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Privatdetektive (16 Romane in einem Band)

Privatdetektive (16 Romane in einem Band)

Titel: Privatdetektive (16 Romane in einem Band) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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während die Sonne der Gott der Landwirtschaft war, der das Korn wachsen ließ?
    Du bist auch ein Jäger.
    Ein Jäger im Garten des Herrn, der vielleicht noch weitaus mehr Reinigungen vertragen könnte.
    Du gehst zwischen den Büsche in Schussposition.
    Zielst.
    Du siehst ihn im Licht stehen, durch die Fensterfront seines Wohnzimmers. Er mag keine Gardinen. Armer Rainer, auf diese Weise macht er es dir leicht.
    Er geht auf und ab in seinem Wohnzimmer, in dem er sich nach getaner Arbeit als Arzt mit dummen TV-Shows ablenkt, damit die wirklich wichtigen Gedanken dableiben, wo sie seiner Meinung nach hingehören: im Untergrund des Unbewussten und des Vergessenen. Er lebt, als wäre nie etwas gewesen. Aber eigentlich müsste er allmählich ahnen, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis geschieht, was längst hätte geschehen müssen.
    Die gefrorene Zeit schmilzt und beginnt wieder zu fließen.
    Und so wird aus einem Gletscher ein wilder Strom, der sie fortreißt.
    Du drückst ab.
    Der Bolzen durchschlägt die Scheibe. Durch das Fadenkreuz siehst du sein überraschtes Gesicht, als das Geschoss seine Brust trifft, seinen Leib durchdringt und ihm das Rückgrat zerschmettert.
    Nun, Rückgrat hat Rainer Gerresheim damals nicht bewiesen, jetzt braucht er es auch nicht mehr.
    Ja, durch das Fadenkreuz des Hochleistungszielfernrohrs siehst du sein Gesicht ganz genau, seine Miene in diesem kostbaren letzten Moment der Erkenntnis, in dem er vielleicht ahnt, dass die Schuld, zu der er nicht stehen konnte, ihn nun eingeholt hat wie ein böser Fluch.
    Dann bricht er zusammen, und eine Alarmanlage plärrt mit schrillen Tönen los.
    Offenbar ist für sie der Armbrustbolzen ebenso ein Eindringling, wie es ein Einbrecher wäre.
    Dass sie eingeschaltet ist, während er sich zu Hause befand, tröstet dich. Es sagt dir, dass er sich gefürchtet hat. Dass er nach Markus’ Tod ahnte, dass auch ihn der Vorschlaghammer des Schicksals treffen könnte. Es tröstet dich, weil er dann vielleicht doch nicht so kalt war, wie du dachtest, und er zumindest als jemand starb, der noch den Rest eines Gewissens hatte.
    Du gehst zurück zum Wagen, schleichst dich erst durch die Büsche, gehst dann das Stück über den Bürgersteig und öffnest den Kofferraum, in dem du die Armbrust verstaust. Du hast dir nicht einmal die Mühe gemacht, sie zu verbergen, als du zum Wagen zurückgegangen bist. Vielleicht willst du ja, dass man dich sieht. Dass man dich fasst. Dass es zu Ende ist.
    Du hast ein seltsames Gefühl, das du nicht wirklich beschreiben kannst. Ein Gefühl, das halb Schmerz, halb Unwohlsein ist. So wie damals …
    Du steigst in den Wagen und setzt dich ans Steuer.
    Schweiß steht dir auf der Stirn, und du fühlst dich elend.
    Diesmal, so wird dir klar, war es nicht so leicht wie beim ersten Mal, und du kannst dafür noch nicht einmal einen Grund benennen. Hat es was mit Markus oder Rainer zu tun? War es leichter, den einen zu töten als den anderen. Nein, wird dir klar. Der Grund für dein Unbehagen liegt einzig und allein in dir selbst.
    Du siehst dein Gesicht im Rückspiegel oder besser gesagt, die untere Hälfte davon.
    Der Rest liegt im Dunkeln. Und das ist gut so, denkst du. So brauchst du dir selbst nicht in die Augen zu schauen.
    Das FLASH lag auf einem ehemaligen Fabrikgelände in Rheindahlen, dem flächenmäßig größten Stadtteil von Mönchengladbach. Die umliegenden Gebäude waren ziemlich heruntergekommen, was durch die großzügige Außenbeleuchtung des FLASH gut zu erkennen war. Der Putz blätterte von den Wänden, und überall waren Graffiti angebracht. Die meisten allerdings, die sich dort mit der Sprühdose verewigt hatten, waren wenig kreativ. Der mit schwarzer Farbe geschriebene Satz PATRIOTISCHE FRONT ZUR BEFREIUNG VON RHEINDAHLEN ließ Berringer schmunzeln. Er war mit dem etwas kleiner geschriebenen Zusatz versehen: BESETZTES GEBIET SEIT 1921 – das Jahr der Eingemeindung Rheindahlens zu Mönchengladbach.
    Berringer stellte den Opel auf einem der unmarkierten Parkplätze ab. Die zweirädrigen motorisierten Vehikel waren vor dem FLASH entschieden in der Überzahl. Vor dem Eingang des Lokals standen Gruppen von Männern in schwarzen Motorradjacken, von denen viele den charakteristischen Schriftzug der MEAN
    DEVVILS mit dem doppelten V trugen. Berringer konnte nur wenige Frauen ausmachen.
    „Na, was die eng sitzende Lederjacke angeht, passt du doch ganz gut hierher, Berry“, meinte Vanessa. „Die Kerle hier hatten sicher

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