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Prinz Rajin - Der Verdammte

Prinz Rajin - Der Verdammte

Titel: Prinz Rajin - Der Verdammte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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und meinen Sohn finden. Und ich war ihnen nie näher als hier!“
    Koraxxon streckte die Hand des Axtarms aus und sagte: „Dieses Pergament, das dir wichtiger als deine Seele zu sein scheint, hat dich hierher gebracht. Ich weiß nichts über die näheren Umstände, unter denen es dir gegeben wurde – aber es kann nur zu einem Zweck geschehen sein: dich eines Tages hier stranden zu lassen, auf dass du im Leeren Land verendest oder durch irgendeine der Kreaturen, die hier hausen vernichtet wirst. Du hast doch erlebt, wie sehr die Bäume danach hungerten, dich aufzunehmen. Die Seelenreste, die sie in sich aufgenommen haben, bilden neue Seelen, die aus Fetzen und Lumpen zusammengenähten Gewändern ähneln. Sie warten nur auf einen Narren wie dich. Du hattest diesmal Glück, dass ich in der Nähe war – aber das wird beim nächsten Mal vielleicht nicht der Fall sein. Und dann bist du verloren.“
    „Aber Nya …“
    „Ich weiß nicht, was du gesehen hast, Rajin. Vielleicht war es nur ein Streich, den dir die Einfalt deines eigenen Geistes spielte. Ein Trugbild, geboren aus deiner Sehnsucht. Es entspricht eigentlich der üblichen Methode, um jemanden hierher zu locken: Du zeigst ihm mithilfe eines magischen Artefakts, was er sich am meisten ersehnt, und wenn diese Sehnsucht groß genug ist, geht sein Geist willig in das Leere Land, wo auf ihm jedoch nichts als Tod, Verdammnis und Wahnsinn warten.“
    „Das kann ich nicht glauben!“
    „Es ist die Wahrheit. Allerdings sind mitunter selbst Magier darauf hereingefallen und haben sich im Leeren Land verloren.“
    „Wie kann so etwa geschehen?“
    Koraxxon zuckte mit den Schultern. „Ich habe lange in Magus gelebt und kenne die Gepflogenheiten dort. Es kommt vor, dass Magier sich gegenseitig solche Geschenke machen, wie du offensichtlich eins bekommen hast – und das einzige Ziel dabei ist, den anderen ins Leere Land zu locken. Man muss dabei nur wissen, was sich der andere so sehr ersehnt, dass er jegliche Vernunft und Vorsicht darüber außer Acht lässt. Der Magier, der dir das Pergament gab, war auf jeden Fall ein Könner seines Fachs und wusste auch bestens über dich Bescheid, denn er wusste genau, was er dir zeigen muss. Und da dieser Fluch dich sogar immer noch in seinem Bann hält, nachdem er schon längst das Zeitliche gesegnet hat, muss er bei dir wirklich genau ins Schwarze getroffen haben.“
    Rajins Gesichtsausdruck wurde sehr ernst. „Koraxxon, hilf mir sie zu finden! Und danach können wir zurückkehren!“
    „Du bist ein Narr! Und sehr leichtsinnig dazu! Schon jetzt hältst du für einen Menschen viel zu lange im Leeren Land auf. Hast du mir eigentlich gar nicht zugehört? Der Sog wird immer unwiderstehlicher. Du wirst dich nicht mehr davon lösen können, und dann gibt es keine Möglichkeit zur Rückkehr mehr. Dann kann auch ich dir nicht mehr helfen!“
    In diesem Augenblick sah Rajin erneut zwei Gestalten am Waldrand. Es waren Nya und der zehnjährige Kojan. Eigentlich standen sie in einem Bereich, der vom Licht der Monde gar nicht beschienen wurde, sodass man nicht mehr als vage Schemen von ihnen hätte sehen können. Doch sie waren von einem eigenartigen Leuchten erfüllt, das sie aus ihrem Inneren heraus strahlen ließ. Der Lichtflor, der sie umgab, ließ sie wie überirdische, ätherische Wesen erscheinen.
    Der Glaube an den Unsichtbaren Gott hatte unzählige Legenden über Heilige hervorgebracht, die zu überirdisch leuchtenden Wesen geworden waren und als solche den Gläubigen erschienen. Die Kirchen und Tempel in den Städten Drachenias und Tajimas waren voll von Bildern, die solche Heiligen darstellten, und auch wenn es immer wieder einzelne Prediger gegeben hatte, die an diesem Bilderkult Anstoß nahmen, so war er doch derart stark verbreitet, dass wohl jeder Versuch, ihn abzuschaffen, auf viele Generationen in die Zukunft hinweg von vornherein zum Scheitern verurteilt war.
    Der Lichtflor, der Nya und Kojan umgab, ließ Rajin zwar für einen Moment stutzen – aber warum sollten ihre Seelen nicht auf eine ähnliche Weise weiterexistieren, wie man es dem Volksglauben nach vielen verklärten Heiligen nachsagte?
    „Nya!“, stieß Rajin aus und lief ihnen entgegen.
    „Warte doch, du Narr!“, rief Koraxxon.
    Bis auf ein paar Schritte näherte sich Rajin den beiden. Das Leuchten durchdrang Nya und Kojan immer stärker. Sie sahen völlig unbeteiligt in Rajins Richtung – und durch ihn hindurch, so als bemerkten sie ihn gar

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