Prinzessin oder Erbse
männliche Stimme aus Richtung Tür und jagt mir einen Schauer über den Rücken.
»Wenn man vom Teufel spricht«, sagt Matthias, während Marions braune Augen zu leuchten beginnen.
»Hallo, David!«, haucht sie und lässt sich von ihm auf die Wange küssen, die daraufhin von einem rosa Hauch überzogen wird. Während sich die beiden Männer die Hände schütteln, atme ich tief durch und wappne mich für den mir bevorstehenden Anblick. Dann wende ich mich David zu und lächele ihn an. Er sieht noch besser aus, als ich ihn in Erinnerung habe, irgendwie verschlafen und zum Anbeißen süß. Seine Augen haben diesen leichten Glanz, und ich bilde mir ein, dass seine Haut am ganzen Körper noch warm von der Nacht ist. Wenn ich meine Hand auf seinen Nacken legen könnte … Okay, diese Art von Gedanken tragen nicht gerade dazu bei, meine Aufregung in den Griff zu bekommen.
»David, wir wollen gar nicht lange stören, aber ich
dachte, bevor der Trubel losgeht, stelle ich dir kurz meine neue Assistentin vor, das ist …«
»Fanny«, vollendet David und gibt mir die Hand. »Hallo.« Mein Herz macht einen Hüpfer und entgegen aller Vorsätze fühle ich, wie mir das Blut in die Wangen schießt.
»Ach, ihr kennt euch?«, fragt Matthias mit einem anzüglichen Grinsen. Sag etwas, Fanny, irgendwas, befehle ich mir selbst, aber mir will partout nichts Eloquentes einfallen. Was mein Chef wohl für Schlüsse zieht, wenn ich hier, zur Salzsäule erstarrt und mit knallroter Birne, David Mory anschmachte?
»Wir sind uns gestern schon begegnet.« David lächelt mich an. »Offensichtlich war das Vorstellungsgespräch ein Erfolg.«
»Äh, ja«, nicke ich. »Offensichtlich.« Ich wünsche mir ein großes, schwarzes, alles verschlingendes Erdloch herbei, in das ich versinken kann. Aber die Erde tut mir den Gefallen nicht. Stattdessen ertönt jetzt Nadjas erhobene Stimme aus der Kabine und lenkt die Aufmerksamkeit von mir ab. Auch wenn sie so schön ist, dass man sie als Normalsterbliche eigentlich hassen muss: Ich liebe diese Frau.
»Müssen wir das schon wieder durchkauen? Wie oft soll ich dir noch sagen, dass ich es nicht ändern kann? Wie bitte? Das kann doch nicht dein Ernst sein … Warte, leg nicht auf. Hallo? Verdammt. Verdammt!« Es scheppert laut in der Kabine, als hätte jemand gegen einen Stuhl getreten, und dann herrscht Stille. Betreten sehen wir einander an, David lässt meine Hand los und sagt schnell: »Willkommen an Bord. Ich zieh mich dann auch mal um.« Damit verschwindet er in einer der Umkleiden.
»Wir gehen wieder hoch«, sagt Matthias, als Nadja mit Schwung den Vorhang zurückreißt und aus der Umkleide stürzt. Beim Anblick ihres makellosen Körpers in schwarzer Spitzenunterwäsche bleibt mir, und ich möchte wetten allen Anwesenden ebenfalls, die Luft weg. Ohne sich daran zu stören, kommt sie in langen Schritten auf Marion zu und wedelt ihr mit einer zusammengeknüllten Bluse vor der Nase herum.
»Die Bluse ist nicht gewaschen«, sagt sie scharf, und ich zucke angesichts ihres Tonfalls zusammen. Marion wird ganz blass um die Nase.
»Doch, natürlich.«
»Sie stinkt«, behauptet Nadja, während die Garderobiere ihr das Kleidungsstück abnimmt.
»Ich habe die Bluse gestern eigenhändig gewaschen und gebügelt.« Obwohl sie sich um einen ruhigen Ton bemüht, bemerke ich das Zittern in ihrer Stimme.
»Diese Bluse stinkt, und ich werde sie nicht anziehen.« Nadjas eben noch so sanftmütige Augen sprühen Gift und Galle. Marion schnüffelt an der Achselnaht der Bluse herum.
»Sie riecht nach Weichspüler.«
»Erst lässt du mich eine Ewigkeit warten, weil du mein Kostüm verschlampt hast und dann ist es nicht einmal frisch gewaschen«, faucht Nadja die arme Marion an, die jetzt am ganzen Leib zu zittern beginnt.
»Aber sie riecht doch gut.« Damit wirft sie mir einen hilflosen Blick zu und hält mir das Stück unter die Nase. Es duftet nach Frühlingswiese. Aber darf ich das jetzt sagen? Ich befinde mich auf einmal in einer schrecklichen Zwickmühle. Drei Augenpaare sind auf mich gerichtet. Mein Chef legt den Kopf schief und sieht mich
abwartend an. Von dort habe ich also keine Hilfe zu erwarten. Natürlich müsste ich jetzt einfach die Wahrheit sagen, nämlich, dass die Bluse frisch gewaschen riecht, aber irgendetwas hält mich davon ab. Plötzlich habe ich Angst vor dieser schönen Frau, die vor einer Minute noch so nett war und jetzt in ihrer schwarzen Unterwäsche vor mir steht wie ein Racheengel. Bevor
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