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Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Titel: Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Endl
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In sich vollkommen verzogen, machte er auf Skaia den Eindruck, als ob er unter dem gleißend heißen Sonnenlicht dort oben stark gelitten hatte.
    „Oh ... schlecht ... schlecht“, murmelte Yaho. „So morsch ... Nicht ... schreien!“
    Skaia kam nicht dazu, über seine Worte nachzudenken, denn da stürzte noch ein Teil herab. Ein unterdrückter Aufschrei durchfuhr die Eingeweihten. Das Geschoss hatte den Kasten mit dem Allerheiligsten getroffen. Er kippte nach vorne. Der Siebenfache Sonnenkreis segelte über Yaho hinweg. Mit schreckgeweiteten Augen verfolgten Schrill, Streng und Düster, wie er scheppernd vor ihnen aufschlug. Sie hielten sich die Hände vor die aufgerissenen Münder, sahen stumm zu, wie die Kugelkette über den Boden polterte.
    Was hatte Skaias Geschrei da ausgelöst? Eine Welle aus Schuldgefühlen überschwemmte ihr Innerstes. Sie musste alles wieder gut machen. Yaho blickte ihr fragend in die Augen. Da griff Skaia, ohne weiter nachzudenken, nach dem Sonnenkreis. Warm fühlte er sich an. Aber in diesem völlig überheizten Saal wirkte wohl alles warm. Auf einer der Kugeln spürten ihre Finger etwas Erhabenes.
    „Du musst ihn dir umhängen“, dachte Skaia unwillkürlich. Nein, das dachte nicht sie. Die Katze! Aus schmalen Augenschlitzen blinzelte sie zu Skaia herüber.
    Auf der anderen Seite reckten die drei Eingeweihten die Arme zum Sonnenkreis. „Nein“, „Nicht“, „Auf keinen Fall“, formten ihre Münder.
    Doch Skaia hörte sie nicht. In ihren Ohren rauschte das Blut. Vor ihren Augen verschwamm alles in Gelb. Dann spürte sie, sah sie den Sonnenball. Wie er versank. Wieder und wieder versank. Orange erst, dann röter. Fast dunkel. Alles fing Feuer. Tiere sprangen durch die Flammen. Skaia musste fliehen. Obwohl sie keine Beine hatte. Ein Fisch geworden war. Oder ein Vogel. Wo waren die Flügel? Ein Auge glotzte aus einer goldenen Kugel. Schnappte mit metallenen Lidern nach ihr. Hilflos stolperte sie nach vorne. Da: der Gute Herrscher. Mühsam richtete er sich auf. Wie heiß die Kugeln geworden waren. Weg! Besinnungslos warf Skaia den Sonnenkreis Yaho in die Arme.
    „... das nicht!“, hörte sie hinter sich Schrill. Von überall rückten die Eingeweihten heran. Die Kleider klebten an ihr. Doch nichts war verbrannt. Was war geschehen? Und was geschah da mit Yaho? Seine Augen flackerten wirr. Die Wimpern drückten Tränen fort. Aus einem Mundwinkel rann ein Speicheltropfen. Tränkte die ausgedörrte Haut. Plötzlich schien ein großer Atem in den Körper des greisen Mannes zu fließen. Mit sicheren Händen hob Yaho den Siebenfachen Sonnenkreis in die Höhe ― und streckte den Kopf hindurch. Als mächtige Kette lag das Heiligtum um seinen Hals.
    „Aber Herr ...“
    „O Weitreichender ...“
    „Ihr könnt nicht ...“ Streng, Schrill, Düster und hinter ihnen die versammelte Schar der Eingeweihten umringten Yaho. „... zurück ...“, „ ... für alle am besten ...“, „... Zukunft Solterras ...“, „... nicht beirren ...“, „... in den Kasten ...“, redeten sie auf ihn ein. Mit tausend Fingern griffen sie nach ihm, zogen an seinen Kleidern, drückten ihn in seinen Sessel, rüttelten an ihm und wagten es doch nicht, den Sonnenkreis zu fassen.
    Da ließ Yaho den großen Atem wieder frei. Ein Basston, der anschwoll, immer weiter schwoll, lauter wurde, so laut, dass die Eingeweihten sich die Ohren zuhielten. Als es erneut Buchstaben vom Himmel hagelte, warfen sie die Arme schützend über ihre Köpfe. Flüchteten in alle Richtungen. Schrill robbte auf dem Boden davon. Streng rannte den Robold um, der immer noch die schreiende Katze festhielt. Der Maschinenmann stürzte, das Tier kam frei und sprang durch das scharfkantige Buchstabengeprassel. Düsters Kopf steckte im roten Kasten. Wie eine weitere Kapuze hatte ihn sich der Eingeweihte übergezogen. Bei jedem Buchstaben, der darauf donnerte, jaulte er.
    „Das sind ja ganze Bibliotheken, die es da regnet“, staunte Skaia und war froh, dass sie unter dem Sessel des Guten Herrschers Schutz gesucht und gefunden hatte. Obwohl auf die gleiche Idee auch eine ziemlich räudige Ratte gekommen war. Einige Tage zuvor hätte Skaia sich mehr darüber gewundert, dass die Ratte eine Kette mit goldenen Perlen um den Hals trug, aber langsam gewöhnte sie sich das Wundern ab.
    Um den Sessel verstreut lagen nicht nur Ypsilons und andere Buchstaben aus Eisen, sondern auch absonderliche Schriftzeichen aus fremden Alphabeten: rechteckige, kringelige,

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