Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Prinz für die Köchin

Titel: Prinz für die Köchin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Zagha
Vom Netzwerk:
war zur Vernissage aus Montpellier gekommen. Die Gäste standen neben dem Buffet und aßen die Crostini und die Mini- pissaladières  – provenzalische Zwiebeltarte –, die Imogen zubereitet hatte. Nach einiger Überlegung hatte sie beschlossen, Bunnys ursprünglichen Vorschlag nicht aufzugreifen – Cupcakes im »Fleisch-Look«, mit »Speck« oder »Hackfleisch« aus Zuckerguss verziert, und als Hauptattraktion einen großen Kuchen in Form eines überfahrenen Igels. Obwohl das natürlich zum Grundton der Ausstellung gepasst hätte.
    »Bunny, nein, das ist einfach zu grotesk«, hatte sie ihrer Freundin widersprochen.
    »Aber es schmeckt doch bestimmt köstlich! Und dann haben die Leute etwas zu reden!«
    »Genau«, hatte Imogen entschlossen erwidert. »Ich finde, das Essen sollte nicht von deiner Kunst ablenken.«
    »Oh, ich wünschte, es wären mehr Leute da«, sagte Bunny gerade. Eine Andeutung von Furchen zeigte sich auf ihrer glatten Stirn. »Dann hätten alle mehr davon.«
    Um die Augen herum sah sie ein bisschen müde aus, bemerkte Imogen. Das war nicht weiter überraschend; sie hatte die letzten Tage nonstop gearbeitet, um jedes einzelne Detail ihrer Schaukästen fertig zu bekommen.
    »Na ja, heute ist erst die Eröffnung«, tröstete Imogen sie. »Die Ausstellung läuft doch noch die ganze Woche.«
    » BUNNY DOUCET  – › CECI N’EST PAS UN POULET/DAS IST KEIN HUHN ‹« stand auf einem Schild draußen auf dem Gehsteig vor der Galerie Provençale. Imogen warf einen raschen Blick auf Pascale, die elegante, gepflegte Besitzerin der Galerie, die in einer Ecke saß und völlig verstört aussah. Normalerweise stellte die Galerie Provençale die Arbeiten von Kunsthandwerkern aus der Gegend aus: rustikale Töpferwaren, bunte Glaskunstwerke, hübsche Stoffe; so etwas in der Art.
    »Bunny, sag mal, als du dich das erste Mal mit Pascale getroffen hast?«
    »Ja?«
    »Also, hast du ihr da Bilder gezeigt? Von deinen Arbeiten? Zum Beispiel von den Plastikenten mit den, äh …«
    »Den Phallusköpfen?«, fragte Bunny mit fröhlichem Lächeln. »Weißt du, ich glaube nicht. Wir sind ins Plaudern gekommen, und wir haben uns sofort wunderbar verstanden!«
    Es war durchaus möglich, dachte Imogen im Stillen, dass ein Gemenge aus sonnigem Wohlwollen und Enthusiasmus, verbunden mit Bunnys begrenztem Französisch und Pascales quasi nicht vorhandenem Englisch, zu einem tragischen Missverständnis geführt hatte. Sie war sich nicht ganz im Klaren darüber, was Pascale nach ihrem Gespräch mit Bunny erwartet hatte. Vermutlich war darin irgendwie Federvieh vorgekommen. Vielleicht hatte sie sich traditionelle Siebdrucke von Hühnern und Entchen in zarten Pastelltönen vorgestellt. Und hier saß die konservative Galeristin jetzt und starrte mit kaum verhohlenem Entsetzen den Glaskasten an, der ein Huhn in unzüchtiger Pose beim Pole-Dancing beherbergte. Der Kadaver war mit einem strassbesetzten Stringtanga und oberschenkelhohen Stiefeln bekleidet, alles sorgsam von der Künstlerin angefertigt.
    »Na ja, jedenfalls kommt Everett später noch mit Archer«, meinte Bunny ein wenig nervös. »Die verstehen etwas von Kunst. Und sie haben meine Arbeiten immer gelobt.«
    »Ich wusste gar nicht, dass dein Bruder immer noch an der Côte ist«, antwortete Imogen geistesabwesend.
    »Ja, Buddy ist auch hier. Sie wohnen bei ihm in Menton.«
    »Bei wem?«
    »Bei Archer.«
    »Ach ja.« Das war Everetts Freund mit der gebrochenen Nase – der, der gerade eine besonders traumatische Scheidung verarbeitete. Als sie die Worte »Félicitations, chère cousine« hörte, blickte Imogen auf und sah, wie Amaury d’Oussey Bunny auf beide Wangen küsste. »Deine Arbeiten sind einfach wun-der- bar!«
    »Oh, vielen Dank«, erwiderte Bunny und senkte die Wimpern.
    Imogen, der seine dezenten Manschettenknöpfe auffielen, als er sie begrüßte, dachte bei sich, dass Amaury eigentlich gar kein altertümliches Kostüm nötig hatte, um altertümlich zu wirken. Alles an seinem Stil deutete auf ein gesundes Desinteresse an der gängigen Mode hin. Ein paar von Bunnys Freunden hatten unwahrscheinlich gepflegt ausgesehen, Amaury jedoch ging in dieser Beziehung noch einen Schritt weiter. Wenn man ihn so ansah, meinte man, Elvis oder James Dean – ganz zu schweigen von den Sex Pistols – hätten niemals existiert. Als sei er einer Welt entsprungen, in der junge Männer noch immer genauso aussehen wollten wie ihre Väter, sobald sie keine kurzen Hosen mehr

Weitere Kostenlose Bücher