Private Dancer
ab?” fragte ich.
„Es hat grade eben nicht geklingelt, das heisst, natürlich hat es geklingelt, aber das war ich selbst, damit du denkst mein Besuch wäre da.”
Mein Blick sagte ihm anscheinend, dass das meiner Meinung nach die Situation nicht klarer machte, ich wusste überhaupt nicht was das Ganze sollte. (Okay, ich geb’s zu, im Nachhinein war ich wohl etwas schwer von Begriff)
„Ich hoffe du bist nicht sauer, dass ich dich reingelegt habe. Ich wollte so gerne mit dir zusammen essen um dich kennen zu lernen, und wusste nicht, wie ich es anstellen sollte. Ausserdem dachte ich, dass du sicher oft arbeiten musst und, dass das bei dir vorgeht.” Jetzt wurde seine Stimme schneller, als wolle er den Satz schleunigst beenden, “deshalb hab ich gedacht, ich engagier dich einfach und jetzt essen wir zusammen, okay?” Es dauerte einige Sekunden bis ich mir sicher war, was ich davon halten sollte. So etwas war mir noch nie passiert! Ein Mann! Der sich um mich bemühte und dann auch noch so einen Plan auf die Beine stellte um mich kennen zu lernen. Das hatte noch nie irgendjemand zuvor in meinem Leben gemacht. Wer auch? Plötzlich sah ich alles, was an diesem Nachmittag passiert war, mit völlig anderem Blick. Der Champagner, der ruhig schon geöffnet werden durfte, die Menüzusammenstellung, die mir persönlich besonders gut gefiel, was ich ihm bei unserem Telefonat anvertraute. Der Satz: „Ich denke so um 19 Uhr, mach dir keinen Stress,” oder „Es ist das erste Mal, dass wir zusammen essen, es ist noch ganz frisch. DRÜCK MIR DIE DAUMEN!” Ich erinnerte mich auch, was ich ihm darauf antwortete… Jetzt saß er mir gegenüber und hatte die Augen zugekniffen als erwarte er, dass eine Bombe explodiere weil ich mich ärgerte und ihn beschimpfte und fragte was ihm einfiele. Irgendwie war es ja auch ganz schön frech. Ich musste aber laut und herzhaft lachen! Er öffnete die Augen wieder und freute sich anscheinend erleichtert über meine Reaktion.
Ich hatte beschlossen mehr Wein als gewöhnlich zu trinken weil mir die Situation irgendwie peinlich war. Es ging hier um mich, ich war der Anlass! Eine völlig fremde Situation für mich, da half nur mein Lieblingswein, den er natürlich besorgt hatte…er spielte mit hohen Karten! Und er trank nur Wasser, wahrscheinlich um die Macht zu besitzen, die ich mit jedem Schluck mehr und mehr verlor. Auf die Frage warum er fast ein ganzes Jahr gewartet hatte mich so reinzulegen (der Auftrag bei Frau Reichenbach war ja schon länger her) antwortete er, er hätte sich vorher nicht getraut. Wir unterhielten uns über meine Arbeit, was ich Privat gerne tat, wir lernten uns kennen. Als es schon dunkel wurde und wir endlich dazu kamen das Dessert im Kerzenlicht zu essen und dabei spanische und kubanische Klänge aus der Musikanlage zu hören (es war MEIN Abend!), kam er auf den Punkt.
„Und wie stellst du dir deine Zukunft vor, Peter? Wo siehst du dich in fünf Jahren? Und mit wem?”
Ich trank vorsichtshalber noch einen Schluck bevor ich antwortete: „Ich weiß nicht genau wo ich in fünf Jahren bin und mit wem,” er sah mir angespannt zu wie ich mir Wein nachschenkte, „aber in zehn Jahren sehe ich auf jeden Fall ein Kind an meiner Seite, mein Kind…” Es trat eine Pause ein, in der keiner von uns etwas sagte. Ich fand, dass das eine solidarische Aussage war. Vor kurzem allerdings, also etwa zwei Jahre danach, bei der Besprechung dieses Kapitels erzählte André mir, dass es ihn trotzdem traf wie ein Hammer. Ausser einer kleinen, normalen Enttäuschung ließ er sich nicht viel anmerken. Er blickte nur nach unten und sagte nichts mehr. Ich fühlte mich ziemlich schlecht und es tat mir von Herzen leid. Ich warf ihm meine Serviette über, damit er wieder aufblickte, was er auch tat und wieder lächelte, was ich erwiderte. „Heute Abend sehe ich mich hier… bei dir,” sagte ich und kam mir komisch dabei vor, es war das erste Mal, dass ich so ein Gespräch mit einem Mann führte und ich Fronten klären musste, ich wollte ihm aber nicht weh tun, ich wollte nett sein, ihm aber gleichzeitig keine falsche Hoffnung machen. Er schien etwas zufriedener zu sein und wurde schnell wieder fröhlich. Als ich ihn nach seinen Hobbys und seinem Beruf fragte, wurde mir einiges klar.
„Mir gehört ein Fitnessstudio, ich bin dort auch privater Trainer und wir bauen unseren Wellnessbereich gerade aus, es gibt viel zu tun im Moment,” er lächelte unentwegt als er von seinem
Weitere Kostenlose Bücher