Prinzessin auf den zweiten Blick
Andererseits war sein Tonfall so beleidigend und demütigend gewesen, dass sich heiße Wut in ihr ausbreitete. Und wenn der Prinz erst die Berechtigung ihrer Behauptung erfasste, würde er sicher einsehen, dass sie sich hatte wehren müssen, oder?
„Glauben Sie mir etwa nicht, dass ich einen guten Ruf zu verteidigen habe?“, fragte sie hitzig. „Dass meine Unberührtheit es wert ist, geschützt zu werden?“
„Deine Unberührtheit …?“, wiederholte er schwach.
Stolz hob Eleni ihr Kinn. „Ich bin zwar nur ein einfaches Mädchen vom Lande“, bekannte sie frei heraus. „Aber ich weiß genau, dass das, was eben zwischen uns geschehen ist, sich nicht schickt zwischen zwei Menschen, die sich so gut wie gar nicht kennen.“
Gekränkt und frustriert spielte Kaliq mit dem Gedanken, sie zu fragen, warum sie sich dann überhaupt zum Dinner hatte aushalten lassen, wusste aber im gleichen Moment, dass derartige Ironie an diese seltsame junge Frau verschwendet wäre. Ganz abgesehen von der Tatsache, dass sie ganz sicher nie zuvor von einem Mann zum Dinner ausgeführt worden war.
„Aber wenn ich als dein Scheich und damit dein Gebieter den Wunsch dazu verspüre, dann kann es doch wohl kaum falsch sein“, versuchte er es auf der argumentativen Schiene von Tradition und Brauchtum, die ihr offensichtlich sehr vertraut waren.
„Ich würde den Respekt verlieren, wenn Sie darauf bestehen, Ihren … Wunsch durchzusetzen, Eure Hoheit“, erklärte sie ruhig.
„Vor wem? Vor mir?“, knurrte er gereizt. „Ich versichere dir, eine Kapitulation von deiner Seite würde mir zumindest unbedingten Respekt vor dir einflößen.“
Eleni faltete sittsam die Hände vor der Brust, was eigentlich nur ihre Verwirrung und Anspannung demonstrierte, von Kaliq allerdings mit einem zynischen Auflachen quittiert wurde. Sie glaubte ihm offensichtlich nicht.
Kluges Mädchen, dachte er widerwillig. Aber sicher würde sie nicht so weit gehen, ihn einer Lüge zu bezichtigen, oder?
„Es wäre einfach unpassend, Eure Hoheit“, zog sie geschickt ihren Hals aus der Schlinge. Wobei Kaliq vermutete, dass sie es nicht einmal bewusst getan hatte. „Und abgesehen davon, würde es Ihre Aufmerksamkeit nur von Nabat ablenken“, fügte Eleni in völlig neutralem Ton hinzu.
Sekundenlang begriff er nicht einmal, dass sie plötzlich von ihrem Hengst sprach. Doch dann verengte Kaliq misstrauisch die Augen. In Elenis glattem, offenem Gesicht entdeckte er allerdings nicht die geringste Spur von Ironie.
Verdammt, wusste sie denn wirklich nicht, dass er sich viel mehr für ihren geschmeidigen jungen Körper interessierte als für ihr Lieblingspferd?
Kaliq konnte sich nicht erinnern, dass ihn jemals eine Frau zurückgewiesen hatte. Nicht einmal, als er noch ein pubertärer, stürmischer Galan mit mehr Lust und Enthusiasmus als Finesse gewesen war!
Machte sich dieses dumme Stallmädchen denn keine Gedanken darüber, was für Konsequenzen sie erwarteten, wenn sie den Prinzen Kaliq Al’Farisi wie einen gewöhnlichen Sterblichen abwies? Offensichtlich nicht!
„Dein verflixtes Pferd interessiert mich nicht!“, stieß er brüsk hervor und erntete dafür einen ebenso verletzten wie missbilligenden Blick.
„Aber ich dachte, nur deshalb hätten Sie mich mit hierher genommen, Eure Hoheit .“
Diese junge Person trieb es langsam wirklich zu weit. Durfte er ihrem unschuldigen Blick überhaupt trauen? War es Einbildung, oder lag da wirklich ein Schimmer von Schalk in den Tiefen ihrer hellen Nixenaugen? Das würde sie nicht wagen … oder?
Ob er ihr sagen sollte, dass es neben ihrem unbestrittenen Talent im Umgang mit Pferden, ihrer Schönheit und erfrischenden Jugend eben diese nur zu erahnende innere Stärke und Willenskraft war, die ihn dazu verführt hatte, sie mit in seinen Palast zu nehmen?
War ihr denn nicht bewusst, dass er jede Frau haben konnte, die er wollte, und dass es eine große Auszeichnung bedeutete, wenn er ausgerechnet sie erwählte?
Na, egal! Sie würde es auf jeden Fall bald herausfinden …
„Gut, dann unterhalten wir uns also über die Pferde“, knurrte er ungnädig und unterdrückte ein Gähnen. Kaliq hatte sich den Abend so ganz anders vorgestellt, wollte sich aber nicht eingestehen, wie enttäuscht er war, und dass er das unbestimmte Gefühl hatte, von einem jungen Stallmädchen perfide ausgetrickst worden zu sein.
Sekundenlang fragte Eleni sich ängstlich, ob sie vielleicht zu weit gegangen war. Doch was für eine Chance hatte
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