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Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Titel: Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Endl
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sahen sie nicht besser aus als vorher. Sie kämmte sich nur im äußersten Notfall.
    „Für wen soll ich mich denn kämmen?“
    „Du sehen“, mischte sich der zweite Robold ein.
    „Ja, das hast du vorher auch schon gesagt, dass ich es sehen werde.“ Es war zum Auswachsen mit den beiden Idioten!
    „Sehen ... Guter“, rang sich der angeblaffte Robold ab. „Guter Herrscher“, setzte er hinterdrein und deutete zur nächsten Tür. Auch sie war mit einer Sonne geschmückt. Aber wie! Über beide Flügeltüren breiteten sich die leuchtenden Strahlen aus. Sollte der Gute Herrscher dort drinnen sein?
    „Sonnensaal ... schön“, tat der Robold kund, während sein Kollege immer noch den Kamm vor Skaias Gesicht hielt.
    „Na gut“, sagte sie und griff nach dem Ding. Sollte das dahinten wirklich der Sonnensaal sein und sie würde ihn nur ordentlich gekämmt betreten dürfen, dann war das ein Notfall. Beherzt fuhr sie mit dem Kamm durch ihr Haargestrüpp. Sollte es ruhig ziepen! Angespannt presste sie die Lippen aufeinander, denn die Zähne des Kammes zogen und zerrten heftig, bis alles durchgeackert war.
    Fast feierlich gab Skaia das Folterwerkzeug dem Robold zurück. Der ließ seine Klappe zuschnappen und schritt in Richtung Tür. Skaia schwankte ein wenig, als sie ihm nachlief. Ganz geheuer war ihr die Vorstellung nicht, vor den Guten Herrscher zu treten. Aber der Sonnensaal! Der Sonnensaal! In ihm war die böse Macht der Nacht vor vielen Generationen zu Fall gebracht worden. Seither überstrahlte der Glanz der Sonne Solterra ohne Unterlass in seiner ganzen Herrlichkeit.
    „Das Erhabenste, was ich in meinem Dasein erleben durfte, war der un-, un-, unvergleichliche Sonnensaal“, hatte Skaias Mutter ihre Großmutter zitiert. „Trittst du ein, dann siehst du“, hier lächelte Skaias Mutter immer geheimnisvoll, „dann siehst du zunächst nichts. Denn Wolken umwogen dich, ballen sich zu Schafsgestalten, Löwenköpfen, zu fliegenden Fischen, fantastischen Geschöpfen. Schreitest du ohne Angst hindurch, zerstieben sie und geben dir den Blick frei. Neben dir, über dir ragen Säulen empor. Über viele Geschosse streben sie, gefasst in Silber und Gold, nach oben. Tragen dort einen Kreis weiblicher Wesen mit Schalen in den Händen. Obwohl du weißt, wie unerreichbar fern sie sind, nimmst du den Duft wahr, der aus den Schalen dringt. Ist er süß wie Honig? Hat er die bittere Note von Mandeln? Du kannst es nicht sagen. Leicht ist er. Flüchtig. Und sofort in deinen Sinnen. Rauch steigt auf. Streift durch die Zeichen und Buchstaben der weisen Texte, die sich hoch oben quer über den Säulenring spannen. Und dann: die Sonne. Sie füllt den Himmel, ist das Dach des Saales. Durchflutet ihn mit unendlichem Licht und wunderbarer Wärme. Die Menschen darunter sind winzig.“
    Sie waren vor der Tür angekommen. Als der Robold sie öffnete, hielt Skaia die Luft an. Licht strömte heraus. Skaia wurde hineingedrängt in blendendes Weiß. Sie sah nichts. Aber irgendwo ächzte es in kurzen, rhythmischen Abständen. Skaia wurde weiter geschubst. Sie spürte die metallene Hand ihres Hintermannes. Obwohl er hart gegen ihre Wirbelsäule drückte, war sie froh zu spüren, dass sie nicht alleine blind durch das Licht gehen musste. Das Ächzen kam näher. Es mischte sich mit einem anderen Geräusch. Einem spritzenden? Einem sprühenden? Plötzlich lief Skaia durch Nebel. Mit bitterem Geruch stieg er ihr in die Nase. Irritiert drehte sie den Kopf nach rechts. Von dort schien die Wolke zu kommen. Skaias Augen hatten sich allmählich an die Helligkeit gewöhnt. Sie nahm den Umriss eines dicken Rohres wahr, das hin und her schwang. Dabei gab es das monotone Ächzen von sich. Dazwischen stieß es Dampfwolken aus, die sich in diesem riesigen Raum aber rasch verloren. Beeindruckender waren die Säulen. Zahllose Säulen. Skaia legte den Kopf in den Nacken. Immer weiter führten sie hinauf. Stakten hinein in das Licht, das immer greller wurde, je höher Skaia blickte. Weit oben erahnte sie Körper. Aufrecht. Weihevoll. Und die Buchstabenbänder? Skaia ahnte sie nur, denn sie musste den Blick abwenden. Unerträglich. Wer konnte all die Helligkeit ertragen?
    Die Hand hinter ihr drückte und schob. Skaia blinzelte. Sie sollte sich auf das konzentrieren, was vor ihr lag. Sie hatte sowieso Mühe, dem zügigen Schritt des vorderen Robolds zu folgen. Unbeirrt steuerte er auf das Ziel zu. Von weitem sah Skaia nicht mehr als eine stattliche Anzahl weißer

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