Prinzessinnensöckchen (German Edition)
die. Emily sagte »na ja« und dass sie halt nicht dran denken dürfe, dann ginge es irgendwie. »Klaro, Schatz, aber glaub mir, wir kriegen die Sau.« Wenn Hanna das sagte... Sie aßen ihre Stückchen und Hanna legte einen Arm um Emilys Schultern. »Heute Abend das mach ich alleine. Musst nicht mit.«
Alleine? Was meinte sie damit? »Na hey, Job, Baby!« Und wo? In der alten Scheune? »Du willst da ganz allein hin? In echt? Mach das nicht, Hanna!« Die grinste nur. »Sag ich dir alles morgen oder so. Mach dir keinen Kopp, ich hab alles geplant.«
In Ethik hatte Emily tatsächlich Mühe, die Augen offen zu halten. Hanna machte sich die Mühe erst gar nicht, ihr Kinn lag auf der Brust, fiel aber nicht auf, weil Pitzinger wie gewöhnlich seinen Monolog leierte und auch der Rest der Klasse weggedämmert war. Worum ging es diesmal eigentlich? Die Eigenverantwortung des Menschen und ihre Grenzen. Aha. Das interessierte sie gerade brennend.
»Kommst noch mit auf nen Shake?« Sie standen vor der Schule, alles drängte an ihnen vorbei, lärmte, schuppste. »Nein«, sagte Emily, »ich muss noch mal zum Doktor zum Nachgucken, meine Ma kommt gleich und holt mich ab.« »Okay«, sagte Hanna, »ich ruf dich heut Abend dann an.« Und nach einer kurzen Pause: »Wenn der Job gelaufen ist.«
»Machs nicht«, bat Emily noch einmal. »Die sind doch alle pervers.« Hanna verzog das Gesicht. »Ja klar, aber doch anders pervers, Schätzchen. Ist denn schon mal was passiert, na?« Nein, das musste Emily zugeben, passiert war noch nie etwas. Aber in der alten Scheune?
»Lass mich das machen«, sagte Hanna jetzt hörbar genervt. »Ich meld mich dann, ja? Mann, ich brauch dringend meinen Shake, ich penn sonst im Stehen ein.«
Sie sah ihr nach. Bewunderte wie immer Hannas Gang, ihre Figur, ihre Klamotten, alles halt an ihr. An der Ecke drehte sie sich noch einmal um, winkte, Emily winkte zurück. »Hallo, schläfst du?« Ihre Mutter. Sie hatte das Auto gar nicht kommen hören.
*
Viertel vor sechs, gleich Feierabend. Nur ab und zu kam noch Laufkundschaft, die sich auf ein spätes Stück Kuchen zum Mitnehmen freute oder ein paar von den leckeren Obstschnitten. Joey war kurz nach eins weg, der sehr mürrische Konditor hatte eine Geburtstagstorte fertig gemacht und war dann ebenfalls verschwunden, ein Umstand, den weder Carmen noch Clara bedauerten. »Der ist so. Alter Junggeselle«, erklärte Clara. »Ich hab lange geglaubt, der wär schwul, bis ihm dann die Elke schöne Augen gemacht hat. Da hatte sie der Rainer schon aufs Abstellgleis geschoben. So wie sie's halt machen, wenn die ersten Krähenfüße kommen.«
Wird wohl so sein, nickte Carmen. An das Älterwerden dachte sie selten. Warum auch. Das überließ sie noch den anderen, ihrer Mutter zum Beispiel, die jetzt Mitte fünfzig war und noch immer halbtags in einer Bibliothek saß und die neu eingegangenen Bücher stempelte und Karteikarten anlegte. Ihren Vater kannte sie merkwürdiger Weise nicht anders als alt. Hatte sich überhaupt nicht verändert und je älter er wurde, desto jünger sah er aus, irgendwie.
Clara nahm die ersten angeschnittenen Torten und Kuchen aus der Vitrine und trug sie nach hinten. »Hol dir was du brauchst, ich kann das Zeug heute nicht mehr sehen und meine ganze Verwandtschaft verflucht mich auch schon, weil sie Übergewicht hat.« Auf die Kalorienbomben hatte Carmen heute auch keine Lust. Sie bückte sich und half Clara, die Vitrine leerzuräumen. Fünf vor sechs. Jetzt würde wohl niemand mehr kommen. Hoffte sie. Sie konnte auch ihr Handy wieder einschalten. Aha, eine SMS von Kevin.
»mama heut abend landfrauen. Sehn wir uns kurz? Ild kevin«
Ild? Waren sie schon so weit? Carmen lächelte und Clara, die Carmen lächeln sah, lächelte ebenfalls. »Beamter ist nicht schlecht», schäkerte sie, »das ist auch ein ganz Braver.« Was sollte der süffisante Unterton? Keine Zeit, darüber nachzudenken, eben trudelte eine zweite SMS von ihrem braven Beamten ein. »muss dir nämlich was wichtiges sagen«. Hm. Es war also tatsächlich soweit.
*
Alles wieder fit, hatte der Doktor gesagt. Fit! Wie der sprach! Die Mutter hatte sich wenigstens beruhigt, sie fuhren gleich nach Hause, es gebe Nudelauflauf, den möge Emily doch am liebsten. Ja. Eigentlich. Schon. Aber bei dem Gedanken an Hanna und ihre nächtlichen Aktivitäten war ihr der Appetit schon vergangen, bevor er überhaupt gekommen war. Sie nickte dennoch und sagte »Supi«.
Sie aß dann doch eine
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