Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)
nickten.
„Und warum“, Skaia drehte sich erbost zum Prinzipal, „warum sagt ihr dann, dass keiner hier weiß, wie man zur Königin der Nacht kommt?“
„Weil es eben keiner weiß.“
Sie wurde zum Narren gehalten. Sie war nur das Publikum für eine sinnlose Vorführung. Noch sinnloser als die „Vogelkomödie“.
„Aber wir kennen den Weg zu Famma. Sie weiß am ehesten, wo die Königin zu finden ist. Zumindest kennt sie alle Gerüchte, die in Moxó in Umlauf sind“, erklärte Papa, während sich Schnock die Hände wie Riesenlöffel hinter die Ohren hielt und furchtbar aufmerksam dreinschaute.
„Wir haben vor einiger Zeit Papajano, einen der Papageni, zu ihr geschickt. Gerade die Königin wird Aufmunterung gebrauchen können ― dachten wir zumindest. Da er nicht zurückgekehrt ist, nehmen wir an, dass er den Weg erfahren und gefunden hat.“
„Wenn ihn nicht die Schwester von Famma auf dem Gewissen hat.“ Schnauz schüttelte sich, als grause es ihm.
„Wieso? Was ist mit der?“, fragte Skaia.
Papa klopfte ihr beruhigend auf die Schulter. „Ach, die ist nur für Männer eine Gefahr. Für dich nicht.“ An Schnauz gerichtet, meinte er scharf: „Sag so etwas bloß nicht, wenn Gura dabei ist. Sie hat sowieso die schlimmsten Befürchtungen, was aus Papajano geworden ist.“
Gura saß auf dem Ei und verriet Mikolo noch mehr über die Mondzeichen. Möglicherweise hörte sogar die Blaukappe aufmerksam zu. Jedenfalls schwebte sie still zwischen den beiden Köpfen.
„Früher war vieles anders. Da gab es auch noch mehr Birken-Persönlichkeiten.“
„Die, die direkt nach dem namenlosen Tag dran sind?“ Mikolo kannte sich inzwischen gut aus.
„Genau. Es sind meistens Leute, die klare Ziele haben und die Fähigkeit, sie durchzusetzen. Oft sind sie auch ein bisschen streng.“
„Und warum gibt’s da nicht so viele?“
„Ich weiß nicht. Vielleicht, weil sie als Planetensymbol die Sonne haben. Und die Sonne ist vor langem untergegangen in unserem Reich.“
Skaia war versucht zu sagen: „Da ist das Reich der Nacht ja wohl selber schuld.“ Dann aber musste sie an Papas Beispiel mit der rosa Brille denken und meinte nur: „Vielleicht gibt es bei uns zu Hause besonders viele Birkenmenschen. Vor lauter Sonnenschein kann man sich dort schließlich gar nicht retten.“
Mikolo blickte sie kritisch an. „Bei uns ist das total anders: Da geht morgens die Sonne auf, und wenn nicht gerade Heldenschule angesagt ist, hast du den ganzen Tag Zeit, um alles Mögliche zu unternehmen. Auf Berge klettern zum Beispiel. Von da oben siehst du irrsinnig weit. Wenn es immer nur Nacht wäre, würde das überhaupt nicht funktionieren. Umgekehrt ist es abends, nach Sonnenuntergang, viel leichter, im Obstgarten Äpfel oder Birnen zu klauen, ohne dass der Bauer es merkt.“ Grinsend blickte Mikolo zwischen Gura und Skaia hin und her. „Und dann, wenn man satt ist, kommt die Nacht mit dem Mond.“
Skaia fand die Vorstellung befremdlich, dass sich Sonne und Mond am Himmel abwechselten. Sie hakte nach: „Und wird es da auch dunkel? So wie es hier andauernd ist?“
Mikolo nickte. „Ja, genauso. Oder fast so. Hier gibt es einen Stern weniger, den hellsten nämlich, den Abendstern ... Manchmal, wenn ich Alpträume habe und vor Schreck aufwache, setze ich mich mit meiner Decke ans Fenster. Dann schaue ich mir den Mond an und den Abendstern, und dann suche ich mir den ‚Großen Wagen’“.
„Was für einen Wagen?“ Skaia sah ihn zweifelnd an.
„Das sind einige Sterne, die so angeordnet sind, dass sie aussehen wie ein Leiterwägelchen. Da oben siehst du sie!“ Er deutete mit dem Zeigefinger über sich in den Himmel.
Es dauerte eine Weile und etliche genauere Erklärungen, bis Skaia erkannte, was er meinte: ein Viereck und daran eine Art Deichsel, alles zusammengesetzt aus sieben Sternenpunkten.
„Dann stelle ich mir vor, wie ich damit über den Himmel reise und tolle Sachen auf den Sternen und Planeten entdecke. Bloß meiner Mama darf ich nie von den langen Reisen erzählen, weil sie sowieso meint, dass ich morgens viel zu schwer in die Gänge komme.“ Als er von seiner Mutter sprach, musste er schlucken. Aber wenigstens kam kein Schluchzen.
Das hatte Skaia oft genug gehört, als sie sich in Guras Wagen neben Mikolo zum Schlafen gelegt hatte. Jedes Mal wieder. Einmal hatte sie versucht, ihm zu erklären, dass es nichts half, traurig zu sein. Entweder er suchte nach einem Weg zurück in seine Welt, oder er
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