Prinzessin auf den zweiten Blick
erörtern, und dann auch noch mit einem Prinzen! Aber vielleicht verzichtete er ja darauf, sie zu verführen, wenn er erst mal die Wahrheit kannte …
Und, willst du das überhaupt?, meldete sich eine kleine Stimme in ihrem Hinterkopf. Energisch verdrängte sie den verstörenden Gedanken und nickte langsam.
„Ja, ich bin noch Jungfrau, Hoheit.“
Kaliq nahm die Information mit einem Gefühl von Triumph auf. Also hatte sie nur deshalb seine Avancen abgewehrt! Sein Puls beschleunigte sich, und das Ziehen in den Lenden wurde heftiger denn je.
Eine Jungfrau! Eine süße grünäugige Jungfrau …
Die Götter waren ihm offensichtlich gewogen. Was für ein Geschenk!
„Ich kann es kaum glauben, dass du nie die Liebe eines Mannes genossen haben sollst“, sagte er mit trockenem Mund und zog Eleni in Gedanken bereits aus. Er würde es sein, der sie in die Wonne der körperlichen Liebe einführte. Der sie lehren würde, Lust zu empfangen und zu bereiten. „Ich dachte immer, ihr Mädchen vom Lande seid in dieser Hinsicht besonders früh dabei.“
„Das mag sicher auf einige zutreffen, Hoheit“, gestand sie errötend ein. „Aber nicht auf mich.“
„Du könntest sterben, ohne je die Freuden der körperlichen Vereinigung von Mann und Frau am eigenen Leib erlebt zu haben.“
„Dann würde ich mein Schicksal glücklich und voller Stolz akzeptieren“, erwiderte sie mit blitzenden Augen.
Kaliq lachte über so viel Temperament und Widerspruchsgeist. „Ah, aber du lässt dir etwas unglaublich Aufregendes entgehen, Eleni. Eines der größten Wunder des Lebens.“ Seine Stimme klang plötzlich weich und verführerisch.
„Sie … Sie mögen damit recht haben, Eure Hoheit. Aber ich werde mein Schicksal nicht dadurch herausfordern, indem ich das Bett mit einem Mann teile, der nicht mein Ehemann ist. Dafür bin ich viel zu gut erzogen.“
„So … bist du das?“, fragte er mit skeptisch hochgezogenen Brauen.
Und wieder schaffte es Eleni nicht, ihr stürmisches Temperament im Zaum zu halten. Am liebsten hätte sie ihm geraten, sie nicht mit ihrem unmöglichen Vater über einen Kamm zu scheren, denn Anstand und gute Umgangsformen hatte sie von ihrer Mutter gelernt. Auch in derart schwierigen Verhältnissen, wie sie leben mussten, und reduziert aufs niedrigste Niveau, war es möglich, sich wie eine Dame zu benehmen. Doch sie konnte sich kaum vor einem Scheich selbst in ein gutes Licht rücken.
„Ja, Hoheit, das bin ich. Ich kenne sehr wohl den Unterschied zwischen Gut und Böse. Und wenn etwas nicht geht, akzeptiere ich das. Niemand kann alles im Leben haben. Damit habe ich Ihre Frage beantwortet – wäre es nicht fair, wenn Sie jetzt im Gegenzug meine beantworten?“, fragte sie sanft und nahm graziös wieder auf den bestickten Kissen Platz. „Wodurch sind diese schrecklichen Narben entstanden?“
Wie entschlossen sie war! Kaliq konnte ein Gefühl der Bewunderung nicht verhehlen. Und noch weniger sein stetig steigendes Verlangen. Und wie unverschämt von ihr, ihn auf der einen Seite kaltzustellen und auf der anderen derart herauszufordern, wie es niemand vor ihr gewagt hatte!
Es wäre ihm ein Leichtes, sie mit einem lässigen Wink zur Hölle zu schicken.
Wie lange war es eigentlich her, dass er mit irgendjemandem über den Tag geredet hatte, an dem sich sein Leben für immer verändert hatte? Dieses schmerzvolle Thema war tabu, selbst zwischen ihm und seinem Zwillingsbruder, der die schreckliche Schuld mit ihm teilte. Ein dunkles Geheimnis, das, wie vieles andere, von einer unsichtbaren Macht im Palast vertuscht worden war.
Ein schwarzer Fleck auf der weißen Weste der Familie Al’Farisi.
Aber Geheimnisse konnten zu einer schweren Bürde werden, zu belastend, um nicht unter ihnen zusammenzubrechen. Und plötzlich erschien Kaliq das Angebot des jungen Stallmädchens, sein Gewissen und seine gequälte Seele zu erleichtern, zu verlockend, um es auszuschlagen.
„Du weißt von meinem Bruder?“
Die königliche Familie von Calista bedeutete eine nicht enden wollende Faszination für ihre Untertanen. Trotz moderner Massenkommunikation und internationaler Berichterstattung riss der Klatsch hinter vorgehaltener Hand einfach nicht ab.
Eleni wusste, dass es fünf Brüder gegeben hatte. Einer von ihnen war Kaliqs Zwilling – Aarif. Und sie wusste, dass sich irgendwann eine Tragödie, den jüngsten Sohn betreffend, ereignet hatte. Galt er nicht seit seiner Kindheit als verschollen?
„Du meinst Zafir?“, fragte sie
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