Prinz Charming
wenn ich einen Mann in Taylors Nähe lasse!«
Belle grinste breit. »Also sollen keine anderen Männer um sie rumschwirren. Merkwürdig ...«
Da Lucas nicht wußte, was er darauf antworten sollte, zuckte er nur die Achseln, um sein plötzliches Unbehagen zu überspielen. Das Thema beunruhigte ihn, und er wünschte, er hätte seine Ehe verschwiegen.
»Fällt dir kein Widerspruch auf?« fragte sie. »In Montana würdest du keinen anderen Mann in die Nähe deiner Frau lassen. Aber vorhin sagtest du, sie würde allein in Boston bleiben, wenn du in die Berge zurückkehrst.«
»Ich weiß, das klingt...«
»Widersprüchlich?« Seufzend stimmte er zu, und Belle musterte ihn skeptisch. »Du hattest wohl noch keine Zeit, um das alles zu überdenken, nicht wahr?«
Er wollte nicht mit ihr streiten. Ja, zum Teufel, er hatte darüber nachgedacht. Diese Ehe war als schlichtes, kurzfristiges Arrangement geplant worden. Aber Taylor komplizierte alles. Natürlich hatte er nicht erwartet, daß er sie so leidenschaftlich begehren und unentwegt das Bedürfnis verspüren würde, sie zu beschützen - und dann seine besitzergreifende Art, die eigentlich gar nicht zu ihm paßte ...
»Klar, ich verstehe, warum du sie geheiratet hast. Diese alte Lady gab dir das Geld, das du brauchtest, um den Jungen freizukaufen. Und deshalb bist du nun verpflichtet, auf ihre
Enkelin aufzupassen. Diesen Beschützerinstinkt hattest du schon immer. Erinnerst du dich an den kleinen MacCowan, den du aus der Gewalt zweier Schurken befreit hast? Und dieses irische Mädchen ...«
»Das alles ist schon lange her und hat nichts mit meiner Ehe zu tun.«
»Ich erwähne es nur, um dir zu erklären, daß es in deiner Natur liegt, andere zu beschützen.«
»Aber in meiner Natur liegt auch ein unbändiger Freiheitsdrang.«
Belle kicherte. »Da war doch noch ein Widerspruch. Einerseits bist du verheiratet, andererseits nicht. Wie lange willst du das durchhalten?«
»Ich muß mit Taylor reden und herausfinden, wie lange sie die Ehe aufrechterhalten will. Wir haben schon besprochen, ob wir eine Annullierung oder eine Scheidung anstreben sollen.«
»Und wofür werdet ihr euch entscheiden?«
»Für eine Annullierung. Das macht in der Gesellschaft einen besseren Eindruck.«
Ungläubig runzelte Belle die Stirn. »In den Kreisen, aus denen sie stammt, wird sie in beiden Fallen geächtet. Weiß sie das?«
»Es scheint sie nicht zu stören.«
»Seltsam - die meisten Ladys nehmen so was sehr wichtig.«
Lucas verstand ebensowenig, warum Taylor keinen Wert auf ihren guten Ruf legte. Das hatte sie bei ihrer langwierigen Erörterung diverser Scheidungsgründe ausdrücklich betont und nur auf ihren persönlichen Stolz hingewiesen.
Nachdem Belle ihr Glas geleert hatte, bedeutete sie ihm, es noch einmal zu füllen. Dann beugte sie sich vor und bestürmte ihn mit Fragen. Wie kleidete sich Taylor, was aß sie, was trank sie, wie benahm sie sich, wie behandelte sie andere Leute, wie wollte sie behandelt werden?
Die Widersprüche häuften sich. Zum Beispiel war sie im Luxus aufgewachsen, hatte sich auf der Reise nach Boston aber keineswegs wie eine verwöhnte junge Lady verhalten. »Sie läßt sich nicht bedienen«, gab Lucas zu.
»Bei deiner jungen Frau paßt überhaupt nichts zusammen«, meinte Belle. »Eins steht für mich fest - sie hat dich nicht nur geheiratet, um ihr Erbe zu schützen.«
Lucas dachte an jene Nacht, wo er Taylor nach ihren Beweggründen für die Heirat gefragt und nur ausweichende Antworten erhalten hatte. Nun war es wohl höchste Zeit, die ganze Wahrheit herauszubekommen.
Vor der Hochzeit hatte er sich nicht um Taylors Lebensumstände gekümmert und nicht einmal gewußt, wie sie aussah. Das alles war ihm völlig egal gewesen. In seiner Verzweiflung hätte er alles getan, um Kelsey aus Merritts Klauen zu befreien. Mit eigenen Augen hatte er gesehen, wie grausam der Junge gequält worden war, und sogar erwogen, den Schurken zu töten. Doch dann hatte Taylors Großmutter ihm geholfen, das Problem zu lösen, ohne hinter Gittern zu landen. Dafür war er eine Verpflichtung eingegangen, die ihm nun einige Schwierigkeiten bereitete.
Belle riß ihn aus seinen Gedanken, indem sie ihren Begleiter wach rüttelte. Wenige Minuten später brachen die beiden auf, und Lucas begleitete sie in die Hotelhalle.
»Wenn ich morgen nicht nach St. Louis fahren müßte, würde ich darauf bestehen, deine Frau kennenzulernen, Lucas«, bemerkte Belle. »Sicher würde sie mir
Weitere Kostenlose Bücher