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Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Titel: Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Endl
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praktisch. Man kam nicht in Verlegenheit, etwas genauer erklären zu müssen. Zumindest bei Simpel und Gimpel reichte diese Art des Sprechens völlig aus. Sie stellten keine weiteren Fragen. Sie hegten auch keinerlei Verdacht, was unter Skaias Pullover so auftrug. Auch an Lallah kam Skaia mit ihrem angeschwollenen Bauch problemlos vorbei. Sicher brachte sie ihre Eroberung ins Schlafzimmer und versteckte das Teil unter der Matratze. Als ob nichts gewesen wäre, setzte sie sich an den Schreibtisch und vertiefte sich in die Unterlagen zu Klirrs Stunde. Ganz genau studierte sie die Beschreibungen jener Zeremonie, die Aldoro morgen bevorstand. Ein Frösteln durchlief Skaias Körper. Es schüttelte sie bei dem Gedanken, was morgen geschehen würde. Was schief gehen konnte. Sie musste sich alles gut einprägen: wer wann in den Sonnensaal trat, wer wo warten musste, wer wen sehen konnte oder auch nicht. Sie prägte sich die entsprechenden Seiten im Weisheitslehrebuch so lange ein, bis die Stundenkugel zum Zubettgehen mahnte. Lallah, die kein Wort gesagt hatte, während Skaia am Schreibtisch saß, kam nun auf sie zugestürmt und präsentierte die Schlafmütze.
    „Perfekt!“, lobte Skaia, auch wenn es zweifellos ungünstig war, dass Lallah für die Bommeln ein schreiendes Neongrün gewählt hatte. Doch etwas Besseres würde Skaia nicht bekommen, und so setzte sie das wollene Ding mit einem extra erfreuten Lächeln auf. An einigen Stellen fühlte es sich feucht an, aber egal ― Skaia wollte die Mütze ja nicht wirklich zum Schlafen benutzen. Sobald sich Lallah zurückziehen würde, konnte sie die Mütze zum Trocknen neben das Bett legen.
     
    „Oh, die Mütze ist Ihnen vom Haar gerutscht“, bemerkte Lallah am nächsten Morgen.
    „Auch gut“, kommentierte Skaia, „dann müssen wir die Haare nicht so ausgiebig kämmen“.
    Sie fühlte sich unwohl. Beim Frühstück bekam sie kaum einen Bissen hinunter, und als sie sich ausbat, in Ruhe ihre Hausarbeiten zu beackern, machte Lallah Schwierigkeiten.
    „Ich kann ja inzwischen eine Mütze zum Wechseln für Sie stricken!“, schlug die Gesellschaftszofe vor.
    „Nein“, sagte Skaia.
    „Wollen Sie nicht wieder etwas Schwieriges aufmalen? Vielleicht mit wollenen Rüschen? Oder einer komplizierten Lochoptik?“
    „Nein“, wiederholte Skaia und spürte, wie Zorn in ihr aufstieg. Ungnädig schob sie Lallah aus dem Zimmer und schloss die Tür. Sie konnte jetzt niemanden gebrauchen. In den Gängen der Burg dröhnten die Fanfarenstöße aus den Lautsprechern. Es ging los. Unter der Matratze kramte Skaia den langen, weißen Kittel von Missjö Sufflee hervor. Dazu die Mütze, die sie sich tief ins Gesicht zog.
    Simpel und Gimpel waren die ersten, die ihr abkaufen mussten, dass sie einer der hochverehrten solterranischen Wissenschaftler mit Troddelkappe war ― und dass dieser Wissenschaftler aus einem Zimmer kommen konnte, in das er nie hineingegangen war. Mit einigem Räuspern legte Skaia ihre Stimme tiefer, trat rückwärts aus der Tür und brummte ins Zimmer hinein: „Ihr, werte Schwester Skaia, wart die erste, die mein Erscheinen aus dem Nichts bewundern durftet. Wie bin ich erbaut, diese von mir neu entwickelte Methode heute Eurem Bruder, dem neuen Guten Herrscher vorstellen zu dürfen.“ So geschraubt sprachen die gelehrten Männer doch immer, oder? „Gehabt Euch nun wohl, ehrwürdige Schwester, ich muss eilen, die Zeremonie beginnt.“ Damit schloss sie die Tür und ging raschen Schrittes, ohne einen Blick auf Simpel und Gimpel zu werfen, den Gang entlang. Ihr Herz pochte so laut, dass sie sich nicht sicher war, ob die Robolde ihr nicht doch misstrauisch folgten. Erst zwei Gänge weiter drehte sie sich um. Uff! Keiner da! Unter der Wollmütze war es ganz schön warm. Oder schwitzte sie so vor Aufregung? Vor ihrer Stirn baumelte eine der quietschgrünen Troddeln. Eigentlich hätte sie die Dinger wenigstens mit blauer Tinte aus ihrem Füller einfärben können. Warum fiel ihr das erst jetzt ein? Das einzige, was sie noch machen konnte ... Hoffentlich kam niemand um die Ecke und überraschte sie! So schnell sie konnte, wischte Skaia mit den bunten Bommeln über den Boden. Holte allen Schmutz aus den Ecken. Mit ihren Schuhen trat sie auf die grünen Wollkugeln. Schon leuchteten sie nicht mehr ganz so giftig. Lallah wäre entsetzt gewesen, hätte sie gesehen, was Skaia mit ihrer neuen Mütze anstellte.
    Im prächtigen Treppenhaus, das zum Sonnensaal hinaufführte, drängten sich

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