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Pringle vermisst eine Leiche

Pringle vermisst eine Leiche

Titel: Pringle vermisst eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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keinen Fall entstanden sein,
seine Regentschaft hier liegt tausenddreihundert Jahre zurück.»
    «Und in welche Zeit würden Sie
sie denn nun datieren?» wollte Ted wissen. Mr. Pringle stöhnte gequält.
    «Schon gut, Pringle, alter
Freund, wenn Sie fürchten, daß ich etwas ausplaudern könnte, dann brauchen Sie
es mir nicht zu erzählen. Eigentlich ist es ja sowieso Regs Aufgabe... der arme
Teufel! Ich möchte nicht in seiner Haut stecken. Ich finde übrigens, wir
sollten das Ganze nicht zu schwer nehmen, schließlich können wir froh sein, daß
wir überhaupt Wandmalereien in unserer Kirche haben. Und immerhin haben wir mit
ihnen genug verdient, um das Dach endlich ausbessern zu können. Es ist also
wirklich keine Katastrophe.»
    Wenn Ted die Tatsache, daß die
Fresken alles andere als einzigartig waren, so leicht verschmerzte, um so
besser für ihn, dachte Mr. Pringle. Aber er wußte auch, daß es eine Menge Leute
in Wuffinge gab, die das als schweren Schlag empfinden würden.
    «Ich glaube, daß die beiden
Wandgemälde, die sich nicht mehr restaurieren ließen, höchstens Spätmittelalter
sind, und die Entstehung der drei anderen würde ich auf die Zeit kurz nach der
normannischen Eroberung ansetzen.» Immer vorausgesetzt, daß es sich nicht
überhaupt um Fälschungen handelte, aber das behielt er lieber für sich.
    «Erst so spät!» Ted war nun
doch etwas geknickt. «Aber wieso können Sie sich da so sicher sein?»
    «Was die drei besser erhaltenen
Fresken angeht: wegen der Kaninchen im Garten Eden.» Es war die einfachere der
beiden Erklärungen.
    «Aber wieso denn das? Die waren
doch wirklich putzig. Der ‹Garten Eden› war übrigens gerade das Bild, das mir
am besten gefallen hat. All die Tiere — vermutlich hat der Künstler genau das
gemalt, was er gesehen hat, wenn er morgens vor seine Hütte trat.» Er schwenkte
bewegt seine Bierdose in Richtung Wuffinge. «Hier in diesem Dorf hat sich seit
über tausend Jahren nichts verändert, und genau das war der Grund, warum Flick
und ich uns hier niedergelassen haben.»
    «In bezug auf das Vorkommen von
Kaninchen in Wuffinge muß ich Ihre Annahme leider korrigieren, Ted», sagte Mr.
Pringle. «Kaninchen sind erst nach der normannischen Eroberung, das heißt nach
1066, nach England gekommen. Ein hiesiger Künstler kann um das Jahr 600
Kaninchen noch gar nicht gekannt haben.»
    «Oh, Mist!»
    «Der Major hat, glaube ich, so
etwas vermutet, und das war wohl auch der Grund, warum er die öffentliche
Präsentation der Bilder verhindern wollte.»
    «Verdammt, verdammt!» Ted
fluchte, weil dieses Faktum ihm nun keinerlei Möglichkeit mehr ließ, sich einen
kleinen Rest Illusion zu bewahren. «Mensch, Pringle, wissen Sie noch? Die
Geschichten, die man uns als Kinder erzählt hat...? Mein Vater wurde immer ganz
ehrfürchtig, wenn er von König Wuffa und seinen Wandgemälden sprach. Und jetzt
dies! Irgendwie ist es wie ein Abschied...»
    Mr. Pringle nickte. «Ja, das
geht mir genauso», sagte er. Von der Kirchentür her hörten sie Felicity rufen.
    «Ted, du Faulpelz! Bist du in
den Streik getreten, oder was?»
    «Tun Sie mir einen Gefallen,
Brown, und bewahren Sie vorerst noch Stillschweigen», bat Mr. Pringle
eindringlich.
    «Sie können sich auf mich
verlassen.» Die beiden Männer standen auf und gingen zurück zur Kirche.
     
    Die Grünen Männer und der
Pfarrer waren inzwischen gegangen. Joyce deutete auf einen Stapel Holzkisten.
«Da sind die Scheinwerfer drin. Reg bat mich, daß wir die Kisten zusammen mit
den Tischböcken und — platten neben das Kirchenportal stellen. Sie werden
morgen abgeholt.»
    «Wo ist er denn hin?» wollte
Mr. Pringle wissen.
    «Er bringt die Experten zur
Bahn. Sie mußten einen späteren Zug nehmen, als ursprünglich geplant war. Das
hat sie wohl ziemlich verärgert, und sie haben es Reg spüren lassen. Der Arme!
Robert und Peter hatten Hunger. Ich habe ihnen gesagt, wir würden schon alleine
klarkommen, und sie zum Essen geschickt. Reg meinte noch, er würde wohl erst
ziemlich spät wieder zurück sein, deshalb sollen wir abschließen.»
    Mr. Pringle wußte, daß er etwas
tun mußte. Vieles paßte noch nicht zusammen, und doch... Zwar war der Major
eines natürlichen Todes gestorben, und der Mord an Doris Leveret schien in
keinem direkten Zusammenhang zu stehen mit der Entdeckung, daß die Fresken
jünger waren als gedacht, aber irgendwie... Eine Art hellsichtige Trance
überkam ihn. Doch in diesem Moment stellte Ted eine Frage, und

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