Er sah sie an, als sei
er gerade aus dem Schlaf erwacht. «Ich habe Robbie gleich wiedererkannt, als
ich das erste Mal bei ihm drin gewesen bin», sagte er und blickte um sich, ob
er auch Zuhörer hätte.
    «Ah ja», sagte Clarissa
desinteressiert, aber die anderen am Tisch horchten auf.
    «Er war letztes Jahr im Fernsehen, kurz
nachdem er diesen Vergewaltiger gefaßt hatte. Erinnerst du dich nicht mehr,
Clarissa, du hast die Sendung doch auch gesehen.»
    Vor Hughs innerem Auge erschienen
Fernsehbilder, die D. I. Robinson zeigten, wie er, umgeben von Kriminalbeamten,
mit riesigem Zeigefinger auf den «Ort des Verbrechens» deutete, anschließend
mit schmutzigem Grinsen die zerrissene Unterwäsche des bedauernswerten Opfers
präsentierte und die ganze Zeit über dadurch auffiel, daß er den Interviewer
ständig unterbrach. Aber das war längst nicht alles, was ihm einfiel. «Moment
mal — war Robinson nicht derjenige, der diesen unverzeihlichen Schnitzer
begangen hat?» platzte er heraus. Die anderen sahen ihn verständnislos an.
«Aber erinnern Sie sich denn nicht mehr?» Hugh sah fragend in die Runde. «Er
hatte damals nämlich den falschen Mann gefaßt. Er war schon verurteilt. Sie
mußten ihn wieder auf freien Fuß setzen, und die Königin hat ihn begnadigt.»
    Jonathan sah ihn verächtlich an. «Und
wer von uns kann sagen, er sei ohne Schuld? Wollen Sie uns etwa weismachen, daß
Sie noch nie eine falsche Diagnose gestellt hätten? Daß Sie noch nie einen
Ihrer Patienten getötet hätten?»
    Das war eine absolut unverschämte
Anschuldigung. Hugh war sprachlos. Doch noch bevor er etwas sagen konnte, hatte
Jonathan bereits das Thema gewechselt. «Robbie hält viel davon, ein Verbrechen
zu rekonstruieren», sagte er bedeutungsvoll. «Und ich denke, er hat völlig recht.
Es ist alles Teil der psychologischen Herangehensweise. Konkret bedeutet das,
daß wir alle bis ins kleinste Detail wiederholen sollen, was wir gestern nacht
gemacht haben. Von Anfang... bis Ende», schloß er dramatisch. Am Tisch erhob
sich aufgeregtes Flüstern.
    «Und wer von uns mimt van Tenke?»
fragte Hugh gereizt. «Ich jedenfalls steige nicht mit Helm und wie ein Paket
verschnürt in den Pool...»
    «Ich denke, Ihre eigenen... äh...
Unternehmungen von gestern nacht noch einmal Wiedererstehen zu lassen, wird Sie
schon genug Energien kosten», sagte Jonathan gehässig. «Robbie hat angeregt,
daß ich mein kleines Bad noch einmal nehmen soll», fuhr er stolz fort, so als
sei ihm die Hauptrolle in einem Hollywoodfilm angetragen worden.
    «Und was ist mit deinem Lauf gestern
vormittag?» erkundigte sich Mrs. Rees boshaft. «Sollst du den auch
wiederholen?»
    Hugh blickte auf. Consuela war an ihren
Tisch getreten und sah ihn fragend an. Ob er einverstanden sei, sich mit dem
Privatdetektiv, den sie hätten kommen lassen, zu unterhalten? Hugh hatte das
Gefühl, daß er schlecht nein sagen konnte, und so nickte er. Sie ging ihm
voran. Ihm fiel auf, daß sie irgendwie verändert wirkte. Weniger Make-up?
Unauffälligere Kleidung? Doch plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen
— sie hatte einfach Angst. Aber warum? Und schon spürte er, wie dies Gefühl
auch von ihm Besitz ergriff, und er mußte sich zusammenreißen, um einigermaßen
ruhig zu erscheinen. Mr. Pringle hatte sich bei seinem Eintritt höflich erhoben
und entschuldigte sich, während er Hugh über seine Brillengläser hinweg
freundlich musterte, dafür, daß er gezwungen sei, seine, Hughs Muße, zu stören.
Im ersten Augenblick glaubte Hugh, er müsse sich verhört haben. Während sie
sich die Hände schüttelten, fiel sein Blick auf die Aktentasche, aus der einige
hellbraune Umschläge herausragten. Es war ein vertrauter Anblick, der

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