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Prinzessinnensöckchen (German Edition)

Prinzessinnensöckchen (German Edition)

Titel: Prinzessinnensöckchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolin Benedikt
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Nachricht, Pohland sei mit einem Söckchen erstickt worden, noch lange zehren. Das Café »Alt-Oberwied« war, wie nicht anders zu erwarten, »wegen Trauerfall geschlossen«. Carmen fotografierte es für ihren Bericht. Sie entsann sich, einige Male mit Studienkolleginnen dort gewesen zu sein, ein nettes Café, keine Frage, etwas altmodisches Flair, aber genau das machte wohl seinen Reiz aus.
    Lecker abgefüllt und mit neuen Informationen fuhr sie ins Büro, wo sie eine weitere freudige Überraschung erwartete. Köhler war außer Haus. Auf ihrem Schreibtisch lag zwar die übliche Drohnotiz – »Bis halb vier steht der Bericht oder Sie fliegen!« – doch es hätte Carmen enttäuscht, wenn sie nicht da gelegen hätte. Sie schätzte das Geregelte des Berufslebens.

6

    Heute hatte Emily aufgepasst und war an der richtigen Haltestelle ausgestiegen. Dennoch schaute sie sich um, wegen der Frau und überhaupt, gestern Abend, das mit dem dritten Steinchen an der Fensterscheibe. Hanna und sie waren lange nicht eingeschlafen, eng umschlungen, das tat gut.
    »Ich habs!«, hatte Hanna am Morgen gesagt, als sie beide im Badezimmer vor dem Spiegel standen und gegenseitig ihre Makeups begutachteten. »Du hast irgendwie ein Paar Söckchen von dir in der Hütte vergessen, verschlampt halt, und die lagen dann dort, als der Pohland... Jedenfalls hat das nichts mit uns zu tun.« Emily nickte. Klang doch gut. Hanna eben, voll cool. Sie tauschten die Lippenstifte und Emily lachte, als Hanna damit ein Herzchen auf den Spiegel malte.
    Aber ihr Knie sah wirklich verboten aus. Als wäre ein Stück Fleisch herausgerissen, etwas Kruste hatte sich gelöst, es blutete ein wenig. Gott sei Dank hatten sie Mercurochrom und genug Pflaster in der Hausapotheke. »Aua, das brennt wie Sau!«, beschwerte sich Hanna. Musste aber sein. Geschwollen war es auch.
    Die Schulstunden zogen sich wie Kaugummi, nur Kaugummi schmeckte besser. »Ich setz mich nach der vierten ab«, kündigte Hanna an, »scheiß Bio, ich hasse die Tante.« Emily fand Frau Schwitters ganz okay, sagte es aber nicht. »Kommst du heut Mittag zu mir?«, fragte sie. »Nee, komm du zu mir, ich hab keinen Bock, unnötig durch die Gegend zu humpeln.« Pünktlich nach der vierten Stunde klagte Hanna über heftiges Magenweh und wurde für diese beeindruckende schauspielerische Leistung mit der Freistellung vom restlichen Unterricht belohnt. »Kommst so um vier, da hab ich sturmfrei«, flüsterte sie Emily im Vorübergehen zu.
    Jetzt war es gleich halb vier und Mathe immer noch nicht gemacht. Würde sie später sowieso nicht brauchen. Gab doch Taschenrechner. Und wann sollte sie einmal »Vektoren im dreidimensionalen Raum« berechnen müssen? »Geile Mädchen wie wir brauchen kein Mathe, das brauchen nur ungeile Jungs«. Stimmte wohl.
    Mal schauen, was sie anziehen würde. Wenn Frauen sich modeln, kann ihnen das Wetter egal sein. Sagte nicht Hanna, sagte ausnahmsweise mal sie, Emily, die Schüchterne. Das Wetter war solala. Es regnete zwar nicht mehr wie am Morgen, aber ein kräftiger Wind wehte, es war kühl. Also das blaue Chintz-Jäckchen über das weiße Shirt von eleven, das mit der coolen Blondine drauf, die sich den Zeigefinger unter die Nase hielt, Frau mit Bart eben, ha, ha, ha. 40 Euro. Fünf, hatte sie ihrer Mutter weisgemacht, ich geb doch nicht mehr aus für so ein popeliges Shirt. Aber war cool, das Ding, echt cool. Ach ja, und die weiße Hose, in der ihr Hintern nicht so zur Geltung kam. Für den schämte sie sich. »Du hackst ja nicht mehr richtig« (Hanna), ja, blöd, aber wenn es nun einmal so war.
    Sie war allein zu Hause. Ihre Mutter käme nicht vor sechs von der Arbeit, manchmal musste sie Überstunden machen, war auch okay, brachte Geld. Emily betrachtete sich im Spiegel ihres Kleiderschranks. Schick. Bis auf den Hintern war alles erträglich. Kurz vor vier. Na ja, Hanna wohnte praktisch um die Ecke.
    Ein Päckchen? Lag vor der Tür. Hätte doch klingeln können, der Postbote. Nein, es stand nichts drauf, war nur eine kleine Schachtel in neutralem Grau. Emily bückte sich und nahm sie hoch, sie wog fast nichts. Der Deckel ließ sich ohne Mühe abnehmen. Sie ließ ihn gleich wieder fallen, das andere gleich mit. Das Paar Prinzessinnensöckchen fiel auf die Treppenstufe, rollte ein Stück und blieb liegen.

    *

    »Wie aus gut unterrichteten Kreisen zu hören gewesen war, soll Rainer P. auf bizarre Art und Weise zu Tode gekommen sein. Nähere Informationen teilte die Polizei

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