Pringle in Trouble
skeptisch gemacht haben.»
Hugh nickte.
«Ich darf Ihnen jedoch versichern, daß
für Sie trotzdem kein Grund besteht, sich unbehaglich zu fühlen. Im Gegensatz
zur Polizei ist es nämlich meine Maxime, einen Menschen so lange für unschuldig
zu halten, bis ich das Gegenteil bewiesen habe.» Mr. Pringles braune Augen
blickten ernst und aufrichtig. Doch das war Hugh kein Trost. Dann schon eher
der Gedanke, daß Clarissa ihn vielleicht im Gefängnis besuchen würde.
«Ich frage mich, wie Sie das überhaupt
aushalten, wenn Sie täglich Lügen hören müssen?» fragte Hugh mit einem Unterton
von Aggressivität.
Mr. Pringle lächelte. «Nun ja, ich habe
ein paar kleine Schwächen, die wollen bezahlt sein», sagte er und wurde rot.
Und das in seinem Alter! dachte Hugh
empört.
«Ich bin nämlich Sammler.»
Hugh schämte sich. «Antiquitäten?»
fragte er lebhaft.
«Nein, Bilder. Natürlich nur in kleinem
Maßstab; die frühe Manchester-Schule. Ich habe zwei Adolphe Valette-Bilder und
ein frühes von Lowry, das er gemalt hat, bevor er dann glaubte, sich dem
Publikumsgeschmack anpassen zu müssen.»
Hugh versuchte sich vorzustellen, wie
so ein Bild von Lowry wohl aussehen mochte, aber es gelang ihm nicht.
«Bilder sind immer ein großer Trost für
mich gewesen», sagte Mr. Pringle versonnen, «aber von meiner Pension, obwohl
sie den Lebenshaltungskosten laufend angeglichen wird, könnte ich mir eine
solche Leidenschaft natürlich nicht leisten, deshalb arbeite ich noch nebenbei
als Privatdetektiv. Ich darf, glaube ich, sagen, daß ich ein gewisses Gespür
für Zahlen besitze, und einen Betrug aufzudecken kann ausgesprochen befriedigend
sein.»
«Und was ist mit den drei Todesfällen?
Waren Sie bei denen auch erfolgreich?»
«O ja! Sogar sehr! Es waren übrigens
alle drei Morde.» Sein Mund verzog sich wie in Pein. «Verglichen mit den
meisten Betrugsfällen waren diese Morde wirklich bemerkenswert schlecht
geplant. Das sind Morde fast immer, wie ich inzwischen glaube festgestellt zu
haben. In Kriminalromanen wird das in der Regel alles ganz falsch dargestellt.
Die drei Opfer waren übrigens alles frühere Patienten von Dr. Willoughby; auf diese
Art und Weise haben wir uns überhaupt kennengelernt.»
Es war doch vernünftig, im Pinner zu
bleiben, dachte Hugh. Da starben die Leute in der Regel eines natürlichen
Todes, oder wenigstens bescheinigte er ihnen das auf ihrem Totenschein. Er
erhob sich, um zu gehen. Doch Mr. Pringle hielt ihn zurück. «Noch eine Frage,
Dr. Godfrey. Als Mr. Powers die Nachricht verkündete, daß van Tenke umgebracht
worden sei, wie waren da die Reaktionen?»
Hugh mußte einen Augenblick überlegen.
«Irgend jemand hat geschrien. Ich glaube, es war Millicent. Dann gab es ein
allgemeines Rufen und Fragen. Miss Brown muß ganz in meiner Nähe gestanden
haben. Ich hörte, wie sie rief ‹Entsetzlich› oder etwas Ähnliches. Miss
Pritchett sagte auch etwas, aber ich konnte es in dem Lärm nicht verstehen, und
Mrs. Willoughby meinte, ich hätte doch eben noch etwas von Unfall gesagt.»
«Und Mr. Powers? Sie haben ihn doch
gesehen, gleich nachdem er die Leiche entdeckt hatte, augenscheinlich noch
unter Schock stehend. War das Ihrer Meinung nach echt oder gespielt?»
«Ich glaube», sagte Hugh mißmutig,
«ausnahmsweise einmal echt.»
«Vielen Dank, Dr. Godfrey.»
Wenn Maeve nicht auftauchte, dachte
Hugh plötzlich in Panik, könnte er möglicherweise in eine überaus schwierige
Situation geraten.
Nachdem er gegangen war, nahm sich Mr.
Pringle seinen Fragebogen vor. Die Antworten schienen alle ehrlich und
geradeheraus: Kindheit in Hatch End, Vater praktischer Art, medizinisches
Examen an der Universität Newcastle und — abgesehen von einer zweijährigen
Abordnung an ein Krankenhaus im nördlichen Australien — eine beschauliche
Tätigkeit im Pinner. Keine Kinder. Frau: Marion, geborene Hammond. In Klammern
hatte Hugh dahintergesetzt (früher Krankenschwester). Auf die letzte Frage
«Haben Sie den Toten gekannt?» hatte er geantwortet: «Vor meiner Ankunft auf Aquitaine :
nein.» Mr. Pringle nahm es zur Kenntnis. Man würde sehen...
Am späten Nachmittag war die Arbeit der
Polizei in vollem Gange: Das Wasser im Swimmingpool war abgelassen worden, und
Froschmänner waren dabei, den Schlamm des Schloßgrabens zu durchwühlen, niemand
wußte warum. Den Gästen war mitgeteilt worden, daß sie auf ihre Zimmer
zurückkehren könnten. «Wir sind bedauerlicherweise heute noch
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