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Pringle in Trouble

Pringle in Trouble

Titel: Pringle in Trouble Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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die
geringste Ahnung, wonach die Männer eigentlich suchten. Beim Anblick der
elenden Ausbeute fragte sich Hugh, ob es wohl noch eine andere Nation gab, die
sich ihrer ausgedienten Fahrradrahmen entledigte, indem sie sie in irgendwelche
stehenden Gewässer warf— oder ob dies eine ausschließlich englische Vorliebe
war. Ihm war kalt, und er fühlte sich unbehaust. Den anderen Gästen ging es
genauso. Der anfängliche Schock war einer schleichenden Angst gewichen, die
auch die durch den Wein hervorgerufene Euphorie nicht hatte vertreiben können.
Sie kam immer ganz unerwartet. Wen es traf, der zuckte zusammen, und sein
Herzschlag stockte, denn er hatte sich erinnert — einer von ihnen war ein
Mörder.
    Eigentlich wußte man natürlich, daß es,
ungeachtet seiner Proteste, nur dieser Dr. Godfrey sein konnte. Schließlich war
sich Mr. Powers seiner Sache sicher gewesen. Aber nach dem Zusammenstoß der
beiden Männer in der Bibliothek fragte sich zumindest Miss Fawcett, ob nicht
vielleicht auch Miss Kelly als Täterin in Frage käme. Die Polizei hatte sie
noch immer nicht gefunden. Und wenn es nun keiner von beiden gewesen wäre?
Weder Miss Kelly noch Dr. Godfrey hatten ein offen zutage liegendes Motiv.
     
    Im obersten Raum des Turms, dem
Sonnenzimmer, standen der Colonel und Dr. Willoughby und tranken Gin. Der Turm
beherbergte die Privaträume der Willoughbys, und das sogenannte Sonnenzimmer
war von allen der eindrucksvollste. Die beiden Männer standen jeder für sich.
Der Doktor starrte aus dem Fenster, aber er hatte keine Freude an dem weiten
Blick, der sich ihm bot, dazu war er innerlich viel zu erregt. Es war seit
seiner Ankunft hier die erste Gelegenheit, seinen Bruder hier ungestört und
unter vier Augen zu sprechen. Er hatte sich inzwischen über alle Details des
grauenhaften Mordes informieren können, und was er erfahren hatte, ließ ihn um
so mehr zögern, jene eine Frage zu stellen, auf die allein es ankam. Einen
Moment lang wurde er abgelenkt durch das Auftauchen eines von hier oben kaum
mehr als spielzeuggroßen Autos, das mit eingeschaltetem Blaulicht gerade die
Schloßeinfahrt passierte. Er wartete, bis der Wagen hielt und das Blaulicht
erlosch. «Glaubst du, daß diese Miss Kelly hergekommen war, um mit dir eine
alte Rechnung zu begleichen? Vielleicht noch aus deiner Zeit in Nord-Irland?»
Es war eine sehr vorsichtige Anspielung, aber der Arzt war nervös. Lange
Erfahrung mit Gerald hatte ihn gelehrt, daß es manchmal besser war, die Dinge
nicht allzu deutlich auszusprechen.
    «Aber mein Aufenthalt dort liegt doch
mehr als eine halbe Ewigkeit zurück. Und überhaupt — Rechnung für was?»
    «Ich dachte, daß möglicherweise einer
ihrer Verwandten in die — in die... Unruhen damals verwickelt gewesen sein
könnte.»
    Der Colonel starrte ihn über den Rand
seiner Brillengläser hinweg eisig an, und Dr. Willoughby sagte unsicher: «Ich
versuche nur, einen Grund dafür zu finden, warum sie a) überhaupt hergekommen
ist und b) so plötzlich das Weite gesucht hat.» Der Colonel schnaubte
verächtlich durch die Nase und goß sich einen neuen Gin ein.
    «Sie ist gekommen, weil sie diese
Infektion oder so etwas hatte; das hast du mir doch selbst gesagt. Sie hat
offenbar Aquitaine mit einem Krankenhaus verwechselt. Meiner Meinung
nach hätte man ihr sowieso gleich sagen sollen, daß sie bei uns nichts verloren
habe und am besten gleich wieder nach Killemorragh zurückfahren sollte. Und daß
sie verschwunden ist, wundert mich überhaupt nicht. Die war doch nicht ganz
normal, das hat doch jeder vernünftige Mensch sofort gesehen.»
    «Du glaubst also nicht, daß ihr
Verschwinden in Zusammenhang stehen könnte mit Valter van Tenkes Tod?»
    «Einen größeren Blödsinn habe ich
wirklich noch nie gehört!» Der Colonel war ans Fenster getreten und starrte
grimmig auf das geschäftige Hin und Her um das Polizeiauto.
    Tom Willoughby nahm einen neuen Anlauf.
«Consuela hat gehört, wie einer der Beamten sagte, daß Miss Kelly möglicherweise
wüßte, wer der Mörder sei.»
    Durch den Körper des Colonel ging ein
Ruck. «Wieso das denn?» fragte er scharf.
    «Sie hatte doch das Zimmer gleich
nebenan, da hat sie vermutlich etwas gehört», sagte Tom Willoughby. Der Colonel
warf ihm einen langen Blick zu und bemerkte dann kühl: «Was hat denn sein
Zimmer damit zu tun? Er wurde doch, soweit ich weiß, im Solarium gefunden.» Tom
Willoughby geriet vor unterdrückter Panik beinahe ins Stottern: «Ja, das
stimmt. Gerard,

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