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Privatdetektive (16 Romane in einem Band)

Privatdetektive (16 Romane in einem Band)

Titel: Privatdetektive (16 Romane in einem Band) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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ans Gesicht.
    Brauchst du mittlerweile auch schon 'ne Brille?, ging es ihm durch den Kopf. „Die junge Frau da vorn, die hab ich schon mal gesehen.“
    „Du hinterlässt Fingerabdrücke auf einem Beweisstück!“, beschwerte sich Anderson.
    „Ach, so ein Unsinn!“
    „Es ist kaum zu glauben, dass du mal Polizist warst!“ Berringer hielt Anderson das Foto hin und deutete auf eine junge Frau, die sich effektvoll durchs Haar fuhr. Die Geste wirkte wie eine jener Fotoposen, die man von Models kannte, und war wohl Teil der ausgelassenen Alberei der jungen Leute auf dem Bild. „Diese Frau meine ich.“ Und dann kam ihm die Erleuchtung, und laut stieß er hervor: „Das ist Frederike Runge!“
    „Den Namen hab ich noch nie gehört.“
    Berringer sah ihn an. „Aber den Namen Krassow hast du schon gehört, oder?“
    „Sicher. Frank Marwitz hat ihn mir oft genug ins Ohr geflötet, mehr schriller als subtil.“
    „Frederike Runge war seine Lebensgefährtin. Sie hat ihn irgendwann verlassen und ihm eine Tochter namens Tanja hinterlassen, die heute wie eine jüngere Ausgabe ihrer Mutter aussieht.“
    „Tja, so ist das heute“, klagte Anderson schulterzuckend. „Da wird man schon als Mann mit einem Kind sitzen gelassen. Ich warte nur darauf, dass demnächst auch einer Frau ein Kind angehängt wird.“
    „Ich meine es ernst, Thomas! Das ist die Frau!“
    „Und was soll uns das sagen?“
    „Jedenfalls glaube ich nicht, dass es Zufall ist.“
    „Und ich glaube nicht, dass es irgendetwas mit diesem Fall zu tun hat“, winkte Anderson ab.
    Hatte Anderson recht? Waren seine Gedanken mal wieder in die falsche Richtung abgeschweift, weg vom eigentlichen Thema? Vermischte er wieder mal Dinge, die nichts miteinander zu tun hatten? Das geschah ihm manchmal, und das war einer der Gründe gewesen, aus denen er den Polizeidienst quittiert hatte. Mangelndes Konzentrationsvermögen gehörte zu dem Symptom-Cluster einer posttraumatischen Belastungsstörung. Die Gedanken schweiften ab, und man konnte nichts dagegen tun.
    Das Gespräch mit einem Therapeuten fiel ihm wieder ein, an dessen Namen er sich im Moment nicht erinnerte. Jedenfalls hatte ihm dieser Therapeut dringend zugeraten, den Polizeijob dranzugeben. Berringer hatte seine Worte noch im Ohr: „Über kurz oder lang werden Sie den Anforderungen Ihres Berufes nicht mehr gewachsen sein.“ Und er hatte recht gehabt. Berringer war im Nachhinein froh, dass er nicht so lange mit seinem Ausstieg gewartet hatte, bis es gar nicht mehr ging.
    Als Detektiv musste er weniger diszipliniert sein, als das in seinem ehemaligen Job Voraussetzung war. Außerhalb des Polizeidienstes konnte er seine Schwächen besser kaschieren.
    Nein, nicht kaschieren, sondern kurieren, korrigierte er sich. Das war in seinem Fall nahezu dasselbe. Auf eine richtige Heilung hoffte er gar nicht mehr, nur auf eine Linderung der Symptome. Mehr konnte er nicht erwarten.
    Er hängte das Bild zurück an seinen Ort.
    Berringer und Anderson verließen die Kanzlei und kehrten zum Tatort zurück, wo der angekündigte Gerichtsmediziner aus Düsseldorf inzwischen eingetroffen war. Er war in Wirklichkeit eine Gerichtsmediziner in.
    Sie hatte rotes Haar, das sie zu einem Knoten zusammengefasst hatte, und eine sehr weibliche Figur. Das war sie, jene Frau, mit der Berringer lange vor seiner Ehe zusammengewesen war und mit der er die alte Beziehungskiste wieder aufgewärmt hatte: Dr. Wiebke Brönstrup, Pathologin aus Leidenschaft.
    Berringer begegnete ihrem Blick, als sie aufsah.
    „Robert!“, entfuhr es ihr, dann erschien ein flüchtiges Lächeln auf ihrem Gesicht, das aber sofort wieder einem ernsten Ausdruck Platz machte. Alles andere wäre in Anbetracht der Umstände auch nicht angemessen gewesen, dachte Berringer.
    „Hallo“, sagte er nur.
    „Da muss man schon Vertretungsdienst machen, um dann zu einem Mord gerufen zu werden, für den du dich offenbar auch interessierst, um endlich mal von Angesicht zu Angesicht mit dir kommunizieren zu können, statt nur per SMS.“
    „Ja, tut mir leid, ich hätte mich früher melden sollen. Aber weißt du, in den letzten Tagen hatte ich viel um die Ohren.“
    „Dafür habe ich Verständnis“, sagte sie, und Berringer zog zumindest in Erwägung, dass sie das auch so meinte. „Trotzdem, wir sollten uns bald mal wieder treffen. Und reden. Morgen?“

    Berringer warf Anderson einen Blick zu, der neben ihm stand und die Augen verdrehte, und antwortete dann, an Wiebke gerichtet:

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