Prinzessinnensöckchen (German Edition)
einziger hektischer roter Punkt. »Es gibt Ärzte, die helfen bei so etwas«, informierte ihn Carmen. Kevin nickte. »Ja, schon. Aber ich denke mal... das heißt: ich glaube... nein, ich bin mir sicher, ich bin einfach krankhaft monogam.«
Von dieser Variante Mann hatte Carmen noch nie etwas gehört. Sie kannte – und zwar in rauen Mengen – krankhafte Polygamisten, Männer, die schon in ihrer Pubertät aufgebrochen waren, so viele Mädchen wie möglich flachzulegen, wahrscheinlich um in das Guinnessbuch der Sexrekorde zu kommen. Einen Eintrag »Kevin hält die Bestleistung im Krankhaft-monogam-Sein« gab es dort bestimmt nicht.
Ihr fiel dieser alte Film mit Marilyn Monroe ein, in dem sie Tony Curtis so oft küsste, bis dessen vorgetäuschte Frigidität sich ein wenig gelöst hatte. »Bist du – frigide?« Er wehrte entschieden ab. »Oh nein! Ganz im Gegenteil! Ich bin – na ja – eher scharf wie Lumpi. Jetzt übrigens auch.«
Carmen drückte die Luft durch den weit offenen Mund. Hier wartete eine schwierige und anspruchsvolle Aufgabe auf sie.
*
Sah doch ganz gut aus, wie der Vorhang unter der alten morschen Treppe hing. Das hatte er ordentlich hingekriegt, auch ohne Leiter, er war auch ziemlich groß. Hanna hatte einen Schlitz in den Vorhang geschnitten, der Stuhl wackelte bedenklich, aber würde gehen. Provisorisch halt alles, musste man jetzt durch.
Sie hatte ihm eingeschärft, sich in der Nähe zu verstecken, was gar nicht so einfach war, denn die Scheune stand mitten auf dem Feld, der Waldrand in fünfzig Metern Entfernung, fiel also schon mal aus. »Leg dich einfach flach auf den Boden, is ja dunkel. Wenn du ihn kommen hörst, mach ein Geräusch, aber nicht so bedrohlich oder was. Er soll bloß wissen, dass ich ihn nicht verarscht hab, dass du in echt da bist.«
Kurz nach sieben, noch ein paar Minuten. Sie nahm die Söckchen aus der Handtasche, zog ihre aus und diese kindischen rosa Dinger an. Würde sie nie kapieren, warum die darauf standen, aber war ja nicht ihr Problem. Ein bisschen ging ihr schon die Muffe. Bisher waren sie immer zu zweit gewesen, Emily und sie, und meistens hatte Emily hinter dem Vorhang gesessen. Warum? Weil sie schönere Füße hatte? Nee, weil sie noch Jungfrau war! Meine Fresse, wie die tickten. Mega krank, jetzt echt mal. Sie betrachtete ihre Füße in den rosa Söckchen. Bäh, kindisch!
Sie zog den Anorak an, schlug die Kapuze hoch. Jetzt noch den Schal ums Gesicht wickeln. War ja reine Baumwolle, atmungsaktiv, sie bekam ausreichend Luft. Das Beste: ihre Stimme. Die klang jetzt dunkler, richtig gefährlich. Hosenbeine aufkrempeln. Schöne Waden hatte sie, das sagte der immer wieder und sie dann »Thanx, ja ok«. Punkt Viertel nach sieben, schon dunkel draußen. Hanna setzte sich hinter den Vorhang, prüfte noch einmal, ob ihr Fuß durch den Schlitz ging. Ja, war okay. Schade, dass sie keinen Schemel aufgetrieben hatten, sondern nur diesen Holzklotz. Musste gehen.
Hoffentlich kämen ihnen keine Pärchen dazwischen. Sollte dies der Fall sein, würde der da draußen gehörig Lärm machen, lachen, husten, was sagen, als wäre er nicht allein. Hatte sie ihm auch eingetrichtert. Er war ein wenig schwer von Begriff, das merkte sie immer wieder, aber solche Sachen mussten doch machbar sein. Zwanzig nach. Jetzt musste er aber kommen. Sie spitzte die Ohren und lauschte.
Die Tür wurde aufgedrückt, quietschte in den Scharnieren. Der festgetretene Lehmboden verschluckte die Schritte, das war nicht so gut. Man wusste nie, wo er gerade war. Dann sagte er »Hallo« und sie wusste sofort, dass er am Vorhang stand. Sie antwortete »Hey« und streckte die Hand rechts am Vorhang vorbei. Etwas wurde hineingelegt, sie machte eine Faust und zog die Hand zurück. Öffnete sie, schaute: zwei Fünfziger. Dafür mussten sie im Puff die Beine breit machen. Sie brauchte jetzt nur eines durch den Schlitz des Vorhangs zu stecken, ein wenig nach dem Holzklotz zu suchen, die Ferse draufzulegen. Schaffte sie beinahe auf Anhieb. Bisschen unbequem.
Sie hörte, wie er zu keuchen begann. Sich niederkniete, versuchte, gleichmäßig zu atmen. Ihr Fuß wurde ein wenig angehoben, das Keuchen nahm zu. Seine Finger schlangen sich jetzt um den Fußballen, zitterten vor Erregung. Er zog die Luft ein, fünf-, sechsmal hintereinander, bevor er sie schwer durch die Nase ausstieß. Einmal kräftig einatmete, diesmal die Luft in einem langen »Ahhhhh« durch den Mund entließ. Hanna sah auf die Uhr. Mehr als zehn
Weitere Kostenlose Bücher