Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)
musste akzeptieren, dass seine Zukunft in Moxó läge. Zwar hätte sie ihm auch vorschlagen können, mit nach Solterra zu kommen, aber sie war sich ja nicht einmal sicher, ob ihre Mission gelingen würde. Außerdem war Mikolo uneinsichtig. Statt auf Skaias Worte zu hören, heulte er lieber weiter. Mit dem Ergebnis, dass weder er noch Skaia einschlafen konnte.
„Na, jetzt kannst du ja den ‚Großen Wagen’ die ganze Zeit anschauen“, meinte sie und erschrak im gleichen Moment darüber, wie pampig es geklungen hatte. Schnell setzte sie hinzu: „Ist doch schön, wenn wenigstens das sich nicht verändert hat!“
Gura seufzte und sagte: „Mikolo, du hast doch nicht nur den ‚Großen Wagen’. Du hast uns. Du kannst solange hier bleiben wie du möchtest.“ Es war Gura anzusehen, dass sie lieber gesagt hätte: „bis du einen Weg zurück findest.“ Aber sie hatte ja selbst schon erklärt, dass Javónien die Grenzen ‚dicht gemacht’ hatte.
Mikolo nickte und brachte ein mattes Lächeln zustande.
„Halt! Ich weiß etwas!“, entfuhr es Skaia. „Mikolo geht mit mir zu Famma!“
Gura drehte sich überrascht zu Skaia. Nach kurzem Zögern sagte sie: „Ja, warum nicht? Einen Versuch ist es wert ...“
Schnell klärte Skaia Mikolo auf, was ihr Papa, Schnauz und Schnock empfohlen hatten. „Und wenn diese Famma diejenige in Moxó ist, die am meisten weiß, dann kennt sie vielleicht sogar eine Möglichkeit, wie du zurückkommst.“
„Und glaubst du ...“
„Keine Ahnung. Wir müssen es ausprobieren!“
Mikolo saß stumm da. Was überlegte er noch? Skaia verstand ihn nicht. „Du kannst auch hier sitzen bleiben. Ich jedenfalls packe meine Sachen.“
Viel war es nicht, was sie mitnehmen würde. Ihre eigenen Kleider hatte sie inzwischen wieder an. Als sie bei Tabbi das Sklavinnen-Kostüm abgeben wollte, wurde sie von deren Reaktion überrascht: „Unsinn. Nimm es mit. Dann hast du wenigstens eine zweite Garderobe. Das ist ja furchtbar, wenn du mal deine Sachen waschen musst und nichts anderes hast. Und es steht dir auch so gut, oder nicht?“
„Kann ich denn auch etwas zum Wechseln bekommen? Ich gehe mit Skaia!“ Mikolo stand in der Wagentür, und sein Gesicht war rot vor Aufregung.
„Hm“, machte Tabbi und verzog die Mundwinkel. „Wenn du dein Blaulicht draußen lässt, können wir mal schauen, ob dir überhaupt etwas passt.“
Schnock und Schnauz sammelten Proviant zusammen, und Zettel spendierte einen alten Rucksack. Ein großer, dunkler Fleck zierte den Stoff am Boden. „Da ist mir mal Kaffee ausgelaufen“, meinte Zettel entschuldigend. „Und der Riss hier oben ist drin, seit ich damals die Riesenmelone gefunden habe. Fast hätten wir sie nicht mehr rausgekriegt aus dem Rucksack.“
Dann wurde gepackt. Als letztes kamen Mikolos Hose, sein Pulli und seine Jacke obendrauf. Denn das Kostüm, das er ergattert hatte, wollte er gleich anbehalten, auch wenn es, wie er bedauernd feststellte, nicht so exotisch war wie das von Skaia. Es gehörte zur Figur eines Hofrates aus der ungeliebten Operette „Eine Viertelstunde Stillschweigen“.
„Die spielen wir nicht mehr“, hatte Tabbi entschieden festgestellt. „Nur den Hut müsst ihr hier lassen. Den können wir vielleicht noch für ‚Die Hutmacherin oder Hals über Kopf’ gebrauchen.“
Das Kostüm passte Mikolo deshalb leidlich, weil es Kniebundhosen hatte, die für ihn gerade eine gute Länge ergaben. Die Hemdsärmel musste er hochkrempeln. Die Weste war unproblematisch, und der Umhang durfte ruhig weit um ihn herumflattern. „Wie ein Zauberermantel“, freute sich Mikolo und drehte sich begeistert im Kreis.
Der üppige, weiße Kreppkragen sah reichlich unbequem aus, aber immerhin würde er Skaia helfen, Mikolo nicht aus den Augen zu verlieren. Der Rest des Kostüms war nämlich schwarz und in der Nacht wahrlich schlecht zu erkennen. Wahrscheinlich wäre er nur in den kurzen, hellen Momenten, die immer noch ab und zu die Nachtwelt durchzuckten, sichtbar gewesen. Aber das würde nicht genügen.
Die ganze Truppe hatte sich versammelt. Als sie alle so dastanden, aufmunternde Bemerkungen machten, den beiden Reisenden die Hände reichten und sie umarmten, stieg Wehmut in Skaia auf. Sie hatte bisher nur an den baldigen Aufbruch gedacht, aber nicht daran, dass er auch ein Abschied sein würde. Gura zog sie so fest an sich, dass Skaia glaubte, hinter dem weichen Stoff des Kleides den Herzschlag der alten Frau zu spüren.
Dann drückte ihr Gura
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