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Prinzessinnensöckchen (German Edition)

Prinzessinnensöckchen (German Edition)

Titel: Prinzessinnensöckchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolin Benedikt
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groß tangieren würde. Aus dem Ort kriegen da vielleicht ein paar Putzfrauen einen Job, die anderen werden von Zuzüglern besetzt. Suchttherapeuten und ausgebildete Pflegekräfte, das haben wir nicht. Die Leute kommen aus ganz Deutschland, ja, aus dem Ausland sogar. Und was brauchen die? Wohnungen. Häuser.«
    »Hm«, machte Carmen. Ihr schwante etwas.
    »Gut, ich geb's ja zu. Freie Wohnflächen gibt’s bei uns nicht so. In Oberwied eigentlich auch nicht. Oder doch? Das war nämlich das Spannende. In Oberwied schien es die plötzlich zu geben, verstehen Sie? Und der Wind drehte sich. Dabei: Was hätte dagegen gesprochen, uns die Klinik zu geben und den Oberwiedern die solventen Mieter und Hauskäufer? Dagegen sprach wohl, dass die Oberwieder einen Deal mit den zuständigen Behörden ausgehandelt haben. Ihr gebt uns die Klinik und wir garantieren euch eine prima Infrastruktur.«
    »PoVo Immobiliengesellschaft«, murmelte Carmen, mehr für sich, doch Köhler nahm es mit einem Grinsen auf. »Aha, Miss Marple war nicht untätig und hat recherchiert. Aber Hercule Poirot auch.«
    Er stand auf, ging in sein Büro, man hörte ihn fluchen, während die Papierberge unter seinen Fingern ächzten und knisterten. Endlich stieß Köhler ein »Ah!« aus und kehrte mit einem schmalen roten Pappordner zurück.
    »Sehen Sie mal da.« Er warf den Ordner auf Carmens Schreibtisch. »PoVo« stand mit dickem schwarzem Filz auf der Vorderseite.
    »Bisschen dünn«, befand Carmen und schlug die Akte auf. »Pah!« Köhler sah sie angewidert an. »Das sagt mir die Meisterin der knappen Recherche! Dünn vielleicht, aber lesen Sie halt mal selbst, bevor Sie einem alten Journalistenhasen die Schlappohren lang ziehen.«

    *

    Er war doch wiedergekommen! Oh, sie hatte sich richtig gefreut, sie hätte ihn umarmen können! Was natürlich ganz schön krank gewesen wäre. Der hielt sie hier fest und die freute sich, dass er sie besuchte. Aber hey, hatten sie in der Schule nicht mal dieses Stockholm-Syndrom durchgenommen? So genau konnte sich Hanna nicht mehr erinnern, was interessierte sie schon so ein Scheiß. Aber da war es um die Sympathien gegangen, die Geiseln für ihre Entführer entwickeln, irgendwas Psychologisches. Damals hatte sie nur gedacht, mein Gott, wie krank ist das denn? Da kidnappt dich einer und plötzlich magst du den? Ist jetzt nicht wahr, oder? War aber wohl so. Sie hätte beinahe »Schön, dass Sie gekommen sind« gesagt, hielt es aber denn doch für etwas deplatziert.
    Wieder hatte er sie zunächst zur Toilette geführt, eine Sache, an die sie sich immer noch nicht gewöhnen konnte, die einfach nur peinlich war. Sie bemühte sich auch, so wenig Geräusche wie möglich zu machen. Dann, als er sie zurückgebracht und wieder gefesselt hatte, begann die Fütterung. Nicht mit Haferschleim diesmal, nein, es waren Golden Nuggets! Leckere Hühnerteile und abwechselnd zu denen steckte er ihr leckere Pommes in den Mund. War alles schon ziemlich kalt, aber immerhin. Es schmeckte hervorragend.
    Und eine neue Cola hatte er ihr dagelassen. War gegangen wie immer, ohne ein Wort. Hatte sie das bedauert? Auch nicht. Also war das mit dem Stockholm-Syndrom doch komplizierter, oder? Hassliebe? Vielleicht könnte man das so nennen.
    Sie hatten auch eine Klassenarbeit über den Krempel geschrieben und natürlich hatte sie die verhauen, weil ihr das Thema so am Arsch vorbei gegangen war. Mist, dachte sie jetzt. Wenn wir die morgen schreiben würden, ging's besser.
    Hallo? Sie bedauerte, dass sie keine Klassenarbeit schreiben konnte? Sie sehnte sich irgendwie nach der Schule? Ja, war so. Tat sie wirklich. Vielleicht war ja Vormittag und Emily und die anderen stöhnten in ihren Bänken und langweilten sich. Dort wäre sie jetzt gerne gewesen. In der Schule. Das war krank. Dieser Gedanke...

    *

    Nicht schlecht, was Köhler da zusammengetragen hatte. Woher hatte er das Material eigentlich?
    »Tja, meine Liebe, man hat so seine Seilschaften und Netzwerke. Dafür brauch ich kein Internet. Dass die PoVo mit den Eheleuten Pohland als Gesellschaftern agiert, nun, das hätten auch Sie an einem Ihrer seltenen guten Tage herausfinden können. Aber dass der Bürgermeister der schönen Gemeinde Oberwied bei der Sparkasse gehörig in der Kreide steht und dennoch vom Sparkassendirektor Völkert sehr zuvorkommend, geradezu milde behandelt wird, das ist schon Insiderwissen. Und dass dieser Völkert quasi alle Geschäfte der PoVo abwickelt, die ihrerseits über die

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