Privatdetektive (16 Romane in einem Band)
mitgekriegt, wie die Kripo-Kollegen mit ihr sprachen“, erklärte Birgit Mankowski. „Ich meine, das müssen Sie sich mal vorstellen: Da findet man den eigenen Vater in seinem Blut liegend vor, und der Mörder beugt sich gerade über die Leiche, das Messer noch in der Hand. Also da würde selbst ich durchdrehen – und wie Sie sich denken können, bekomme ich bei meiner Arbeit ja alle möglichen unschönen Dinge zu Gesicht.“
„Haben Sie eine Ahnung, wo Tanja Runge jetzt sein könnte?“
„Sie wollen sie befragen?“
„Muss leider sein.“
„Ich würde Ihnen ja anbieten, dass ich mal kurz die Kollegen von der Kripo anrufe, aber wie Sie sehen, hab ich die Hände voll.“
„Ja, danke, ich hab die Nummer ja auch.“ Berringer deutete auf das Messer und dann auf die Leiche. „Wer immer das getan hat, muss einen unglaublichen Hass auf Krassow gehabt haben, meinen Sie nicht auch?“
„Wer immer das getan hat?“, fragte Birgit Mankowski verwundert. „Sind Sie etwa nicht überzeugt davon, dass es dieser Irre war, den die Tochter gesehen hat?“
„Nun, man sollte sich immer einen gesunden Zweifel bewahren, oder?“, entgegnete Berringer.
„Aber die Betonung sollte dabei auf gesund und nicht auf Zweifel liegen.“
„Jedenfalls hat der Täter den armen Herrn Krassow ja regelrecht zerfleischt, so wie ich das von hier aus sehe.“
Birgit Mankowski schüttelte den Kopf und brachte sich damit beinahe aus dem Gleichgewicht. „Nein, es gab wahrscheinlich nur einen Stich. Die Gerichtsmedizin war zwar noch nicht hier, aber ich bin überzeugt davon, dass es so war, und ich gehe darauf auch jede Wette ein.“
Berringer runzelte die Stirn. Ein Stich und all das Blut? Das erschien ihm sehr unwahrscheinlich.
„Das ist ein besonderes Messer“, sagte Birgit Mankowski. „Man nennt es WASP.
Beim LKA werden Sie davon sicher gehört haben.“
Berringer bemerke erst jetzt, als er in die Hocke ging und sich die Waffe genauer betrachtete, den kleinen Verschluss am Griff des Messers, das auf den ersten Blick wie ein gewöhnliches Jagdmesser aussah.
Aber das war es ganz und gar nicht.
„Ich habe davon gehört“, sagte er. „Allerdings habe ich so ein WASP-Messer noch nie in der Hand gehabt.“
„Ich kann es Ihnen leider nicht geben.“
„Schon klar.“
„Aber um die Waffe als WASP-Messer zu identifizieren, braucht man kein Waffenexperte zu sein. Hinten sieht man den Verschluss für die Gaskartusche.“ Berringer nickte. Er hatte einen Artikel im SPIEGEL über diese Art Waffe gelesen, in dem darüber berichtet wurde, dass sie inzwischen auch in Europa immer häufiger bei Gewaltverbrechen zum Einsatz kam. Eigentlich waren WASP-Messer für Jäger, Wanderer, Taucher und Soldaten gedacht. Im Griff befand sich eine nachfüllbare Kartusche mit einem stark komprimierten Gas. Beim Zustechen trat das Gas mit hohem Druck durch die Messerspitze in den Körper des Opfers, wo es sich innerhalb von Sekundenbruchteilen ausdehnte und der Umgebung die Wärme entzog. Dadurch gefror das überwiegend aus Wasser bestehende organische Gewebe. Nach demselben Prinzip funktionierte auch ein Kühlschrank. Da sich das Wasser beim Gefrieren ausdehnte, platzte das Gewebe um die Einstichstelle herum explosionsartig auseinander. Wenn man mit einem WASP-Messer in eine Melone stach, flog sie einem regelrecht um die Ohren.
Der Hersteller warb damit, dass man mit diesem Messer sogar Haie und Bären töten könne, was ansonsten nur im Spielfilm und bei Karl May möglich war. Allerdings waren Haie und Bären in modernen Großstädten relativ selten anzutreffen und somit die Opfer meist menschlich.
„Wer benutzt denn hier in Mönchengladbach so eine Waffe?“, murmelte Berringer stirnrunzelnd.
„Fragen Sie mal diesen Marwitz“, schlug Birgit Mankowski vor. „Und abgesehen davon könnten Sie vom LKA doch sicherlich zumindest in Erfahrung bringen, wer dieses Messer verkauft hat.“
„Wieso?“, fragte Berringer leicht irritiert.
„Na ja, der Verkauf dieser Waffe ist in Deutschland stark reglementiert. Wer sie einführt und verkauft, muss dies beim LKA melden und eine Genehmigung beantragen.“
„Solche Genehmigungen erteilt das BKA“, korrigierte Berringer. „Es sei denn, es gibt in Bezug auf diese Messer irgendwelche Sonderregeln.“ Sie schaute ihn an. Von ihrem Gesicht war nur die Augenpartie zu sehen, und Berringer sah, wie sie die Augenbrauen hob, bevor sie murmelte: „Da habe ich mich dann wohl vertan …“
Berringer
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