Prinzentod
hier der Chef.« Er wedelt mit dem Gewehr. »Du hast mir zu gehorchen, so einfach ist das. Ich weiß, dass du zu diesen Leuten gehörst, die uns auslöschen wollen. Und ich werde dafür sorgen, dass es dazu nicht kommt. Ich werde uns alle retten.« »Was meinst du mit uns alle?« »Alle, die mir folgen sollten. Das ist doch ganz klar. Jetzt bringe ich dich erst mal zu Brigitte.« »So ein Quatsch!« Er wird rot im Gesicht. »Untersteh dich, so mit mir zu reden. Oder willst du, dass ich dir den Mund verstopfe?« Sein Gesicht verzieht sich zu einem breiten Lächeln. »Ach, wo wir gerade so nett darüber plaudern, mach ich das lieber gleich . Du bist eine, der man nicht trauen kann. « Er sieht sich im Zimmer um. Kann ich es riskieren, mich au f ihn zu stürzen und ihm das Gewehr wegreißen ? Ich tu es! Springe auf ihn zu und es gelingt mir, ihn zu Bode n zu werfen, aber er ist unglaublich stark, schlägt mir mit de m Lauf auf den Kopf, prügelt auf meinen Körper ein . »Nein, nicht, bitte, Nico, hör damit auf!« Ich kann meine eigene Stimme kaum erkennen, so jämmerlich klingt sie . »Wie heißt das?« Er schlägt mich noch einmal . »Bitte hör auf... König.« Ich verstehe das alles nicht. Wen n ich die Tabletten bei Vio gefunden habe, warum benimm t sich dann Nico wie ein Irrer ? »Jetzt gehst du zum Schrank und holst das T-Shirt raus. ›Da s Böse hat ein neues Gewand.‹ Das steht dir sicher prächtig . Und dann stopfst du dir das Maul mit einem Paar Socke n aus, klar? « Ich rappele mich auf, versuche verzweifelt, meine Panik z u bekämpfen. »Hey, Nico«, sage ich so ruhig wie möglich. »Las s uns doch erst mal über alles reden. « Denk nach, Lissie, hämmert es gleichzeitig in meinem Gehirn . Er muss schon die ganze Zeit die Kamera in deinem Zimme r installiert haben, genau wie in der Wohnung in de r Westendstraße . Mir wird ganz heiß, wenn ich mir vorstelle, dass ich all di e Tage nie allein war. Er hat gesehen, wie ich mich ausziehe , wie ich weine, wie ich ins Bett gehe – und oh Gott, er wei ß nicht nur von Kai und mir, sondern er hat auch gehört, wa s Brigitte vorhin gesagt hat ! »Reden willst du?«, höhnt er. »Mit einem König redet ma n nicht so einfach. Man gehorcht ihm. Wird’s bald? « Wie in Trance schleppe ich mich zum Schrank .
Er hat einen Nervenzusammenbruch, anders kann ich mir sein Benehmen nicht erklären. Ich habe ihn verlassen, mich stattdessen in seinen Stiefvater verliebt und zur Krönung erfährt er auch noch, dass Brigitte nicht seine Mutter ist und ihn nie gemocht hat. Das würde den stärksten Mann umwerfen, oder? König! Wenn ich nur wüsste, was ich tun könnte, um ihn wieder zu sich zu bringen. Immerhin ist er unglaublich schlau, es muss einen Weg geben, zu seiner Klugheit vorzudringen, ich muss ihm klarmachen, dass das der falsche Weg ist. Wenn ich nur wüsste, was er jetzt vorhat! Meine Beine schmerzen, aber es ist nichts gebrochen. Ich ziehe das rosa Shirt an und suche das dünnste Paar Socken heraus, das ich habe. Es ist einen Versuch wert, vielleicht achtet er nicht darauf. Ich tue so, als würde ich mir die Socken in den Mund stopfen, und blase meine Backen auf, dann drehe ich mich zu ihm. Er betrachtet mich aufmerksam. »Gut, dann kannst du mir jetzt folgen.« Ich schüttele wie wild den Kopf. »Das wäre aber nicht klug.« Er hebt tadelnd den Finger. »Denk mal, was der lieben Brigitte alles passieren kann. Willst du wirklich schuld daran sein?« Er sieht mich fast zärtlich an. »Nein, das willst du nicht. Aber du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Insgeheim bist du doch froh, dass alles vorbei ist, oder? Dass der König gekommen ist, um dich zu retten.« Er beugt sich vor und flüstert mir ins Ohr. »Hab keine Angst, Lissie. Ich bin ja bei dir.« Mir wird noch flauer im Bauch. Sein Tonfall ändert sich schlagartig. »Los jetzt, wir haben nicht mehr viel Zeit.«
Ich bleibe sitzen und bewege mich nicht. »Los!« Er fuchtelt bedrohlich mit der Waffe. »Ich sag’s nicht noch einmal!« Kann ich es riskieren, einfach nicht mitzukommen? Ich lasse mich rückwärts nach hinten aufs Bett fallen. »Ich kann...«Ich beiße mir auf die Lippen, doch es ist zu spät. Idiotin! Idiotin! Idiotin! Mit einem Satz ist er bei mir und schlägt mir mit dem Handrücken voll ins Gesicht. »Du hast mich belogen! Wo sind die Socken?« Er geht, die Augen und seine Waffe auf mich gerichtet, rückwärts zum Kleiderschrank, zerrt dicke Frotteewintersocken heraus und stopft sie mir in
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