Prinz für die Köchin
ein.
Während sie einen Moment lang schweigend weiterfuhren, ertappte Imogen sich dabei, wie sie unbehaglich darüber nachgrübelte, was Faustina ihr gestern erzählt hatte: dass Bunny vielleicht zu vertrauensselig gewesen war, als sie Amaury einfach geglaubt hatte, dass er tatsächlich mit ihr verwandt sei. Schließlich hatten sie sich im Internet kennengelernt – nicht unbedingt das zuverlässigste soziale Umfeld.
»Bunny ist sehr reich, nicht wahr?«, hatte Faustina vielsagend gefragt. »Das heißt … wenn er es richtig anstellt, könnte er doch eine sehr gute Partie machen, nicht?«
Imogen wusste nicht, was sie von Faustinas Misstrauen halten sollte. Amaury schien sehr nett zu sein, und das Ganze war absolut plausibel. Und doch, es stimmte, dass Bunny vertrauensselig war – das war einfach ihre Art; sie war ein fröhlicher Mensch, der von allen immer nur das Beste dachte. Faustina hatte ihre gemeinsame amerikanische Freundin warnen wollen, aber Imogen hatte sie gebeten, ihre Zweifel zunächst für sich zu behalten. Schließlich war, soweit sie wusste, zwischen Bunny und ihrem Cousin nichts passiert. Es war doch nicht nötig, irgendjemandem Kummer zu bereiten.
Dann schrak Imogen ein wenig zusammen, als Bunny plötzlich zu ihr sagte: »Ich überlege ja immer noch, du weißt schon, wegen …«
»Was?« Imogen warf im Rückspiegel einen raschen Blick auf Amaury.
»Wegen Everett, und ob … vielleicht …«
Imogen atmete aus und lächelte ihre Freundin an. Dieses Everett-Szenario war reines Wunschdenken von Bunny. Bunnys großer Bruder war ungemein vorzeigbar. Und charmant noch dazu – doch er kannte sie schließlich kaum. Und trotzdem – was, wenn er auf der Party beschlossen hatte, sie zu küssen? Einfach so, aus einem romantischen Impuls heraus?
Und dann der Stromausfall im Boustifaille? Sich das vorzustellen war schon schwerer, dachte Imogen und errötete ein wenig, als sie an die erotische Intensität jener Begegnung dachte. Everett wirkte so anständig, fast schon ein wenig überkorrekt, gar nicht der Typ für so etwas Verwegenes. Aber andererseits, Bunny steckte doch voller Überraschungen, oder? Warum sollte also der Gentleman Everett nicht auch manchmal seine Reserviertheit fahren lassen, besonders im Schutz der Dunkelheit, und mutig zeigen, dass er … wie hatte Mitch das noch mal genannt? … »sexuelle Autorität« besaß? Imogen konnte ein kleines Kichern über ihren gewagten Gedankengang nicht unterdrücken. »Ein Unglück kommt selten allein«, hatte Daphne gesagt. Nun, allmählich fühlte es sich wirklich so an.
»Spricht … spricht Everett manchmal von mir?«, fragte sie.
»Eigentlich nicht«, antwortete Bunny und furchte ein wenig die Stirn. »Hin und wieder fragt er, wie’s dir geht. Es ist nur … wer immer dich da umwirbt, ist so erfinderisch und hat so viel Klasse. Ich wäre echt stolz, wenn mein Bruder hinter alldem stecken würde.«
»Du könntest ihn doch fragen«, meinte Amaury behutsam.
»Ja!«, entschied Bunny und drückte sanft auf die Hupe, um dem Ganzen Nachdruck zu verleihen. »Fragen wir ihn, ob er dir diesen Riesenblumenstrauß geschickt hat!«
»Mmm, ja … die Blumen«, wiederholte Imogen zögernd. »Ich weiß nicht …«
Sie ließ den Satz unvollendet. Die Blumen standen nunmehr in dem größten Stück von Mitchs heißgeliebter Porzellan-Sammlung – Vallauris aus den 50er-Jahren – auf ihrem Schreibtisch. Und sie dufteten so gut wie gar nicht. Imogen wusste einfach nicht, was sie davon halten sollte.
35
»Waren Sie schon im Labyrinth?«, fragte eine Stimme hinter Imogen, als diese mit Monty, Bunny und Amaury die Mosaikfische betrachtete, die am Grunde eines flachen Beckens direkt vor dem Museum schwammen.
Sie drehten sich um. Hinter ihnen stand ein eher kleiner älterer Herr in einem umwerfend gut geschnittenen Glencheck-Anzug. Er lächelte sie unter einem weichen braunen Filzhut hervor an. »Ich hoffe, ich bin nicht zu aufdringlich«, sagte er mit sanfter Stimme und amerikanischem Akzent. »Ich habe Sie Englisch sprechen hören, und es ist so schön, auf Landsleute zu treffen.«
»Ich bin allerdings Franzose«, erwiderte Amaury höflich, aber entschieden. »Aber ist es hier nicht wun -der-schön?«
»Mir gefällt es hier sehr«, antwortete der alte Mann lächelnd. »Ich bin sehr oft hier. Ich wohne in Vence, dort habe ich einen kleinen Laden.«
»Diese reizende junge Dame hier – ma petite cousine d’Amérique – ist Künstlerin«, meinte
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