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Prinz der Düsternis

Prinz der Düsternis

Titel: Prinz der Düsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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gerissen. Einer der Vogelreiter setzte ihm sein Messer an die Kehle. Hilflos musste Mythor nun mit ansehen, wie sich zwei seiner Männer zu Hrobon gesellten und gemeinsam mit ihm gewaltsam die knöcherne Maske von Jehaddads Gesicht zu brechen versuchten. Noch immer rührte der Krieger sich nicht.
    Mythor schloss für die Dauer eines Herzschlags die Augen, als Hrobon einen triumphierenden Schrei ausstieß. Anstelle des Schabens der Messer hörte er, wie etwas gebrochen wurde. Als er wieder hinsah, war des Kriegers Gesicht frei – doch wie sah es aus!
    Jehaddads Augen rollten in ihren Höhlen. Die Lippen, die sich nun endlich wieder schließen durften, waren ausgetrocknet und gesprungen. Überall auf seinem Gesicht waren blutige Stellen, als hätte die knöcherne Maske dem Mann den Lebenssaft aus den Adern gesaugt.
    Doch Jehaddad richtete sich nun auf, schob die Ellbogen unter den Rücken und bewegte die Lippen. Hrobon beugte sich tief über ihn und brachte sein Ohr an seinen Mund, um mit einem Fluch zurückzuschrecken, als sich der grauenvolle Schrei von Jehaddads Lippen löste, in dem alles Elend und Grauen lagen, die ein Mensch nur empfinden konnte.
    Es gehörte nicht viel dazu, zu sehen, dass dieser Mann in den letzten Zügen lag. Vermutlich hatte die Ablösung der Maske sein Schicksal endgültig besiegelt. Noch aber hatte er die Kraft, Hrobons Arme zu packen und den Vogelreiter zu sich herabzuziehen. Er zitterte am ganzen Körper, als er heiser und stockend hervorstieß: »Nicht weiter! Reitet… zurück! Goldener Staub, der… keine Menschen mehr!«
    Hrobon rüttelte an seinen Schultern. »Was ist mit dem Staub? Rede! Woher kommst du?«
    »Du bringst ihn um!« schrie Mythor. Sofort drückte sich die Klinge wieder an seine Kehle.
    »Alle… zweihundert…«, brachte Jehaddad über die Lippen. »Der Staub… alle… wie ich! Reitet zurück, sonst seid auch ihr…« Er schnappte nach Luft, biss die Zähne aufeinander und kniff schmerzhaft die Augen zusammen. Seine letzten Worte schrie er in einem ungeheuren Kraftakt heraus, so dass alle ihn hören konnten: »Garram verbot uns, euch zu warnen! Garram ist mit… ihm im Bunde! Schützt die Prinzessin! Bringt sie… fort von hier!«
    Er starb in Hrobons Armen.
    Erschüttert wandte Mythor sich ab. Ohne Hrobon anzusehen, presste er tonlos hervor: »Brauchst du noch mehr Beweise, um endlich zu merken, dass die Prinzessin in Gefahr ist, falls du…?«
    Der Vogelreiter sprang auf, stürzte heran und schlug ihm den Knauf seines Dolches gegen die Schläfe. Mythor gab einen erstickten Laut von sich und verlor das Bewusstsein .
    *
    Er kam zu sich. Graue Schleier tanzten wallend vor seinen Augen, dann sah er in helles Licht. Er hatte Atemnot. Es war schwül. Schweiß lief ihm über die Schläfen. Dann war etwas Kaltes auf seiner Stirn. Unwillkürlich griff er dorthin und bekam einen Arm zu fassen.
    »Lass mich am Leben, Pirat«, hörte er eine wohlvertraute Stimme. Die Schleier rissen auf, und er sah in Shezads Gesicht.
    »Es wurde Zeit, dass du aufwachst«, flüsterte die Prinzessin. »Hier, trink das!«
    Sie reichte ihm einen silbernen Pokal. Mythor nahm sie noch verschwommen wahr, so dass sie ihm das Gefäß in die Hand drücken musste. Sie führte es an seine Lippen, und Mythor trank gierig. Nach wenigen Atemzügen spürte er, wie neue Kraft ihn durchströmte. Sein Blick klärte sich vollends, und er erkannte, dass er sich in der Sänfte befand, auf Spinnenglanz’ Rücken.
    »Wo bin ich…?« Er kam mit einem Ruck in die Höhe. »Wir reiten, Prinzessin!«
    Das Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht. Ernst nickte sie und legte das feuchte Tuch erneut auf seine Stirn. »Wir reiten zum Schattenturm. Nein, keine Fragen jetzt. Zuerst hörst du mir zu.«
    »Aber du weißt, dass…!«
    Sie drückte ihn zurück auf sein Lager aus wertvollen Decken und Kissen. »Es ist der Wille meines Vaters, dass wir am Schattenturm zu Garram stoßen«, sagte sie leise, doch mit Nachdruck. »Glaube mir, ich weiß, was ich tue. Du wirst dich gefragt haben, weshalb ich dich bat, in den Pilzwald zu gehen. Ich wusste, dass Jehaddad unter den zweihundert Vogelreitern war, die Garram mit sich nahm. Als ich dann Garrams Namen hörte, hoffte ich darauf, dass zumindest Jehaddad den Versuch unternehmen würde, uns zu warnen.«
    Mythor blickte sie verständnislos an.
    Ihre Miene verdunkelte sich. »Garram steht in keinem guten Ruf. Ich begriff nie, wie mein Vater einem Mann wie ihm vertrauen konnte. Es

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