Privatdetektive (16 Romane in einem Band)
Wohnung.
"Was machen Sie eigentlich beruflich?"
"Ich habe einen Job in einem Makler-Büro."
"Immobilien?"
"Ja."
Jo sah sie an und meinte dann: "Ich will ganz offen sein: Bis jetzt habe noch nicht viel herausfinden können."
Sie zuckte mit den Schultern. "Das wäre wohl auch etwas zuviel verlangt."
"Die Leiche ist freigegeben. Wenn Sie wollen, dann gebe ich Ihnen die Adresse eines Bekannten, der früher bei der Gerichtsmedizin war und sich dann selbstständig gemacht hat." Jo zuckte die Achseln. "Ich habe schon ab und zu mit ihm zusammengearbeitet. Wenn wirklich etwas medizinisch Greifbares übersehen wurde, das die plötzliche Wandlung Ihres Freundes erklären könnte, dann wird er es finden! Von Polizei und Staatsanwaltschaft ist in der Hinsicht wohl nichts mehr zu erwarten. Der Fall gilt als abgeschlossen, und solange nicht neue Indizien vorgelegt werden, kann auch mein Freund Rowland von der Mordkommission da nichts machen."
Sie nickte. "Gut", meinte sie.
"Hat Brannigan noch Angehörige?"
"Nur seine Mutter, soweit ich weiß. Sie wohnt in Queens."
"Das ist ja sozusagen gleich um die Ecke. Kennen Sie sie?"
"Ja, wir verstehen uns großartig."
"Das ist gut. Reden Sie mit ihr, denn sie wird ein Wörtchen mitzureden haben, was die Leiche Ihres Freundes angeht. Wenn Sie beide verheiratet gewesen wären, wäre das etwas unkomplizierter."
"Das wird schon klappen", meinte sie zuversichtlich.
"Ich würde gerne Brannigans persönliche Sachen ansehen. Er wohnte hier zusammen mit Ihnen, nicht wahr?"
"Ja." Sie bewegte den Kopf ein wenig zur Seite. "Kommen Sie mit, Mister Walker. Das meiste, was Sie hier sehen, stammt von ihm. Er hat hier zuvor allein gelebt. Ich bin zu ihm gezogen, verstehen Sie?" Sie führte Jo zu Brannigans Schreibtisch. "Ich habe alles so gelassen", meinte sie.
"Hat sich die Polizei das angesehen?"
"Ja."
"Ist etwas mitgenommen worden?"
"Nein. Mit Ausnahme einer Packung Beruhigungspillen und dem dazugehörigen Rezept."
"Die Schublade hier ist abgeschlossen", stellte Jo fest. "Haben Sie den Schlüssel?"
Sie nickte. Dann drehte sie sich um und ging. Währenddessen wandte sich Jo dem Büroschrank zu, der nicht abgeschlossen war. Er bestand aus metallenen Laden, in denen jeweils Dutzende von Hängemappen zu finden waren. Es schien sich dabei vorwiegend um technische Zeichnungen und Entwürfe zu handeln. Dazu Notizen und Berechnungen. Für jemanden, der nichts davon verstand, wirkte das wie Chinesisch.
Jo öffnete die nächste Lade und schaute flüchtig in die Hängemappen. Eine war voll mit Quittungen, die Brannigan vermutlich für die Steuer gesammelt hatte, eine andere enthielt aus Zeitschriften herausgerissene Kochrezepte. Mitten dazwischen lag ein aufgeschlagenes Buch, in dem Brannigan offenbar sehr intensiv gelesen hatte. Jedenfalls waren Passagen mit einem grellgrünen Textmarker gekennzeichnet. Jo nahm das Buch heraus und warf einen Blick auf den nach hinten geknickten Umschlag. Angstneurosen - Ursachen, Diagnose und Therapie lautete der Titel. Offenbar ein populärwissenschaftlicher Taschenbuch-Ratgeber.
Indessen war Joanne mit dem Schlüssel zurück und gab ihn Jo. Der Privatdetektiv gab ihr dafür das Buch. "Walt Brannigan hatte psychische Probleme, nicht wahr?"
Sie sagte nichts. Sie nahm das Buch an sich, ohne einen Blick darauf zu werfen und nickte dann.
"Ja."
"Er war in Therapie. Ich nehme an, Sie wußten das."
"Wenn ich es Ihnen gesagt hätte, hätten Sie den Fall nicht übernommen, Mister Walker! Dann wäre die Sache für Sie genauso klar gewesen, wie für die Polizei!"
Jo zuckte die Achseln. "Wahrscheinlich haben Sie recht! Und vielleicht ist es noch nicht zu spät, um die Sache aufzugeben!"
"Mister Walker! Nur, weil jemand ein paar Probleme hat, muß er noch lange nicht zu einem Killer werden, der ohne jeden Grund auf irgendwelche Menschen schießt!"
"Paranoia ist nicht irgendein kleines Problem, Miss Carter!"
"Ich weiß. Aber Walt war nicht verrückt!" Sie seufzte. "Wie soll ich es Ihnen nur erklären?" stieß sie dann hervor. Unterdessen öffnete Jo die Schublade. "Walts Ängste hatten einen realen Hintergrund", erklärte Joanne Carter dann.
Kommissar X zog die Augenbrauen in die Höhe. "Ach, ja?"
"Vor acht Jahren ist Walt auf offener Straße überfallen worden. Er war zusammen mit einem Freund unterwegs, der dabei ums Leben kam. Die Mugger glaubten wohl, daß er irgendeinen Trick versuchen wollte und haben drauflos geschossen."
"Sie kennen die Geschichte nur
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