Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)
...“, gab Yaho zu Bedenken.
Es war Mikolo anzusehen, dass er dennoch gerne einmal Fledermaus gespielt hätte.
„Yaho, komm mit zurück nach Solterra!“, sagte Skaia fast tonlos.
„Nein“, erwiderte er. „Aber ich komme mit dir in den Eispalast, wenn du ihn öffnest!“
„Öffnen? Warum sollte ich?“
„Weil du dazu ausersehen bist. Weil die Reiche zugrunde gehen. Weil die Sonne alles versengt und der Mond verlischt. Was vermögen ausgedörrte Hirne? Wie lange überleben Herzen im Dunkel? Unsere Zeit zerrinnt, und wer sonst außer dir ...“
„Wieso ich?“ Am liebsten wäre sie aufgesprungen, aber dafür war es in dem Fass zu eng.
„Die Katze hat dich ins Reich der Nacht geholt.“
„Ja, aber warum ausgerechnet mich?“
„Weil sie gefühlt hat, dass du die Richtige bist, nehme ich an. Weil du zur Familie gehörst. Wir sind alle vom selben Blut: du, dein Bruder, ich, die Königin der Nacht.“
Skaia ertrank fast in Yahos Augen. Sie waren so dunkel wie die von Aldoro.
„Außerdem“, warf Mikolo überraschend ein, „bist du am ‚Namenlosen Tag’ geboren, und Gura hat gesagt, dass ...“
„Ich weiß, was sie gesagt hat. Aber muss ich alles glauben, was man mir sagt?“
Doch Mikolo ließ sich nicht beirren: „Immerhin stammst du in direkter Linie von dieser Pamina ab und damit von der Königin. Sonst wäre dein Bruder ja auch nicht Guter Herrscher geworden! Oder habe ich das falsch verstanden?“
„Aber ich bin deshalb noch lange nicht verpflichtet, einen Eispalast zu öffnen, in den ich nicht hinein will.“
Yaho legte ihr eine Hand auf den Arm. Am liebsten hätte ihn Skaia sofort weggezogen. Aber sie ließ ihn liegen und spürte Yahos trockene Haut.
„Als du in den Sonnensaal geführt wurdest, dachte ich noch nicht an das alte Orakel. Dabei war es so eindeutig: ‚Ein Kind tanzt auf wilden Wegen und lacht. Am Karussell blähen die Pferde die Nüstern. Reiten bald wieder. Das Mädchen zieht an ihren Mähnen und lacht. Noch weiß es nichts vom dunklen Reich der Ahnen, vom Schatz in seinen Händen, von Mächten, alt wie die Welt, von grimmigen Grinsern und den Kulissenschiebern des Schicksals. Noch weiß es nichts von sich selbst, von der Prinzessin der Nacht.’“ Bedeutungsschwanger sah Yaho sie an.
Skaia saß mit offenem Mund da: Das war das Orakel? Sie schluckte und meinte: „Es sagt gar nichts darüber aus, was passieren wird.“
„Doch, in seinen ersten Zeilen: ‚Es wartet die Nacht, im Eise erstarrt. Strahlend verzehrt sich der Tag. Das Silberlicht schwindet, die Schatten werden stärker. Noch sind die Eingeweihten blind, noch ist die Königin gefangen.’ Und am Ende heißt es: ‚Doch der Sonnenkreis ist bereit. Das Mondauge öffnet sich.’“ Yaho legte auch noch seine zweite Hand auf Skaias Arm.
Fest spürte sie seinen Griff. Mehr noch jedoch die Kraft, mit der er ihr in die Augen schaute.
„Die beiden Heiligtümer müssen wieder zusammenkommen. Den Sonnenkreis haben wir, Skaia. Das Mondauge hat sie.“ Er zog ihren Blick mit sich zum Eisberg.
„Mondauge? Welches Mondauge denn?“
„Ja“, Yaho seufzte bitter, „das Mondauge haben unsere Ahnen so nachhaltig aus der solterranischen Geschichtsschreibung getilgt, dass es vergessen ist. Auch mir hat erst der Sonnenkreis ins Bewusstsein gebracht, dass es ihm fehlt, dass es ihm einst entrissen wurde.“
Skaia blickte zweifelnd. Der Sonnenkreis schien unversehrt.
„Ich sage dir: Es war ein unglücklicher Tag, an dem L’unio das Mondauge und den Sonnenkreis trennte.“
Skaia hatte davon noch nie gehört.
„Du glaubst es nicht?“, fuhr Yaho sie an. „Dann spür es selbst.“ Mit hartem Griff zerrte er ihre Hand hin zum Sonnenkreis, bis ihre Finger an eine der Kugeln stießen.
Skaia schrie auf. Licht und Hitze durchfluteten sie. Und sie hörte Yaho rufen: „Nicht diese Kugel. Die hier!“ Sie fühlte eine zweite Kugel. Unwillkürlich griff sie nach ihr. Und während sie in einem Traum aus Helligkeit und schwüler Wärme zu schweben schien, ertasteten ihre Finger erhabene Zeichen auf der Oberfläche der Kugel. Ganz klar war die Botschaft: „Denk an den Mond.“
Das Licht erlosch augenblicklich, als Skaia losließ. Schwärze fiel auf sie nieder.
„Was war denn?“, flüsterte Mikolo, hörbar erschrocken. Als ob sie es hätte sagen können ...
„Das war das, was der Sonnenkreis selbst sagt. Immer schon. Eingeprägt in die vierte Kugel. Sie vermisst ihr Gegenüber.“
Skaia hatte sich soweit wieder an die
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