Prinz für die Köchin
habe immer gedacht, in einer perfekten Welt würde das Meer schmecken wie caramel au beurre salé.«
»Darf ich mal kosten?«
»Natürlich«, sagte sie und sah zu, wie er sich bediente und dann mit einem kurzen, ausdrucksvollen Stirnrunzeln Genuss kundtat.
»Um noch mal auf Imogen zurückzukommen«, fing Bunny zum Entsetzen ihrer Freundin von Neuem an, »und auf ihre Vorliebe für Geheimnisse. Du hältst alles gern geheim, wegen deiner Vorgeschichte mit dem Kochen. Und darum glaube ich auch, dass du ganz tief im Innern eigentlich gar nicht Bescheid wissen willst, über … du weißt schon was.«
»Über … was denn?« Archer stach ein Loch in die Decke seines Schokoladensoufflés und warf Imogen einen interessierten Blick zu.
»Über gar nichts«, antwortete sie knapp. »Bunny albert bloß rum.«
»Weißt du, ich finde, ich albere überhaupt nicht rum«, fuhr Bunny herausfordernd fort. »Warum erzählst du diesen Gentlemen nicht ein bisschen davon, was in deinem Leben so passiert? Bleibt doch in der Familie.«
Mit klopfendem Herzen sah Imogen Everett in die Augen. Sie waren blau und wirkten – zumindest nach außen hin – durchaus aufrichtig.
»Wir brennen bestimmt alle vor Neugier«, meinte er ruhig.
Ach, was soll’s, dachte Imogen und errötete ein wenig. »Okay. Ihr wisst doch, die Sache mit diesem Kuss auf der Party, also … ich weiß immer noch nicht, wer das war.«
»Das ist ja eine interessante Situation«, bemerkte Archer und sah ihr zum allerersten Mal direkt in die Augen. »Du hast wirklich überhaupt keine Ahnung?«
Imogen starrte ihn an, dann schaute sie weg, eingeschüchtert von seinem eindringlichen Blick.
»Na ja, äh …«, brachte sie heraus.
»Wir haben ein paar Leute in Betracht gezogen, und es ist immer noch ein absolutes Mysterium«, meinte Bunny. »Aber wir wissen, dass er noch hier ist, denn er war wieder da und hat sie noch einmal geküsst.«
»Wirklich?«, stieß Everett hervor.
»Im Dunkeln.«
»Wirklich?«
»Und er hat ihr Nachrichten geschickt und E-Mails und Blumen …«
Everett wandte sich an Imogen; ein Grinsen lag auf seinem hübschen Gesicht. »Hört sich ja nach einem Mordsaufwand an. Macht’s Spaß?«
»Ja«, erwiderte sie und lächelte zurück.
»Gut.« Einen Augenblick lang sah er sie schweigend an, dann fragte er: »Möchtest du mal von meinen gerösteten Birnen mit Lebkuchen probieren?«
»Ja, gern«, antwortete sie dankbar und spießte ein Stückchen Birne mit der Gabel auf.
»Alors, verzeih mir, liebe Imogen«, sagte Amaury mit geschmeidiger Weltgewandtheit, »aber ich frage mich, ob du vielleicht auch ein bisschen Angst davor hast herauszufinden, wer er ist?«
»Oh, sie hat Angst«, meinte Bunny. »Denn was ist, wenn sich herausstellt, dass er grottenhässlich ist? So wie Everett, zum Beispiel.«
Mit dem Mund voll saftiger Birne kalt erwischt schüttelte Imogen vehement den Kopf. »Ich habe keine Angst«, verkündete sie mit fester Stimme.
»Na, das freut mich aber«, bemerkte Everett, ehe er sich wieder seinem Nachtisch zuwandte.
Nach dem Mittagessen brachten die Doucet-Brüder Amaury zurück nach Montpellier und setzten Archer unterwegs am Bahnhof ab, während Imogen, Monty und Bunny nach Saint-Jean-les-Cassis zurückfuhren. Nur ein einziges Mal brach Bunny das freundschaftliche, ein wenig benommene Verdauungsschweigen, das im Auto herrschte. »Trotzdem, es wäre toll, Schwägerin.«
Imogen lächelte und erwiderte nichts. Beim Mittagessen hatte sie festgestellt, dass sie Everett wirklich gern mochte, und jetzt, ganz leicht beschwipst, ließ sie zu, dass Bunnys Idee sich in ihrem Kopf festsetzte, nur ein kleines bisschen.
»Na, jedenfalls«, fuhr Bunny fort und nickte vor sich hin, »finden wir es bestimmt bald raus. Dieses Mysterium kann ja nicht ewig dauern. Ich rechne jeden Tag mit einem Zeichen.«
Als Bunny vor dem Paperback Wonderland hielt, bemerkte Imogen eine vertraute Gestalt, schlank und braun gebrannt und mit dem üblichen Piratenkopftuch, die mit dem Rücken zum Schaufenster vor dem Laden stand. Sobald er sie erblickte, schaltete Cheyenne seinen iPod aus und stürzte vor, um Bunny die Wagentür aufzuhalten.
»Hey, la belle Américaine!« Der DJ küsste sie und ging dann um das Auto herum. »Hey, kleine Meerjungfrau.«
»Salut« , antwortete Imogen, während seine Lippen ihr Gesicht streiften. Irgendetwas daran fühlte sich anders an, doch sie konnte nicht genau sagen, was.
»Ich habe am Samstag einen Set im Koud’Soleil.
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