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Prinzentod

Prinzentod

Titel: Prinzentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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Er verbeugt sich übermütig, als würde er den Hoteldiener in einem österreichischen Heimatfilm geben: »Meine Damen, die Tür war offen. Ich soll euch daran erinnern, dass wir in einer Stunde zur Beerdigung fahren. Macht euch schick und kämmt die Haare.« Er verbeugt sich wieder und kichert, als wäre er betrunken. Vielleicht ist er betrunken? Als wir zusammen waren, hat er nur selten Alkohol getrunken, allerhöchstens mal ein Bier. Er dreht sich einmal um seine eigene Achse und pfeift dabei vor sich hin. Etwas Altmodisches wie »Yesterday«, glaube ich. »Okay.« Bernadette geht überhaupt nicht auf seine Bemerkungen ein und macht mit ihrer Hand eine ungeduldige Bewegung, um ihn wegzuschicken. Nico zwinkert mir zu und geht dann immer noch pfeifend davon.
    »Bist du dir sicher, dass ich mitkommen soll?«, frage ich leise . Bernadette nickt. »Es ist komisch«, sagt sie. »Aber ich hab e das Gefühl, ohne dich stehe ich das nicht durch.« Sie geht zu r Tür. »Aber hör mal, Mama darf niemals etwas von dir un d Kai erfahren, versprich mir das!« Sie sieht mich mit weit aufgerissenen Augen an. »Niemals!«, beharrt sie . Ich nicke. »Sind wir wieder Freunde?«, frage ich zaghaft , schließlich hat Nico uns mittendrin unterbrochen . Bernadette nickt ernsthaft. »Freunde! «

21. Kapitel
    N ach der Beerdigung schleiche ich schuldbewusst in die Wohnung zurück, denn ich habe Bernadette schon wieder enttäuscht, obwohl wir doch gerade erst unsere Freundschaft gerettet haben. Mir ist noch immer schlecht von dem, was ich auf dem Friedhof erlebt habe. Der alte Mann steht mir vor Augen, wie er mich von hinten gepackt hat, und wieder und wieder höre ich die Stimme von Kai, so überdeutlich, als ob er tatsächlich irgendwo auf dem Friedhof gewesen wäre. In der Wohnung wartet Bernadette bereits auf mich, aber anstatt gekränkt zu sein, wie ich es befürchtet hatte, macht sie schweigend einen Eistee und setzt sich dann zu mir auf den Balkon. »Mama hat sich hingelegt, sie hat eine Beruhigungstablette genommen«, erzählt sie. »Kannst du dir vorstellen, dass die Journalisten uns bis zum Auto verfolgt haben?« Ich schüttele stumm den Kopf. Was für ein Albtraum, wenn nicht mal der Tod privat sein darf. Bernadette sieht mich an. Ihre Stimme klingt leiser als sonst. »Weißt du, ich hätte es nie für möglich gehalten, dass ich das mal sagen würde. Aber da auf dem Friedhof, in dieser Halle, während all die Leute über ihn gesprochen haben, was für ein fabelhafter Mensch er war und wie mitfühlend und wie engagiert – da habe ich plötzlich gedacht, dass er es wirklich nicht verdient hat. Nicht so früh. Und nicht so.« Ich nicke. Es tut gut, dass sie es ausspricht, obwohl ich eher glaube, sie will einfach nur nett zu mir sein. Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass ihr Kai plötzlich fehlt oder sie um ihn trauert, schließlich hat sie ihn sogar schon mal mit einer Voodoo-Puppe verflucht.
    »Sag mal, Bernadette, bereust du eigentlich die Sache mit der Voodoo-Puppe?«, frage ich zögernd. »Es muss einem doch merkwürdig vorkommen, wenn man jemanden wegwünscht und plötzlich stirbt er!« Bernadette schaut mich verblüfft an, dann lächelt sie und schüttelt den Kopf. »Du bist echt naiv, Lissie. Das war doch nur ein dummes Spielchen. Davon stirbt niemand. Aber lieb von dir, dass du dir wegen mir Gedanken machst.« Danach sitzen wir eine lange Zeit da, ohne etwas zu sagen. Und obwohl die Beerdigung schrecklich war und ich ständig daran denken muss, dass Kai jetzt nur noch ein Häufchen Asche ist, fühle ich mich doch ruhiger als all die Tage zuvor. Nicht weniger schuldig, das ist es nicht, aber wenigstens bin ich nicht mehr ganz so allein. Irgendwann erzähle ich Bernadette von der Stimme auf dem Friedhof. Seltsamerweise findet sie das nicht so bedrohlich wie ich, fast kommt es mir so vor, als glaubt sie mir nicht, dass ich die Stimme wirklich gehört habe. Aber dann merke ich, dass etwas anderes sie zu beschäftigen scheint: das Drogencheckgerät aus Kais Kimonotasche. »Vielleicht hat er Mitarbeiter getestet«, schlage ich vor. Bernadette schüttelt den Kopf und behauptet, dass niemand bei ihm fest angestellt war. Und wenn er das Ding in Tims Wohnung einfach nur gefunden hat und es wegwerfen wollte? Doch Bernadette und ich sind uns einig, dass auch das Unsinn ist. So etwas steckt man nicht ohne Grund in die Manteltasche. Schließlich platzt Bernadette mit einer Idee heraus. »Violetta!«, sagt sie. Ich verstehe nicht,

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