Privatdetektive (16 Romane in einem Band)
bisherigen Anschläge mit zwei verschiedenen Bolzentypen durchgeführt worden waren. Insgesamt neunmal war jener Geschosstyp benutzt worden, der auch bei Marwitz verwendet worden war, bei den übrigen drei Fällen stand in der letzten Spalte eine andere Kombination aus Buchstaben und Zahlen als Typbezeichnung des Projektils.
Ich werde mich wohl mal darüber schlau machen müssen, was genau das bedeutet, ging es Berringer durch den Kopf. Die Namen sagten ihm – außer der von Marwitz –
nichts. Aber auch das musste ja nicht so bleiben.
Berringer sah auf die Uhr.
Mal sehen, ob so ein Tausendsassa wie Krassow im Moment vielleicht zu Hause ist, überlegte er.
3. Kapitel
Im Fadenkreuz
Du legst den Bolzen ein und spannst jene Waffe, die einst als unritterlich galt und deren Einsatz gegen Christen verpönt war. Doch daran hielt sich schon damals niemand, und in der heutigen Welt spielt der Glaube keine Rolle mehr.
Du justierst das Zielfernrohr, siehst durch das Fadenkreuz. Das ist der Moment, in dem du ganz ruhig wirst, obwohl sich jede Faser deines Körpers in Anspannung und jede Windung deines Gehirns in einem aktiven Zustand befindet.
In einem einzigen Moment ist eine Ewigkeit enthalten. Dein ganzes Leben und vor allem jener Augenblick, mit dem alles anders wurde. Lange hast du gedacht, du könntest einfach alles mit einer Tünche aus bunten Farben und gezwungener Fröhlichkeit überkleistern. Du hast gedacht, dass du Schuld vergessen könntest, denn du hast nicht damit gerechnet, dass sie dich nie verlassen wird, sondern dir wie ein Schatten folgt.
Der Moment höchster Konzentration ist da. Ein Moment, der kühlen Kopf und kaltes Blut erfordert. Du weißt, dass du nun an nichts anderes denken darfst und dass die Waffe es dir nicht verzeihen wird, wenn du dich doch ablenken lässt. In der Ruhe liegt die Kraft.
Die Kraft, die du jetzt brauchst.
Was du nun tun wirst, hättest du schon lange tun müssen, vielleicht wäre dann alles anders gekommen.
Vielleicht …
Nein, du weißt, dass dieser Gedanke dich nicht weiterbringt.
Nur wenn der Pfeil der Rache endlich auf sein Ziel trifft, findest du deinen Frieden.
Dann drückst du ab.
Der Bolzen schlägt ein.
Gut so, denkst du, und siehst dir das Resultat an.
Genau ins Schwarze.
Hundert Punkte.
Aber damit sie dir vom Konto deiner Schuld getilgt werden, wird es nicht reichen, auf Scheiben zu schießen.
Ein Kleinlaster fuhr auf den Hof des Gebäudes, in dem die Agentur EVENT
HORIZON untergebracht war. Ein Glaser hatte bereits neue Scheiben eingesetzt, doch es kündigten sich weitere Probleme an, vor allem hinsichtlich der Frage, wer für den Schaden aufkam. Die Gebäudeversicherung machte Zicken, und so hielt sich der Vermieter zunächst einmal an Marwitz.
Dabei war die Sache eigentlich klar. Die Gewalteinwirkung auf die Scheibe war von außen erfolgt, daran ließen auch die Ermittlungsergebnisse der Polizei keinen Zweifel. Und das bedeutete, dass der Vermieter beziehungsweise seine Versicherung dafür haften musste, wenn sich der eigentliche Verursacher nicht feststellen ließ.
Aber bei der Versicherung wollte man das nur für die Scheibe gelten lassen, die der Armbrustbolzen durchschlagen hatte. Doch auch die anderen Fenster waren zu Bruch gegangen, und dafür war die Explosion des Wagens unmittelbar vor dem Büro verantwortlich.
Wahrscheinlich würde es in nächster Zeit noch einiges an Papierkrieg geben.
Marwitz seufzte, war aber erleichtert, als er den Kleinlaster sah. SPEDITION
HANDBROICH stand auf der Plane. Das war die ersehnte PA-Anlage, die er für seinen Auftritt auf dem Korschenbroicher Schützenfest brauchte. Die Vermittlung der Anlage gehörte nämlich in diesem Fall – anders als bei der Ü-30-Party am Abend –
zu den vereinbarten und schon bezahlten Dienstleistungen, zu denen er sich verpflichtet hatte.
Ansonsten war er bei der Frage in wessen Mikrofon er hineinsäuselte, nicht wählerisch. Hauptsache, er war laut genug zu hören und musste sich nicht die Seele aus dem Leib schreien. Die war immerhin sein Kapital. Und diesem Kapital gönnte er keine Pause, schließlich sollte es ja arbeiten. Also musste er entsprechend schonend damit umgehen.
Ein paar Tricks, die er sich überwiegend bei Sängern abgeschaut hatte, gab es da schon. Marwitz nahm ein Mentholbonbon aus einer Tüte, die in der Seitentasche seines Jacketts steckte. Die Kehle immer feucht halten, aber nicht mit Alkohol. Das war eine Devise, die sich durchaus bewährt
Weitere Kostenlose Bücher