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Printenprinz

Printenprinz

Titel: Printenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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atmete dennoch durch, als der Gutachter endlich zu seinem Urteil kam, wonach der Fahrer durch den Steinwurf gegen die Windschutzscheibe die Kontrolle verloren haben musste und das Fahrzeug unkontrolliert zum Geschoss wurde, das nur langsam und völlig demoliert zum Stillstand kam.
    Nur eine Passage, ganz am Ende der ermüdenden Abhandlung, ließ ihn stutzig werden. ›Es kann ausgeschlossen werden, dass der Unfall durch eine noch erkennbare Manipulation an der Bremsanlage verursacht wurde. Allerdings ist anzunehmen, dass wegen dieser Manipulation bei einem der nächsten Bremsvorgänge die Bremsen versagt hätten und es deshalb zu einem Unfall gekommen wäre. Mit welchem Ausgang, braucht an dieser Stelle nicht geprüft zu werden.‹
    Nachdenklich legte er den Bericht zu Seite und schaute auf den noch lesenden Grundler. Was hatte diese letzte Bemerkung zu bedeuten? Hatte jemand von Sybar durch einen fingierten Unfall schaden oder gar töten wollen und war ihm der Steinwerfer zuvorgekommen?
    Statt zu einer Lösung zu kommen, wurde die tragische Geschichte immer komplizierter. Er dachte kurz an das Musical ›Starlight Express‹, zu dem ihn seine Liebste nach Bochum geschleppt hatte. Darin hieß es zuversichtlich, es gebe ein Licht am Ende des Tunnels. Davon war er momentan verdammt weit entfernt. Von einem Licht oder dem Ende eines Tunnels konnte keine Rede sein. Er war, allerhöchstens, gerade erst in einen Tunnel hineingefahren, von dem er nicht wusste, wann er überhaupt endete.
    »Na?« Grundler holte ihn aus der Gedankenwelt zurück. »Schlauer geworden?«
    Böhnke nickte kurz und deutete auf die letzte Passage. »Alles andere bestätigt nur, was wir schon wissen.«
    Sein Freund pfiff kurz zwischen den Zähnen. »Ich würde spontan sagen, da hat einer einen Mord versucht, der nur deshalb beim Versuch blieb, weil ihm ein anderer Mörder zuvorkam.«
    »Und was hast du herausbekommen?«
    Grundler wedelte kurz mit den Papierblättern. »Im Prinzip bestätigt das Protokoll das, was allgemein bekannt ist oder bekannt sein sollte. Aber …«, er legte eine dramaturgische Pause ein und legte sein Stirn in Falten. »Ein Hinweis findet sich hier, den die grünen Jungs wahrscheinlich extra noch nicht herausposaunt haben: Teilweise befindet sich an dem Wurfgeschoss schwarze Farbe.«
    »Und das bedeutet was?«
    Erneut ärgerte sich Böhnke über seine Unart.
    »Bin ich Hellseher? Es muss aber etwas Besonderes bedeuten, denn sonst hätte die Mordkommission dieses Faktum schön längst publik gemacht. Vielleicht hoffen die, dass sich einer verplaudert.«
    »Täterwissen?«
    »Denk ich mal.«
    »Aber die Freunde aus dem Polizeipräsidium haben doch den Täter.«
    »Sagen sie. Vielleicht hält Waldowski ja nur als Lockvogel her.«
    »Ein Lockvogel, der schon ein Geständnis abgelegt hat?«, gab Böhnke zu bedenken.
    »Was weiß ich.« Grundler sprang auf. »Commissario, du musst ins Bett. Ich fahre.« Er stoppte, als er sich im Flur die Lederjacke überwarf. »Du verrätst mir nicht, von wem die Post ist? Selbst wenn du es wüsstest oder vermutest?«
    »Ja«, antwortete Böhnke. Alles brauchte sein Freund nicht zu wissen.
    »Übrigens«, veranlasste er Grundler zum Einhalten, nachdem er einen kurzen Blick auf das zweite Schriftstück geworfen hatte. »Ein anderes Faktum steht auch nicht in den Zeitungsberichten, obwohl es im Unfallprotokoll vermerkt ist.« Durch Zufall war er just an dieser Stelle beim Durchblättern der Papiere gestoßen. »Hier ist von einem Betonklotz die Rede. Ich bin bisher davon ausgegangen, es handele sich um einen Felsbrocken oder um etwas Ähnliches. So habe ich es jedenfalls gehört oder gelesen.«
    »Merkwürdig, würde ich sagen.«
    »Typisch, würde ich sagen«, brummte Böhnke. »Das ist wohl der neue Stil von SM. Hauptsache, es klingt nach draußen plausibel. Ob Klotz oder Felsen, das ist doch egal. Wenn’s dabei hilft, den Täter zu überführen, wird ihm deswegen keiner ans Bein pinkeln.«
    »Gut zu wissen.«
    Auch Grundler missfiel diese Art der Polizeipolitik. Ob sie im Sinne der Staatsanwaltschaft war? Zugleich verstand er jetzt, warum die Polizei noch damit wartete, ihre Ergebnisse der übergeordneten Behörde mitzuteilen. Ohne Fahndungserfolg würde die Falschinformation der Öffentlichkeit nicht gerade Begeisterung bei der Anklagevertretung auslösen. Wenn so taktiert wurde, war es gut für ihn zu wissen, wie er zukünftig als Strafverteidiger mit Informationen von SM umzugehen

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