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Privatdetektive (16 Romane in einem Band)

Privatdetektive (16 Romane in einem Band)

Titel: Privatdetektive (16 Romane in einem Band) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Emder Gymnasium. Da fragt der Lehrer: 'Beschreib mir mal den kürzesten Weg nach Japan!' Da meldet sich der Schüler von auswärts und erklärt umständlich den Weg über Osteuropa und Russland, China bis nach Japan. Sagt der Lehrer: 'Nee, das stimmt nicht. Es gibt noch einen Kürzeren."
    Lorant runzelte die Stirn. "Und welchen?"
    "Ein anderer Schüler meldet sich und sagt: 'Ich gehe einfach in Larrelt über die Brücke und schon bin ich in Japan."
    Der Bauer lachte los.
    Lorant verstand kein Wort und sah ziemlich begriffsstutzig drein. Glücklicherweise hatte Beate Jakobs Erbarmen mit ihm.
    "Junger Mann, das ist so: Emden war doch früher ein bedeutender Hafen, auch wenn's schon eine Weile her ist. Und deswegen sind einige Stadtteile Emdens nach Orten in fremden Ländern benannt: Tsing-tau, Port Arthur, Transvaal..."
    "Und eben Japan?", schloss Lorant.
    Beate Jakobs nickte. "Ja, das Gebiet hinter der Larrelter Brücke hieß traditionell früher Japan."
    "Was ist mit halben Hähnchen, Frau Jakobs. Kann ich das noch bekommen?"
    "Junger Mann, Sie haben aber ein Pech..."
    "Wie? Auch aus?"
    "Leider ja."
    "Und die Bockwurst mit Kartoffelsalat?"
    "Die ist noch da."
    "Was ist denn außer der Bockwurst mit Kartofelsalat noch zu haben?"
    "Leider ist das im Moment das einzige, was ich anbieten kann. Der Kühlwagen kommt übermorgen, und ich bin ziemlich ausgebrannt!"
    Lorant seufzte, klappte die Karte zu. "Okay, dann die Bockwurst." Hätte sie mir ja auch gleich sagen können, dass sie sonst gar nichts da hat!, dachte er. Das Kartenstudium hätte ich mir dann ja wohl auch sparen können.
    Er gab ihr die Karte zurück.
    "Schön, dass wir doch noch was für Sie gefunden haben, junger Mann!", meinte Beate Jakobs.
    Die alte Dame verschwand in der Küche.
    Lorant sah zu, dass er gegenüber dem Bier trinkenden Bauern etwas Land gewann. Noch mehr Witze, für die ihm die Verständnisgrundlagen fehlten, wollte sich der Detektiv nicht anhören.
    "Nix los heute hier, was?", meldete sich der Bauer mit seiner dröhnenden Stimme dann aber doch zu Wort.
    Lorant ging bis in die Mitte des Raumes hinein, der sich durch eine Schiebetür aus Paneele trennen ließ. In einer Ecke hinter dem Kamin entdeckte er ein Klavier, darüber ein ostfriesisches Landschaftsbild. Blesshühner oder etwas Ähnliches im Schilf, dahinter die untergehende Sonne, das Spiel der Rottöne im Wasser und so weiter. Das Klavier hatte schon einige Schrammen. Offenbar war nicht immer besonders pfleglich mit dem Instrument umgegangen worden. Lorant bewegte die Finger. Ein paar Tage ohne zu spielen, das war für ihn wie eine Ewigkeit. Er bekam dann regelrecht Entzugserscheinungen. Wenn er viel zu tun oder den Kopf voll mit anderen Dingen hatte, fiel ihm das nicht so auf. Aber jetzt, da er das Objekt seiner Begierde vor sich sah... Am ersten Abend hatte die lärmende Skatrunde davor gesessen, dass ihm das Instrument nicht aufgefallen war.
    Und während des Frühstücks musste die Paneele-Tür ein Stück zugezogen gewesen sein. Jedenfalls war ihm das Piano auch da nicht weiter aufgefallen. Vielleicht auch deswegen, weil dieser eigenartige tätowierte Ruhrgebietler seine Aufmerksamkeit zu sehr gefesselt hatte.
    "Echt nix los hier heute!", wiederholte der Bauer noch mal. Offenbar sein letzter verzweifelter Versuch, Lorant doch noch als Gesprächspartner oder wenigstens als Zuhörer für Witze zu rekrutieren.
    "Vielleicht ist im X-Ray ja mehr los!", sagte Lorant und ging dem Bauern damit gewissermaßen auf den rhetorischen Leim.
    "Im X-Ray? Meinst du den Puff auf der Wiese?"
    "Naja, ein hartes Wort."
    "Weißt du, was da ein Glas voll kostet?"
    "Nein."
    "Dat gaait auf keine Kuhhaut. Und ein richtiges Bier haben die auch nicht! Aber schweineteuer ist da alles!"
    Lorant hörte nur beiläufig zu und wandte sich stattdessen dem Klavier zu. Er setzte sich auf den Hocker. Die Tasten waren staubig. Aber davon ließ er sich nicht abhalten. Lorant spielte ein paar dezente Akkorde, ließ sie dann in den swingenden fünf-viertel-Takt von TAKE FIVE einmünden. Das Klavier hatte wahrscheinlich schon seit Jahren keinen Klavierstimmer mehr gesehen. Das gab Lorants Spiel eine besondere dissonante Schärfe, die im Original eigentlich nicht vorgesehen war. Immerhin verstummte der Bauer jetzt. Er saß mit offenem Mund da und hörte zu.
    "Kannst du auch Shantys?", glaubte Lorant ihn zwischendurch einmal fragen hören. Aber er antwortete nicht. Zu weit hatten ihn die Harmonielinien und Akkorde bereits

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