Prinzessinnensöckchen (German Edition)
würde schreien können, ein junges Mädchen und ein älterer Kerl vor einer Schule, aber hallo. Stattdessen sagte sie schwach: »Ich muss aber in den Unterricht.«
Der Mann nickte ein paar Mal. »Ja, natürlich, gleich. Sag mir nur, wo Hanna ist, dann kannst du gehen.« Was? Wieso wollte der das wissen? Außerdem hätte sie es doch selber gerne gewusst. »Weiß ich nicht«, sagte sie noch leiser, so dass sich der Konditor zu ihr hin beugen musste und »Was?« fragte. Sie wisse es nicht, wiederholte sie. Der Konditor seufzte. »Du lügst«, sagte er. »Nein«, antwortete Emily. Und sah ihm direkt ins Gesicht. Einige Sekunden lang sahen sie sich so an. Der hatte Tränen in den Augen. Er tat ihr leid. Sie hörte das Klingeln, die erste Stunde war vorbei. Aber sie blieb sitzen, obwohl der Konditor sie nicht mehr festhielt. »Ich mache mir doch auch Sorgen um Hanna«, sagte sie sanft.
»Geh in deine Klasse, Emily.« Das war Carmen, die stand plötzlich hinter ihnen und streichelte Emilys Schultern. Hatte sie gar nicht kommen sehen. Sie stand auf, ging über die Straße, drehte sich am Eingang zur Schule noch einmal um. Carmen hatte sich neben den Konditor gesetzt.
*
In der Stimme des Konditors steckten Müdigkeit und Verzweiflung, Wut und Resignation. »Wissen Sie«, begann er, »ich bin schon über vierzig gewesen und hab mir keine Illusionen mehr gemacht. Unsereins bleibt halt im Leben allein. Kam ich mit klar. Hab meine Arbeit gehabt, mein Häuschen, viel spazieren gegangen. Was soll's. Geht hier auch nicht um meine Lebensgeschichte, die wollen Sie gar nicht hören, viel zu langweilig.
Dann ist Elke gekommen. Anfang 20, frech, attraktiv. Sie war noch keine Woche im Betrieb, da lag sie auch schon mit Pohland im Bett, das ist so als würde man einen Wolf und ein Kilo Gehacktes in einen Käfig einsperren. Kleine Nutte, hab ich gedacht. Bist nicht die erste und wirst nicht die letzte sein.
Irgendwann bin ich ihr mal im Wald begegnet. Spaziergang. Sie auch, sagt sie, als ob so jemand im Wald einfach so spazieren geht. Wahrscheinlich war sie gerade von Pohland in der Scheune – war nämlich dort in der Nähe – flachgelegt worden und wollte sich ein bisschen die Beine vertreten, ha, ha. Ob wir ein Stück zusammen? Mir war's egal. Haben uns unterhalten, ganz normal, gar nicht mal so schlecht gewesen. So hat das angefangen.« Er machte eine Pause und starrte auf die Schule gegenüber, wo einige Nachzügler über den Pausenhof rannten.
»Ja, also weiter im Text. Sie war keine Schlechte, Verdorbene. Halt furchtbar jung und naiv, wollte was erleben. Wir haben uns dann manchmal zum Spazierengehen verabredet, sie hat Vertrauen zu mir gehabt und mir Sachen erzählt, alles eigentlich, was sie so bedrückte oder was sie gefreut hat. Ich war ihr Mülleimerohr, gewissermaßen, da konnte sie alles abladen. Erotisch oder so war da gar nichts. Gut, ich hab sie gern gehabt. Verliebt? Meinetwegen auch das. Aber ohne mir Hoffnungen zu machen, ohne was von ihr zu verlangen. Irgendwie war sie ein armes Ding. Nicht besonders gescheit, nicht zielstrebig, viele Möglichkeiten hat sie nie gehabt, außer der einen, Sie wissen schon.
Ist so ne Zeitlang gegangen, ein Jahr mindestens. Das mit Pohland lief weiter, wusste auch jeder, sogar die Kati, die wahrscheinlich besonders gut. Hat sie schon damals nicht weiter mitgenommen. Reine Vernunftehe. Dann ist Pohland schwer krank geworden. Sie waren in Thailand im Urlaub gewesen, er und seine Frau, und ihn hat die Malaria erwischt. Lag vier Wochen in einer Spezialklinik, stand nicht gut um ihn, die Kati hat sich schon schwarze Kleider angeschafft.
Elke war auch bedrückt. Sie hat mir von diesem Kerl erzählt, Wollgast, der sich um sie bemühte. Keine gute Partie, aber immerhin eine. Sie wusste nicht, was sie machen sollte. Ich hab ihr abgeraten, wir waren wieder im Wald unterwegs, ein Wort gibt das andere, sie sagt, na ja, sieht nicht schlecht aus, der Wollgast, und ne Frau braucht halt ihr Geregeltes, auch im Bett, dann hat sie gelacht und ich hab mitgelacht. Weiß nicht, was da passiert ist. Jedenfalls lagen wir plötzlich auf dieser Lichtung. Sie hat mich so angeschaut, ich wusste okay, gleich passierts. War ein schöner Tag, niemand in der Nähe.
Ein einziges Mal, ich schwör's, nur ein einziges Mal. Ich war nicht drauf vorbereitet, also... ich meine, so rein technisch mit... Gummis eben. Und sie hat die Pille nicht gut vertragen und weil Pohland eh ausfiel und das mit diesem Wollgast
Weitere Kostenlose Bücher