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Privatdetektive (16 Romane in einem Band)

Privatdetektive (16 Romane in einem Band)

Titel: Privatdetektive (16 Romane in einem Band) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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nicht mehr dort zu sehen, wo sie schon so lange gelegen hatte. Eigentlich hatte Berringer erwartet, dass dort jetzt fleißig und mit Hochdruck gearbeitet wurde.
    Fehlanzeige. Man hatte lediglich den entsprechenden Bereich weiträumig mit Flatterband abgetrennt und Warnschilder aufgestellt.
    Typisch, dachte Berringer, dann fielen ihm wieder die Andeutungen ein, die Mark Lange am Telefon gemacht hatte – von wegen wenig Licht und der Sommer würde sowieso nicht so besonders.
    Als Berringer schließlich den neuen Liegeplatz der NAMENLOSEN erreichte, wurde auf den ersten Blick offenbar, was Mark gemeint hatte. Die NAMENLOSE lag zwischen zwei Frachtern mit riesigen Aufbauten, sodass man auf dem Hausboot wohl tatsächlich den ganzen Tag über Schatten hatte.
    Na großartig!, dachte Berringer. Einen besseren Platz gab es wohl nicht!
    Immerhin war das Boot gut vertäut. Mark Lange hatte das bestimmt nicht allein hingekriegt; van Leye musste ihn fachmännisch instruiert haben. Berringer sah sich alles an. Dann ging er an Bord.
    Die Position zwischen den beiden Giganten war wirklich alles andere als das, wovon man träumte, wenn man sich dazu entschied, auf einem Hausboot zu leben. Der Blick in die Ferne war von tonnenschwerem Stahl verwehrt, das Gefühl von Freiheit und Abenteuer konnte sich auf diese Weise nicht einstellen. Stattdessen starrte Berringer zu beiden Seiten auf die angerosteten Wandungen der zwei Binnenschiffe, von denen der Lack abblätterte und die eindeutig schon bessere Zeiten gesehen hatten. Mit etwas Fantasie konnte man sich eine Landkarte oder ein abstraktes Gemälde in den Strukturen vorstellen, die der Zahn der Zeit auf die Schiffskörper genagt hatte.
    Berringer betrat den Wohnbereich, zog das Jackett aus und warf es auf die Koje. So etwas war immer riskant. Schließlich war das Jackett für ihn das, was für eine Frau die Handtasche war: der Aufbewahrungsort wichtiger Kleinigkeiten, die sein halbes Leben ausmachten.
    Aber er konnte das FLASH in Mönchengladbach nicht in einem blauen Blazer betreten. Die Jeans ging vielleicht noch, aber das Jackett war tabu, sonst wäre er dort aufgefallen wie vielleicht Ho-Mo Baumann.
    Berringer wühlte sich durch seine Klamotten, die größtenteils in einem Einbauschrank untergebracht waren. Dort konnte er sie allerdings weder aufhängen, noch lagen sie in irgendeiner Weise geordnet in den Regalen. Als er den Schrank öffnete, fiel ihm erst mal alles Mögliche an Zeug entgegen.
    Irgendwo, das wusste Berringer, hatte auch er noch eine schwarze Lederjacke. Und auch wenn die vom Stil her vielleicht nicht ganz mit dem mithalten konnte, was andere Besucher des FLASH so am bierbäuchigen Leib trugen, so ging sie in einer Rockerkneipe doch eher durch als die Sachen, die er normalerweise trug.
    Berringer beschleunigte die Suche etwas. Mit rudernden Armen räumte er den gesamten Schrankinhalt aus. Er hatte die Lederjacke schon Ewigkeiten nicht mehr getragen und sie eigentlich auch nur aus nostalgischen Gründen aufbewahrt. Daher ging er davon aus, dass sie ziemlich weit unten zu finden war – hinabgesunken wie Sedimente im Meer, die dann irgendwann zu Fossilien wurden und im versteinerten Zustand die Jahrmillionen überdauerten.
    Schließlich grub Berringer das gesuchte Fossil aus.
    Die Lederjacke war noch in Ordnung, wenn man von ein paar Macken absah. Auf den Rücken hatte Berringer in grauer Vorzeit mal ein Peace-Zeichen gemalt und später versucht, es wieder zu entfernen, die Umrisse waren aber immer noch zu erkennen. Als er das sah, fragte er sich, ob dies wirklich das richtige Symbol war, um sich unter Rockern vom Schlage der MEAN DEVVILS zu begeben, die sich von Leuten wie Eckart Krassow mit Hightech-Armbrüsten versorgen ließen und ihren Gegnern offenbar WASP-Kampfmesser in den Leib rammten.
    Aber dann sagte er sich, dass im FLASH ja kein Tageslicht herrschte und man die Abdrücke des Friedenszeichens in der schummrigen Atomsphäre, die er dort vermutete, gar nicht sehen würde.
    Ein leicht nostalgisches Gefühl beschlich ihn. Er hatte die Jacke einst auf einem Flohmarkt erworben. Damals war sie ihm viel zu groß gewesen, aber dieser Umstand hatte dazu geführt, dass er sie ziemlich lange hatte tragen können. Mit ihr hatte er als sechzehnjähriger Schüler an der großen Demo im Bonner Hofgarten gegen die Nachrüstung teilgenommen. Lang war’s her …
    Berringer zog die Jacke an. Schließen konnte er sie nicht – zumindest nicht, wenn er danach noch atmen

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