Privatdetektive (16 Romane in einem Band)
Walker ließ ihn los und sagte: "Ich weiß es noch nicht. Aber ich werde es herausfinden."
"Das täte mir leid. Sie war ein nettes Mädchen... Jedenfalls früher."
Jo legte die Stirn in Falten.
"Seit wann denn nicht mehr?"
"In letzter Zeit schien sie mir völlig durchgedreht. Wissen Sie, was ein Gruftie ist? Leute, die nur in schwarz gehen, sich mit Vorliebe auf Friedhöfen aufhalten und so etwas. Lebende Tote. Die haben sogar schon ihre eigenen Diskotheken."
"Und Kimberley war so ein Gruftie?"
"Sieh doch mal in ihren Bücherschrank oder schau mal die Schallplatten durch, die sie hört! Dann weißt du Bescheid!"
"Wann hast du Kimberley zum letzten Mal gesehen?"
Reilly schien einen Augenblick nachzudenken. Dann sagte er: "Das war vor drei Monaten, glaube ich. Ihr Scheck war noch nicht da. Ich habe ihr das Zeug vorgestreckt. Ach ja, sie hatte sich da so ein seltsames Zeichen auf den Handballen malen lassen. Vielleicht war es auch eine kleine Tätowierung. Ich habe es nur ganz kurz gesehen."
"Ein Zeichen? Was für ein Zeichen?"
Reilly deutete mit der Hand auf eines der Gemälde, die in Kimberleys Atelier standen.
"Genau so sah es aus!" meinte er.
Jo Walker wandte den Kopf zur Seite und verengte ein wenig die Augen. Kein Zweifel, Reilly meinte das Bild mit dem überdimensionalen Pentagramm.
*
Bevor die zwei Detectives von der Mordkommission kamen, war Art Reilly verschwunden. Jo Walker hatte nichts dagegen, daß er sich davonmachte.
Es würde keine Schwierigkeit sein, ihn wieder aufzuspüren, wenn es sein mußte. Und vielleicht würde es notwendig sein. Jo war sich zwar ziemlich sicher, daß Art Reilly nichts mit dem zu tun hatte, was mit Kimberley Morgan geschehen war, aber bis jetzt war der kleine Dealer sein einziger Anknüpfungspunkt. Ihn der Polizei zu übergeben hatte ohnehin wenig Sinn. Man konnte ihm damit ein bißchen Ärger machen, aber dann würde er wieder freigelassen werden müssen, weil die Mengen an Stoff, die bei sich führte zu gering waren.
Er war halt nur ein kleiner Fisch.
Und Fische, so dachte Jo, waren ja von Natur aus schon stumm und ziemlich schwer zum Singen zu bringen.
Die beiden Detectives hießen Kurtz und Orban. Kurtz war fast zwei Meter lang und tiefschwarz. Jo kannte ihn flüchtig.
Orban hingegen war weiß, rothaarig und sommersprossig. Und noch ziemlich jung. Vermutlich war er noch nicht allzu lange im Dienst. Jedenfalls wirkte er recht unsicher.
Kurtz lächelte, als er Jo Walker die Hand schüttelte.
"Sie sind Jo Walker - der spezielle Freund unseres Captains, nicht wahr? Ich habe schon viel von Ihnen gehört."
Jo grinste.
"Wie ich hoffe, nur Gutes! Kommt noch jemand, der etwas von Spurensicherung versteht? Ich hatte am Telefon."
Kurtz deutete auf seinen Kollegen und meinte: "Das ist Orbans Job!"
"Worum geht's denn?" fragte Orban.
Jo führte sie zu dem Blutfleck - oder dem, was er dafür hielt. Orban war allerdings auf den ersten Blick hin derselben Meinung.
"Wie lange dauert es, bis Sie wissen, was es ist!"
Orban machte eine wegwerfende Geste.
"Am besten auch gleich, von wem - habe ich recht?"
"Zumindest die Blutgruppe wäre nicht schlecht!"
"Wir tun wie immer unser Bestes!" mischte sich Kurtz ein.
"Was denn sonst!" gab Jo sarkastisch zurück.
*
Nachdem Jo Walker zusammen mit Kurtz noch einige von Kimberleys Nachbarn besucht hatte, schaute er noch bei jenem Samuel Follett vorbei, dessen Telefonnummer für die junge Frau offenbar so wichtig gewesen war.
Dr. Samuel Follett war an diesem Tag eigentlich für niemanden zu sprechen, denn es war sein freier Tag. Und so schaute er auch ziemlich mißmutig drein, als er den hochgewachsenen, gutgekleideten Mann vor seiner Wohnungstür stehen sah.
"Meine Name ist Walker. Ich hätte sie gerne kurz gesprochen, Mister Follett. Darf ich hereinkommen?"
"Hören Sie..."
Bevor er zu einem großangelegten Protest ausholen konnte hatte Jo Walker ihm bereits Kimberleys Foto unter die Nase gehalten. "Kennen Sie dieses Mädchen?"
"Nein."
"Sie haben es sich doch gar nicht richtig angesehen!"
Follett warf Jo einen giftigen Blick zu. Dann nahm er das Bild und sah es sich richtig an. "Ich kenne sie nicht. Und jetzt verschwinden Sie bitte - wer auch immer Sie geschickt haben mag!"
Aber Jo hatte keineswegs die Absicht, sich so leicht abwimmeln und ins Boxhorn jagen zu lassen.
"Wenn Sie sie überhaupt nicht kennen - wie kommt es dann, daß diese junge Frau sich Ihre Telefonnummer aufgeschrieben hat?"
Er stutzte und wurde
Weitere Kostenlose Bücher