Privatdetektive (16 Romane in einem Band)
hatten, ohne ihn weiter zu beachteten, blieb er einen Moment an der offenen Haustür stehen. Er hörte Stimmen aus den verschiedenen Räumen des Bungalows, sowohl von Männern als auch von Frauen.
„Hallo?“, fragte er. Aber er erhielt natürlich keine Antwort. Also trat er in den Flur.
Links befand sich die Küche, doch Berringer ging geradeaus, bis zur halb offen stehenden Wohnzimmertür.
Im Raum befand sich eine Gestalt, die Berringer an einen Astronauten erinnerte mit ihrer Gesichtsmaske, dem Einwegoverall und den Überschuhen, mit denen sie sich über mehrere Trittflächen aus Hartplastik bewegte; diese waren quaderförmig und durchsichtig und hatten vier stabile Füße. Berringer dachte an seine Kindheit im idyllischen Münsterland, als er hin und wieder mit Freunden Brücken aus Steinen über einen der zahlreichen Bäche gelegt hatte. Von Stein zu Stein hatten sie dann ihre Füße gesetzt, und genauso bewegte sich auch der „Astronaut“ durchs Zimmer.
Durch die Plastiktritte sollte ausgeschlossen werden, dass Fasern, DNA-Spuren oder andere Rückstände unter den Überschuhen haften blieben und der Spurensicherer sie im Raum verteilte, was eine detaillierte Rekonstruktion des Geschehens unmöglich machen würde.
Eckart Krassow lag überraschenderweise noch immer dort, wo er wohl auch gestorben war. Nachdem er die Sargträger gesehen hatte, war Berringer davon ausgegangen, dass die Leiche schon abtransportiert worden war.
Die Blutlache war ziemlich groß und inzwischen auch eingetrocknet. Die mutmaßliche Tatwaffe lag noch am Boden – dort, wo Marwitz sie hingeworfen hatte, wenn man seiner Erzählung glauben wollte. Und die Geschichte, die er Berringer aufgetischt hatte, war dermaßen abstrus, dass sie einfach wahr sein musste, fand der Detektiv. Niemand dachte sich so einen wirren Unsinn aus. Berringer nahm zumindest an, dass das Meiste davon stimmte, denn kleinere Unschärfen gab es immer. Wahrheit war eben letztlich immer etwas Subjektives, das hatte er bei den unzähligen Zeugenbefragungen, die er im Laufe seines Dienstlebens durchgeführt hatte, gelernt.
Der überraschende Anblick der Leiche hatte dazu geführt, dass ihm erst jetzt auffiel, dass der „Astronaut“ in Wirklichkeit eine „Astronaut in“ war, zumal der Einwegoverall die entsprechenden körperlichen Attribute nicht gerade hervorhob.
„Ah, das LKA lässt ich auch schon blicken“, hörte er eine durch den Mundschutz etwas dumpf klingende weibliche Stimme, die er aber dennoch gleich wiedererkannte. Sie gehörte eindeutig Birgit Mankowski.
„Ich wundere mich“, gestand Berringer. „Als ich die Sargträger sah …“
„Die hab ich weggeschickt. Geht ja schließlich nicht, dass die hier rumtrampeln und so viel Biomaterial verteilen, als wäre das hier 'ne Wiese voller Pusteblumen.“
„Schon klar.“
„Keinen Schritt weiter bitte! Aber wem sag ich das, Sie sind ja vom Fach.“
„Ich gebe mir Mühe, so zu tun.“
„Mit Schlafzimmer und Küche sind die Kollegen schon fertig, da können Sie sich umsehen.“
„Konnten Sie denn dort Spuren sichern, die was mit der Tat zu tun haben?“
„Nee. Kein Blut zu erkennen unter Luminol und auch sonst nichts. Deswegen sind wir dort ja auch schon fertig. Wo nichts ist, kann man auch nichts sicherstellen.“ Birgit Mankowski machte einen großen Schritt von einem Plastiktritt zum nächsten.
Um den Hals trug sie eine Art Bauchladen mit einem aufgeklappten Notebook, und in der Hand hielt sie etwas, das offenbar in drahtloser Verbindung damit stand, wohl eine Art Kameraauge. „Ist noch was?“, fragte sie, ohne Berringer anzusehen. „Ich muss mich hier nämlich konzentrieren, sonst ist hinterher alles für die Katz.“
„Ich wollte eigentlich Tanja Runge sprechen.“
„Die ist völlig fertig“, sagte Birgit Mankowski und blickte nun doch in Berringers Richtung. Sie geriet dabei leicht ins Schwanken und verharrte in einer Stellung, die so verkrampft wirkte wie manches in Stein gehauene klassizistische Heldenbildnis.
Nur hielt sie nicht wie Hermann der Cherusker ein Schwert in den Himmel, sondern ihr Kameraauge.
„Sie haben sie noch getroffen?“, fragte Berringer, obwohl sich eine warnende Stimme in ihm meldete, die sagte: Verschwinde! Eine dumme Frage von ihr und eine noch dümmere Antwort von dir, und Birgit Mankowskis unerschütterlicher Glaube an den LKA-Kollegen Berringer ist unwiederbringlich dahin!
Aber er konnte es einfach nicht lassen.
„Ja, ich habe noch
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