Prinzessin Kate
wurde.
Nach Clifton College war die Verlockung, nach Hause zurückzukehren, sehr groß, und Noel zog zurück in den Norden; er besuchte die Leeds University, bevor er der Familientradition folgend Anwaltsgehilfe wurde. Mit seinen vier älteren unverheirateten Schwestern Olive, Ellen und den Zwillingen Caroline und Gertrude sowie drei Hausangestellten wohnte er in dem Haus in Hyde Terrace, das sie von ihren Eltern geerbt hatten. Gertrude war sehr religiös und künstlerisch begabt; sie schmückte bebilderte Handschriften aus und bestickte Altartücher.
Die Familie verbrachte viele Ferien zusammen in Filey, wo sie ein Schicksalsschlag traf. Eines Sommers, Noel war gerade 20, machten sie einen Spaziergang am Filey Brigg, einer felsigen Landzunge, die sich etwa 1600 Meter ins Meer hinein erstreckt. Zurück an der Küste stellten sie zu ihrem Entsetzen fest, dass ihre jüngste Schwester Margaret, damals gerade 18 Jahre alt, verschwunden war. Ihr Leichnam wurde nie gefunden und die Familie kehrte aufgewühlt durch ihr Verschwinden nach Leeds zurück.
Wie sein Vater und Großvater vor ihm arbeitete Noel sich vom Rechtsanwaltsgehilfen zum Anwalt empor (er erhielt die Zulassung 1903 mit 25 Jahren) und hielt Kontakte zur Oberschicht von Leeds. Oft fand man ihn auch in London, in seinem Club in Mayfair, dem Albemarle. Kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges kaufte er sich ein Haus im Dorf Roundhay. Dort kreuzten sich seine Wege mit denen der schönen Olive Lupton, die einer von Leeds’ reichsten und angesehensten Familien entstammte. Diese Verbindung verhalf Noel zu ungeahntem Erfolg und Reichtum und führte seine Nachkommen an die Tore des Buckingham Palace.
Kapitel 7
Die Luptons, 1847–1930
Der 6. Januar 1914 war ein bitterkalter Wintertag. Dennoch hatte sich alles, was in Leeds Rang und Namen hatte, in der Mill Hill Unitarian Chapel im Stadtzentrum versammelt, um die Hochzeit einer jungen Frau aus einer der besten Familien zu feiern.
Der Stadtrat Francis Martineau Lupton – einer von vier Brüdern, die im 19. Jahrhundert dieses Amt in der Stadt innehatten – vermählte seine älteste Tochter Olive, 32, mit Noel Middleton, 35, der einer Familie erfolgreicher und wohlhabender Rechtsanwälte entstammte. Sie gaben ein hübsches Paar ab. Olive war eine dunkle Schönheit mit klaren Gesichtszügen, Noel hatte braunes Haar und haselnussbraune Augen. Unter den Augen ihrer Freunde und Familien legten Kates Urgroßeltern in der gotischen Kapelle ihr Ehegelübde ab und gedachten jener, die nicht mehr bei ihnen sein konnten. Beide hatten schmerzliche Verluste hinnehmen müssen – Noel war mit zehn Jahren Waise geworden, und auch Olive hatte schon als Kind ihre Mutter verloren –, und sie fühlten sich auch durch diese Erfahrung verbunden. Ihre Ehe war eine der letzten, die in der Kapelle vor Kriegsausbruch im August 1914 geschlossen wurden.
Olive Lupton entstammte einer bekannten aristokratischen Familie in Leeds, die es im 18. Jahrhundert im Wollhandel zu Wohlstand gebracht hatte und in den besseren Kreisen verkehrte. Ihre Großmutter väterlicherseits, Fanny, war eine direkte Nachfahrin von Sir Thomas Fairfax, einem Oberbefehlshaber des Parlamentsheers im englischen Bürgerkrieg. Auch Prinz William stammt über die Spencer-Linie von Fairfax ab, was heißt, dass Kate und William entfernt miteinander verwandt sind. Sie sind, genau betrachtet, Cousine und Cousin 15. Grades.
Als Tochter des Arztes Thomas Greenhow und seiner Ehefrau Elizabeth Martineau hatte Fanny Verbindungen zu vielen großen Wohltätern und Denkern ihrer Zeit. Sie war eine Nichte der Autorin, Philosophin und Feministin Harriet Martineau, die mit Florence Nightingale, Charlotte Brontë, George Eliot und Charles Darwin verkehrte, und eine Cousine zweiten Grades von Guy Ritchies Ururgroßvater William Martineau. Dessen Enkelin Doris McLaughlin heiratete den Kriegshelden Major Stewart Ritchie, einen Seaforth Highlander, der im Ersten Weltkrieg mit dem Military Cross ausgezeichnet wurde. Damit hat Kate nicht nur aristokratisches Blut in ihren Adern, sondern auch Verwandtschaftsbeziehungen zum Hollywood-Adel.
Die Firma der Familie, William Lupton & Co., gegründet 1773, war bei der Schließung 1958 das älteste Unternehmen der Stadt. Fannys Ehemann Frank Lupton hatte die Firma ausgebaut: Er kaufte (gegen den Willen seiner Frau) eine alte Tuchmühle und stellte sie Webern zur Verfügung, die ihm ihr Tuch jeden Freitag zur Prüfung in den Laden brachten.
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