Prinzessin oder Erbse
Seitenblick zu.
»Es sah aber so aus«, gibt sie zurück.
»Natürlich. Das ist doch der Sinn der Sache. Falls ich dich erinnern darf, wir sind ein glücklich wiedervereintes Paar. Und wenn du nicht so ein Gesicht ziehen würdest, dann müsste ich dich auch nicht küssen, um den Leuten unsere Beziehung glaubhaft zu machen.«
»Tut mir leid. Es ist nur … Alex und ich hatten wieder Streit.«
»Ach, Nadja«, sagt David mitfühlend und nimmt sie in den Arm. Dieses Mal nicht für die Presse. Sondern als Freund. Es versetzt mir einen leisen Stich, aber tatsächlich fällt Nadjas eisige Miene, und sie sieht plötzlich erschöpft aus. »Ich weiß, es ist nicht leicht für dich. Für mich übrigens auch nicht.« Wieder ein schneller Blick in meine Richtung. »Aber wir sind uns doch beide einig, dass es so am besten ist. Du willst doch dein Privatleben schützen? Außerdem haben wir einen Vertrag unterschrieben. «
»Ich weiß. Aber wenn Alex diese Knutschfotos von uns sieht, dann streiten wir wieder. Und ich will das einfach nicht mehr.« Sie tut mir jetzt richtig leid. Am liebsten würde ich ihr meine Hand auf den Arm legen und ihr anbieten, dass ich mal mit ihrem Alex reden könnte. Weil ich doch in der gleichen Situation bin. Aber davon weiß Nadja ja noch gar nichts. Wieso eigentlich nicht?
»Immer noch besser als Bilder von dir und Alex in der Klatschpresse. Das würde eure Beziehung mit Sicherheit noch mehr belasten. Na komm«, er schiebt sie
ein wenig von sich weg und lächelt ihr aufmunternd zu, »wir gehen jetzt da rein und schauen uns den Film an.«
»Okay.« Sie nimmt seine Hand, wischt sich eine Träne aus dem Gesicht und wendet sich im Weggehen noch einmal mir zu. »Tut mir leid. Danke für die Cola.«
»Gern geschehen«, murmele ich und folge den beiden kopfschüttelnd.
Wenn man sich nicht allzu genau mit der eigenen Situation befassen möchte, sollte man Kinosäle meiden. Eingelullt von der Dunkelheit und dem flackernden Licht der Leinwand beginnt mein Gedankenkarussell wieder zu kreisen. Immer wieder schiele ich zu dem Pärchen an meiner Linken herüber, das während des ganzen Films Händchen hält. Ist das denn wirklich nötig? Als würde irgendjemand darauf achten, von mir einmal abgesehen. Eifersüchtig beobachte ich Davids Daumen, der hin und wieder über Nadjas Handrücken streichelt. Wieso tut er das, während seine Freundin zwei Plätze weiter sitzt? Könnte er nicht ein bisschen Rücksicht auf mich nehmen? Von Sekunde zu Sekunde fühle ich mich elender, und schließlich beuge ich mich zu Nadja hinüber und wispere: »Es tut mir leid, ich fühle mich nicht besonders gut. Ich glaube, ich gehe nach Hause. Kommt ihr zurecht?«
»Klar. Gute Besserung«, flüstert sie zurück, als hätte sie mich nicht eben noch wegen einer blöden Cola zusammengestaucht.
»Ja, danke.« Ohne David eines Blickes zu würdigen, stehe ich auf und drängele mich an meinen Sitznachbarn vorbei.
»Entschuldigung, Verzeihung, tut mir leid.« Vor dem
Kinosaal empfängt mich das grelle Neonlicht. Ich blinzele ein wenig, um mich an die Helligkeit zu gewöhnen, und gehe dann in Richtung Snackbar. Ich werde mir jetzt einen großen Eimer Popcorn, süß und salzig gemischt, kaufen und mich damit zu Hause vor den Fernseher knallen. Missmutig sehe ich an mir herunter. Der ganze Aufwand für nichts. Wozu ruiniere ich mir die Wirbelsäule mit diesen Absätzen, wenn mein Freund mit einer anderen im Kino herumkuschelt?
»So, bitte sehr, wollen Sie es als Menü mit einem Getränk dazu?«
»Ja. Cola, bitte«, sage ich trotzig. Sie stellt mir einen Eineinhalb-Liter-Becher vor die Nase. 165 Gramm Zucker, denke ich befriedigt.
»Das macht zehn Euro, bitte.«
»Ich dachte, dir ist schlecht«, erklingt in diesem Moment Davids Stimme hinter mir, und ich lasse vor Schreck beinahe mein Popcorn fallen.
»Ich habe nicht gesagt, dass mir schlecht ist, sondern dass es mir schlecht geht.«
»Was hast du denn?« Er mustert mich besorgt.
»Einen Freund, der vor meinen Augen mit Nadja knutscht«, rutscht es mir heraus.
»Aber doch nur für die Fotografen.«
»Und der im Kino mit ihr Händchen hält. Im Dunkeln. Wo weit und breit kein Fotograf zu sehen ist.«
»Jetzt komm schon, Fanny«, sagt er und macht einen Schritt auf mich zu. Dann bremst er sich selbst in seinem Impuls, mich an sich zu ziehen und sieht ein wenig verunsichert umher. Aber außer der Verkäuferin an der Snack-Bar, die gelangweilt auf ihrem Kaugummi herumkaut, ist niemand
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