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Pringle in Trouble

Pringle in Trouble

Titel: Pringle in Trouble Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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den ersten Blick flößte G. H. D. Pringle, was seine möglichen
Fähigkeiten anging, tatsächlich kein besonderes Vertrauen ein. Nachdenklich
ging sie nach draußen, um die beiden Männer zu begrüßen.
    Das Verhalten der Polizei hatte unvermittelt
eine merkwürdige Veränderung erfahren — es gab keine Vernehmungen mehr. Hatten
sie etwas entdeckt? Die Hoffnung der in der Bibliothek Eingeschlossenen,
endlich wieder zum normalen Leben zurückkehren zu dürfen, stieg, bis sie
feststellten, daß man sie offensichtlich nur so gut wie vergessen hatte.
Uniformierte Beamte eilten geschäftig hin und her, sprachen mit gesenkter
Stimme in ihre Funkgeräte. Mit quietschenden Bremsen hielt ein Wagen und raste
wenige Minuten später in hoher Geschwindigkeit wieder davon. Keiner wußte, was
eigentlich vor sich ging. Mrs. Burg folgte den Vorgängen um sie her mit
lebhaftem Interesse. Sie hätte schwören können, daß es D. I. Robinson
höchstselbst gewesen war, der da soeben, begleitet von zwei Männern, aus dem
Haus getreten und weggefahren war. Doch der weibliche Constable, der statt
ihrer jetzt die Telefonvermittlung übernommen hatte, gab ihr auf ihre
diesbezügliche Frage nur knapp zurück, sie solle sich um ihre eigenen
Angelegenheiten kümmern und zum Essen gehen; die anderen seien schon im
Speisesaal versammelt. Im Gegensatz zur hektischen Betriebsamkeit ringsumher
verlief die Mahlzeit ausgesprochen ruhig. Man hatte sie von der Außenwelt
isoliert, und die völlige Nachrichtensperre bewirkte bei allen eine gewisse
Lethargie und Teilnahmslosigkeit. Maeve fehlte. Ihr Verschwinden um jeden Preis
geheimhalten, dachte Hugh höhnisch. Selbst der letzte Idiot mußte inzwischen
gemerkt haben, daß sie das Weite gesucht hatte. Wenn doch bloß Clarissa einmal
zu ihm herübersehen würde... Wer weiß, wenn er die Möglichkeit hätte, ihr zu
erklären, wie die Sache mit Maeve sich in Wirklichkeit zugetragen hatte, würde
vielleicht am Ende doch noch alles gut werden.
    Selbst Jonathan war bei diesem
Mittagessen auffallend schweigsam. Auf die sarkastische Erkundigung seiner
Mutter, ob er seine Fähigkeit zur Kommunikation verloren habe, hatte er nur mit
einem müden Lächeln reagiert. Der Punkt war — er war verwirrt. Er war gerade
mit Robbie in eine heftige Diskussion verstrickt gewesen, als dieser plötzlich
herausgerufen worden war. Und auf einen Schlag hatte sich die ganze Atmosphäre
geändert. Man hatte ihn ohne weitere Erklärung in die Bibliothek
zurückgeschickt, und als er versucht hatte, mittels seines unfehlbaren Charmes
den Constable zu einer Äußerung zu bewegen, hatte dieser ihn angeblafft, er
solle sich setzen und den Mund halten. Und in was für einem Ton! Es war
wirklich erstaunlich.
    Hugh bekam zu seinem Entzücken eine
herzhafte Mahlzeit vorgesetzt. Vorsichtig lugte er nach rechts und links — vielleicht
war es ja nur ein Versehen gewesen —, aber die anderen hatten ebenfalls volle
Teller. Das erste Essen seit zwei Tagen mobilisierte in ihm die Energie, sich
mit der Frage zu beschäftigen, wer van Tenke umgebracht haben mochte.
    Das Problem, wie er zu Tode gekommen
war, ließ er dabei außer acht — da verließ er sich auf das Ergebnis der
Obduktion. Er hatte genug gesehen, um zu wissen, daß zur Klärung der
Todesursache eine gründliche Untersuchung nötig sein würde. Aber wer unter den
hier Anwesenden war überhaupt in der Lage gewesen, sich mit einem solchen
Kraftbolzen wie van Tenke anzulegen? Abgesehen von Miss Fawcett, Mrs. Rees und
Mrs. Burg waren sie allesamt nicht gerade als schwach zu bezeichnen, aber van
Tenke war wirklich ungewöhnlich stark gewesen. Und dann war da natürlich noch
die Frage nach dem Motiv. Jonathans Behauptung gestern, daß van Tenke versucht
habe, ihn umzubringen, war mit ziemlicher Sicherheit nichts als Humbug, und
selbst wenn Mrs. Arburthnot van Tenkes Verhalten gestern morgen bei der
Gymnastik bestimmt alles andere als angenehm empfunden hatte, so würde sie ihn
deswegen doch wohl nicht gleich ertränken? Hughs Gedanken wirbelten wild
durcheinander. Zufällig fiel sein Blick auf Mrs. Arburthnot. Er sah, wie sie
ihn anblickte und dann Miss Brown etwas zuflüsterte. Beide Frauen starrten zu
ihm hinüber. Du liebe Güte! Sie glaubten doch wohl nicht, daß er...
    Wütend machte Hugh sich über seinen
Salat her. Er brauchte eine Stärkung. Irgendwo im hintersten Winkel seines
Gehirns piesackte ihn ein unangenehmer Gedanke, peinvoll wie Zahnschmerz und
genauso anhaltend. Marion!

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