Prinzessin auf den zweiten Blick
begannen Hunde zu bellen …
Kaliq horchte auf. Das Bellen der Wachhunde setzte eine Alarmglocke in seinem Hinterkopf in Gang, aber auch schon vorher hatte ihn ein vages Gefühl von Unbehagen beschlichen.
Aus einem plötzlichen Impuls heraus durchquerte er seine Suite mit großen Schritten und riss die Verbindungstür zu Elenis Zimmer auf. Und als sein Blick auf das leere Bett mit den zerwühlten Laken fiel, fühlte er seinen Verdacht bestätigt.
Sie war gegangen.
Das wütende Bellen verstärkte sich, und Kaliq spürte, wie sich seine Nackenhaare sträubten. Ohne weiter nachzudenken, hastete er aus dem Raum, die Treppe hinunter und aus dem Haus. Ein Versuch, seine Sicherheitsleute zu alarmieren, machte keinen Sinn, da sie unter Garantie schon vor ihm auf dem Weg waren, um festzustellen, was die Hunde aufgeschreckt hatte.
Und seinen persönlichen Bodyguards hatte er, im Hinblick auf eine romantische Nacht allein mit Eleni, freigegeben.
Während Kaliq durch den fallenden Regen rannte, versuchte er, mit den Augen die Dunkelheit zu durchdringen, und rief immer wieder ihren Namen.
„Eleni!“
Aber es kam keine Antwort. Sein Herz schlug schmerzhaft bis zum Hals, sein Magen krampfte sich vor Angst zusammen. Kaliq fühlte sich zurückversetzt in die Zeit, die er mit aller Gewalt aus seinem Gedächtnis hatte streichen wollen und es doch nie vermocht hatte. Und wieder spürte er die Panik und Verzweiflung, als ihm bewusst wurde, dass er Zafir, seinen kleinen Bruder, für immer verloren hatte. Altvertraute Gefühle von Macht- und Hoffnungslosigkeit schnürten ihm den Hals zu.
Was, wenn er heute zu spät kam, um Eleni zu retten?
Er sah etwas im Schatten der hohen Bäume aufblitzen und steigerte sein Tempo, obwohl das kaum noch möglich war. Aber er musste sie finden! Immer wieder rutschte er auf dem schlüpfrigen Gras aus, während der Regen ihn bis auf die Haut durchnässte.
„Eleni!“
Ja, sie war es tatsächlich! Als Kaliq näherkam, konnte er das bleiche Oval ihres Gesichts erkennen, und kurz darauf die Angst in ihren aufgerissenen Augen.
Und in der nächsten Sekunde brach auch schon die Hölle los!
Gleichzeitig mit den Hunden erreichte er die Baumgruppe, riss Eleni in seine Arme und schwang herum, um die angreifende Meute mit seinem breiten Rücken abzublocken. Dunkel gekleidete Männer tauchten wie Phantome um ihn herum auf, und als Kaliq über die Schulter nach hinten sah, hatten einige von ihnen bereits die Hunde zurückgerissen, während andere ihre Waffen direkt auf Eleni und ihn gerichtet hielten.
„Stop!“ Sein gebieterischer Befehl bremste sie förmlich aus, und sogar das wütende Bellen der Hunde brach schlagartig ab.
„H…Hoheit!“, stammelte sein persönlicher Bodyguard. „Ich … wir …“
Kaliq brachte ihn mit einer herrischen Bewegung zum Schweigen. Und auf eine zweite Geste hin zogen sich die Männer samt den Wachhunden kleinlaut zurück.
„Schau mich an, Eleni“, bat er sanft, nachdem es ruhig um sie herum geworden war.
Und das tat sie. Mit schwimmenden Augen sah sie zu ihm auf, und Kaliq spürte, wie ihre Schönheit und Sanftmut sein Herz öffneten.
Ein Prinz … gefangen genommen und besiegt durch ein Stallmädchen …
Es hätte nie passieren dürfen, aber es war geschehen. Ob nicht doch die gütige Hand des Schicksals eingegriffen hatte, um ihn zu heilen und ins Leben zurückzuführen?
Eleni hatte ihn mit seinen größten Ängsten konfrontiert. Furchtlos und voller Verständnis und Mitgefühl. Durch sie begriff er endlich, dass er nicht mehr hätte tun können, um seinen kleinen Bruder zu retten. Und durch Eleni hatte er auch gelernt, dass er Zafirs Andenken am meisten ehrte, wenn er sich wieder dem Leben zuwandte und versuchte, glücklich zu werden. Mit seiner kleinen Eidechse …
„Ich liebe dich, Eleni …“ Es kam ihm so leicht und selbstverständlich über die Lippen, dass Kaliq sich wunderte, warum er es ihr nicht schon viel früher gesagt hatte. „Willst du meine Frau werden?“
Vielleicht war es ja ein Zeichen, dass der Mond genau in diesem Moment hinter den Wolken hervorkam und Eleni die Liebe und Aufrichtigkeit in den dunklen Augen ihres Prinzen sehen konnte. Jetzt wusste sie, dass er jedes Wort so meinte, wie er es sagte. Heiße Tränen liefen über ihre Wangen, aber diesmal waren es Tränen der Freude.
„Ich liebe dich auch, mein Herz … mein Liebling … Kaliq …“, flüsterte sie, als er sich herabbeugte und die geraunten Liebesworte von ihren
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