Prinzessin auf den zweiten Blick
will ich dir deine Impertinenz nachsehen“, raunte er gegen ihren weichen Mund. „Küss mich, Eleni …“
Sie hätte vor Kummer und Schmach weinen können, aber die Genugtuung würde sie ihm nicht geben. Doch als er seine Lippen auf ihre legen wollte, drehte sie den Kopf zur Seite. Was blieb ihr, wenn sie ihm auch noch ihren Stolz opferte?
Langsam richtete er sich wieder auf. „Willst du mir damit irgendetwas sagen, Eleni?“
„Was sollte das sein?“, fragte sie traurig. „Es gibt doch nichts mehr zu sagen, oder, Kaliq? Nach all den schrecklichen Worten, die heute zwischen uns gefallen sind … wäre es nicht das Beste, es hier und jetzt zu beenden?“
Kaliq spürte einen heftigen Stich in seinem Herzen, der ihm den Atem nahm. Wovon, zur Hölle, redete seine kleine Eidechse da? Sie wollte ihn doch! Sie hatte ihn von Anfang an gewollt! Ebenso sehr wie er sie. Mehr als jede andere Frau vor ihr, das wurde ihm plötzlich mit schmerzhafter Klarheit bewusst.
„Denkst du das wirklich?“
Als sie nicht antwortete, ließ er sich vor dem Bett auf die Knie sinken und umfasste besitzergreifend eine runde Brust mit seiner Hand. Sie wehrte sich nicht, kam ihm aber auch nicht entgegen. Nur an den heftiger werdenden Atemzügen konnte Kaliq erkennen, dass sie seine Berührung nicht kaltließ.
„Eleni“, sagte er sanft. „Glaubst du wirklich, mir auf Dauer widerstehen zu können?“
„Ich … ich versuche es“, erwiderte sie ernsthaft und immer noch bemüht, ihre Tränen zurückzuhalten. „Doch wenn du darauf bestehst, mich zu verführen, wissen wir beide, dass ich dazu nicht imstande bin.“
Ihre Aufrichtigkeit überraschte ihn … aber warum eigentlich? War Eleni ihm gegenüber nicht immer ehrlich gewesen? Und gleichzeitig war sie stark genug, zuzugeben, dass sie ihm nicht widerstehen konnte …
Wie gern hätte er ihr in diesem Moment bewiesen, wie richtig sie sich selbst einschätzte. Nur um sie unter sich zu spüren, zitternd und voller Verlangen.
Doch plötzlich wurde ihm bewusst, was für ein schaler Sieg das wäre. Er würde ihn nicht befriedigen. Denn was er von Eleni wollte, war nicht nur ihre Leidenschaft und sexuelle Hingabe, sondern …
Ja, was eigentlich? Er wollte sie … ganz! Alles von ihr, was sie ihm immer so großzügig gewährte, wenn sie zusammen waren.
Und unbekannter Schmerz durchfuhr ihn wie ein scharfes Messer. Kaliq ballte die Hände zu Fäusten, um sich gegen die verstörenden Emotionen zu wehren, die ihn wie eine unaufhaltsame Flutwelle überrollten.
Emotionen, die begannen zu verdorren, als seine Mutter bei der Geburt seines jüngsten Bruders starb, und die er vollkommen verlor, nachdem derselbe kleine Bruder für immer verschwunden war …
Seitdem hatte Kaliq nichts und niemanden mehr so dicht an sich herangelassen, dass er hätte verletzt werden können.
Abrupt kam er auf die Füße und starrte grimmig auf Eleni hinab. „So, jetzt versuchst du also, das Spielchen aller Geliebten an mir auszuprobieren, Eleni? Indem du den Sex als Waffe gegen mich benutzt. Wie schnell du deine Lektion doch gelernt hast … Gratuliere, meine Schöne“, sagte er zynisch. Und dann ging er einfach davon.
Eleni schaute wie betäubt auf die Verbindungstür zu Kaliqs Zimmer, die er mit sanftem Nachdruck hinter sich geschlossen hatte.
Und jetzt erst setzte die Reaktion ein, die sie die ganze Zeit über unterdrückt hatte. Heiße Tränen strömten über ihr Gesicht. Am liebsten hätte sie ihre Qual laut herausgeschrien, und dennoch gab sie keinen Laut von sich, aus Angst, er könnte sie hören.
Sie musste hier raus, sonst würde sie ersticken!
Wie in Trance erhob sie sich von ihrem Bett, tauschte das seidene Nachthemd gegen Tunika und Hose, öffnete behutsam die Tür und lauschte auf den Flur hinaus. Sie wartete noch einen atemlosen Moment, ehe sie ihr Zimmer verließ, dann huschte sie lautlos die Treppe hinunter und durch den Hinterausgang aus dem Haus.
Eigentlich empfand sie die kühle Abendluft als angenehm und erfrischend. Trotzdem zog sie den weichen Kaschmirschal, den sie sich spontan über die Schultern geworfen hatte, vor der Brust zusammen.
Als sie zu Kaliqs Fenster hinaufschaute, sah sie das Licht brennen und dann plötzlich seine dunkle Silhouette hinter der erleuchteten Scheibe. Mit einem erstickten Laut wandte sie sich ab, und während sie sich immer weiter vom Haus und seinen Lichtern entfernte, spürte sie erste Regentropfen auf ihrem heißen Gesicht.
Und irgendwo in der Ferne
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