Printenprinz
denke, kannst du dich beim Kochen nützlich machen.«
Die nächste Anti-Tinnitus-Therapieeinheit ließ nicht lange auf sich warten und gab Böhnke die willkommene Gelegenheit, das ungeliebte Messer rasch wieder aus der Hand zu legen.
Grundler teilte ihm mit, dass er Kontakte ins Aachener Rathaus angezapft hatte und jetzt daran ginge, einen gewissen Herrn Weinberg ein wenig aufs Korn zu nehmen. Er würde noch Unterlagen erhalten und vielleicht noch mit einem Dezernenten sprechen.
Es dauerte, bis Böhnke endlich wusste, wen Grundler meinte.
»Ich würde unseren Freund von der Gewerbeaufsicht gerne mit dem Konflikt und mit von Sybars Umzugsabsicht konfrontieren«, erläuterte Grundler, »und es wäre gut, wenn du dabei wärst.«
»Warum?«
»Damit du mal wieder in die schöne Kaiserstadt kommst, du Huppenbroicher Landei.«
12.
Auf die Minute pünktlich fuhr Grundler mit seinem alten, roten Corsa an der Kapellenstraße vor. Böhnke stand bereits wartend im Türrahmen des ehemaligen Hühnerstalls und eilte sofort an den Straßenrand.
»Die Zuverlässigkeit in Person«, lobte er den Anwalt.
Das läge mehr an Sabine als an ihm, räumte Grundler ein. Sie hätte ihn früh aus dem Bett geschmissen und geradezu genötigt, rechtzeitig nach Huppenbroich zu fahren.
»Und jetzt?« Böhnke hatte keine Lust, mit Grundler über ihr schweres Los mit den Frauen zu lamentieren. »Was wollen wir bei Weinberg?«
»Ganz einfach«, Grundler lachte und schaute an der Einmündung in die Hauptstraße kurz nach links. Wie nicht anders zu erwarten, näherte sich kein Fahrzeug aus Richtung Hammer. »Wir werden ihn fragen, was es mit der Printenfabrik von Sybar auf sich hat. Weinberg wird wahrscheinlich den Ahnungslosen mimen, wir müssen ihn also langsam filetieren und grillen.« Er langte in die Seitenablage und reichte Böhnke einen dünnen Aktenordner. »Darin findest du einige Kopien von verwaltungsinternen Anweisungen und Bitten, die Weinberg an Kollegen gerichtet hat. Verbunden mit deinem Wissen aus von Sybars Ordnern werden wir wohl klare Verhältnisse bekommen.«
»Und wozu?«
Böhnke ärgerte sich ein wenig über sich selbst, weil er mehr und mehr in die dumme Angewohnheit verfiel, jede seiner Fragen mit einem ›und‹ zu beginnen.
Grundler sah ihn verwundert an. »Willst du nicht herausfinden, wer Peter von Sybar getötet hat? Ich denke, dass sind wir dem Seniorchef schuldig. Vielleicht steckt ja Weinberg hinter dem Anschlag.«
Oder Mandelhartz. Oder ein anderer, den sie noch gar nicht auf der Rechnung hatten, gab Böhnke zu bedenken.
»Ja, und?« Grundler wirkte unbekümmert. »Betrachte die Geschichte als kniffligen Zeitvertreib. Vielleicht finden wir ja auch heraus, dass alles ganz anders war.«
»In einem Fall, der nach Überzeugung der Polizei längst geklärt ist«, hielt Böhnke dagegen.
»Noch ein Grund mehr für dich, motiviert zu sein«, konterte Grundler grinsend. »Das wäre doch eine Genugtuung für dich, wenn du SM als kriminalistischen Stümper und Schaumschläger hinstellen könntest.«
Schwungvoll pflanzte der Anwalt sein unauffälliges Fahrzeug auf den ausdrücklich für den Oberbürgermeister reservierten Stellplatz vor dem Verwaltungsgebäude am Katschhof.
»Ist schon in Ordnung«, beruhigte er seinen verwunderten Beifahrer. »Der Junge ist auf dem Golfplatz beschäftigt. Mein Freund Dieter muss mit ihm unter vier Augen und in diskreter Umgebung etwas dringend besprechen.«
Böhnke nickte stumm und folgte Grundler. Dr. Dieter Schulz, Rechtsanwalt in Aachen, hatte Grundler nach der Haftverbüßung vor rund einem Jahrzehnt eine zweite Chance gegeben und ihn später sogar zu seinem Kompagnon gemacht. Es freute ihn, dass der Kontakt zwischen den beiden Juristen nach Grundlers Rückkehr nach Aachen wieder zustande gekommen war. »Und du hast Schulz gesagt, er solle den OB noch etwas länger beschäftigen als eigentlich erforderlich?«
»So ist es«, bestätigte Grundler frank und frei, während er sich im Rathaus orientierte. »Wenn ich es richtig verstehe, finden wird Weinberg auf der zweiten Etage.«
Flink sprang er die Treppe hoch, derweil Böhnke gemächlichen Schrittes folgte. Der junge Hüpfer musste ja auf ihn warten. In der Tat wanderte Grundler vor einer Bürotür auf und ab. Er klopfte energisch, nachdem sich Böhnke an seine Seite gesellt hatte, und trat sofort ein, ohne eine Antwort abzuwarten.
»Moin, moin«, sagte er jovial zu dem Beamten, bei dem es sich nach dem Schild auf dem Flur
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