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Prinzessin oder Erbse

Prinzessin oder Erbse

Titel: Prinzessin oder Erbse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Voosen Jana
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sowieso den Kürzeren ziehen würde.
    Trotz meines guten Vorsatzes habe ich auch heute mein Arbeitsoutfit mit großer Sorgfalt ausgewählt. Dummerweise eignen sich Jeansrock und hochhackige Stiefel nicht besonders gut, um damit auf den Knien rumzurutschen und die Ablage zu machen. Meine Fußgelenke tun weh, und ich habe eine riesige Laufmasche in der Strumpfhose. Dafür habe ich mich aber bis zum Nachmittag durch sämtliches Material gewühlt, und mein Chef ist zufrieden mit mir.
    »Ich hätte nicht damit gerechnet, dass Sie so schnell sein würden«, meint er anerkennend, als ich den letzten, sauber beschrifteten Ordner in das Regal schiebe. »Ihre Vorgängerin war lange nicht so produktiv.«
    »Danke«, sage ich erschöpft. »Was passiert damit?« Ich deute auf die Stapel von Zeitschriften, aus denen ich
fein säuberlich jede Zeile über David, Nadja oder einen der anderen Schauspieler herausgetrennt habe.
    »Kommt ins Altpapier.«
    »Aha, ja, gut.« Erschöpft lasse ich mich auf meinen Schreibtischsessel fallen. Mir tut jeder einzelne Knochen weh. Während ich versuche, meine verspannten Muskeln zu lockern, spüre ich Matthias Blick auf mir ruhen.
    »Der Altpapiercontainer ist unten vor der Halle 3«, erklärt er und nickt mir aufmunternd zu. Wie bitte? Soll ich jetzt etwa die Zeitschriften da runterschleppen? Das kann doch nicht sein Ernst sein. Ich warte einen Augenblick, ob sich mein durchtrainierter und zwei Meter großer Chef nicht doch noch dazu durchringen kann, ein Gentleman zu sein, aber es sieht nicht so aus. Ein Stöhnen unterdrückend, stehe ich auf, verfluche jeden einzelnen Zentimeter meiner Absätze und greife nach den Zeitschriften. Dass Papier aber auch so schwer sein muss. Ächzend richte ich mich auf und sehe, wie Matthias einen amüsierten Blick auf den nicht besonders hohen Stapel in meinen Armen wirft.
    »Halle 3 ist ein Stück weg. Sind Sie sicher, dass Sie so oft laufen wollen?« Ich spüre, wie die Wut in mir hochwallt, aber ich beherrsche mich und sage zuckersüß: »Ich hatte vor einem Jahr eine Leistenbruch-OP, und mein Arzt hat mir verboten, schwer zu tragen.«
    »Ach so, ja, dann seien Sie lieber vorsichtig.« Matthias wendet sich wieder seinem Computer zu.
    »Ja, danke«, sage ich bissig und mache mich auf den Weg zur Halle 3.
    Davor ist weit und breit kein Altpapiercontainer zu entdecken. Mir bleibt nichts anderes übrig, als einmal
komplett um das Gebäude herumzulaufen. Als ich um die Ecke biege, renne ich beinahe in Felix’ Fensterputzwagen hinein. Er selber steht im dunkelgrünen Overall, ein umgekehrtes Käppi auf den halblangen Haaren sitzend, oben auf seiner Leiter, schäumt mit Hingabe die Fensterscheibe ein und summt eine Melodie. Wahrscheinlich träumt er von Nadja.
    »Hallo, Felix.« Er fährt herum, verliert das Gleichgewicht und fällt mit einem Aufschrei in die Hecke unter der Leiter. Obwohl der Sturz nicht ganz ungefährlich aussah, kann ich nur mit Mühe ein Lachen unterdrücken.
    »Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken. Bist du okay?« Sekunden später taucht sein Kopf auf, und er schaut kläglich zu mir hoch.
    »Schon gut. Passiert mir nicht zum ersten Mal!« Mühsam rappelt er sich auf und macht Anstalten, über die Hecke zu mir herüberzuklettern.
    »Bist du sicher, dass es eine gute Idee für dich ist, auf einer Leiter zu arbeiten?«, kann ich mir nicht verkneifen, was mir einen bösen Blick von ihm einbringt. »’tschuldigung, ich mein ja nur.« In diesem Moment entdecke ich eine blutige Schramme auf seiner Stirn. »Du bist ja verletzt.«
    »Nur ein Kratzer«, winkt er ab. »Und, wie gefällt dir dein neuer Job?«
    »Ganz gut.« Ich merke selbst, wie wenig begeistert das klingt. »Ich glaube, wenn ich die Tonne Altpapier aus dem Büro zum Container gebracht habe, geht es mir besser«, füge ich deshalb erklärend hinzu. Meine Arme fühlen sich unter der Last schon ganz taub an. »Weißt du, wo der ist?«

    »Da drüben.« Mit der Hand deutet er ein paar Meter weiter.
    »Gott sei Dank«, stöhne ich. »Bis gleich! Ich komme schätzungsweise noch zehnmal bei dir vorbei!«
    »Warte, ich helfe dir.« Er nimmt mir den Stapel ab.
    »Vielen Dank«, sage ich erleichtert. »Das ist echt nett von dir. Aber musst du nicht weitermachen?«
    »Später.« Mit Schwung landen die Klatschzeitschriften im Container. Gemeinsam gehen wir zurück in die Presseabteilung. Wirklich toll von ihm, mir so ohne zu zögern zur Hilfe zu eilen. Da sollte sich mein Chef mal ein

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