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Private Dancer

Private Dancer

Titel: Private Dancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Porsani
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war in sechs Wochen und ich hatte an dem Tag noch keinen Auftrag. Ich erklärte ihr, dass ich versuchen kann, die zwei (erfundenen) Termine an diesem Tag zu verschieben,  und, dass ich das nur tue, weil Frau Reichenbach eine meiner besten Kundinnen war und sie mich persönlich darum gebeten hatte, mich bei Stein-Meyerschön zu melden. Ich gab der ganzen Sache dadurch wohl noch mehr Gewicht als Frau Reichenbach es schon getan hatte. Stein-Meyerschön war inzwischen völlig auf dem Standpunkt, mit einem Juwel der Gastronomiekrone zu sprechen und Frau Reichenbach als eine der einflussreichsten Personen im Südwesten Deutschlands anzusehen. Ich ließ sie zwei Tage zappeln, verlangte dann das doppelte (auf den Rat meiner Mutter hin) und feierte den Auftrag mit zwei Flaschen Schampus am Baggersee. Gleichzeitig hatte ich eine gute Tat vollbracht, denn Stein-Meyerschön konnte endlich wieder schlafen.
     
    Am Tag der Hochzeit zog ich also anstatt der Kochmontur meinen schicken Anzug an und wollte eine Stunde, bevor die Gäste eintrafen, den Ort, an dem gefeiert wurde, erreichen. Ich änderte meine etwas zu oberflächliche Meinung über die Wedding-Planerin noch vor der Ankunft. Das Lokal lag etwas abgelegen eines idyllischen Dorfes an der Mosel und Stein-Meyerschön hatte dafür gesorgt, dass selbst der größte Trottel den Weg finden würde, indem sie aus Milchglas gefertigte Hinweistafeln schon nach der Autobahnabfahrt und somit vier Orte vor dem Ziel, an Eckpunkten der Straßen postiert hatte, auf denen der Satz „Zur Hochzeit von Antonia und Mario” eingraviert wurde. Zusammen mit einem kunstvollen Pfeil, der die Richtung anzeigte. Die runden Glastafeln waren von einem Ring aus Hortensien, Buchsbaum und Flieder umrahmt und sahen einfach nur gut aus. Übertrieben oder professionell, ich glaube zwischen diesen zwei Worten befand sich ein schmaler Grat, auf dem Stein-Meyerschön wandelte und damit wohl sehr erfolgreich war. Am Lokal angekommen, standen zehn Herren in mintgrünen Uniformen wie Wachen an der Einfahrt des Parkplatzes Spalier. Während  einer davon mein Auto parkte, geleitete mich  ein anderer  zum Eingang des Festsaals, der ebenfalls von Hortensien und Flieder gezeichnet war. Der Duft war erstaunlicherweise angenehm und nicht aufdringlich. Stein-Meyerschön war etwa Ende vierzig, hatte lange blonde Locken und trug eine kantige, weiße Brille auf ihrer langen Nase. Ich musste ein Lachen unterdrücken, als ich sah, dass sie einen fliederfarbenen Hosenanzug und einen weißen Seidenschal trug. Auch ihre Augen waren Fliederfarben geschminkt, allerdings sehr dezent, sodass es gut aussah und schon wieder nicht wirklich übertrieben war. Sie hatte anscheinend ein Gespür dafür entwickelt, krasse Dinge zu tun, die dann doch angenehm waren. Sie begrüßte mich herzlich und bat mich in die Küche zu gehen, um schon mal nach dem Rechten zu schauen. Dann sprach sie etwas in ihr Walkie-Talkie, drückte mir ebenfalls eines in die Hand und eilte nach draußen, weil die Hochzeitstorte endlich angekommen war. Die runden Tische im Saal waren sehr professionell eingedeckt worden und in der Mitte jedes Tisches stand ein großer, silberner Kerzenleuchter mit fünf weißen Kerzen, wieder umgeben von einem Kranz aus Flieder und Hortensien. Jetzt sah ich, dass die Blüten, obwohl sie bereits in dem Kranz eingearbeitet waren, mit Wasser versorgt wurden, da sich die Stiele in einer Art kleinem Reagenzglas befanden, das mit eingearbeitet wurde. Es wäre mir nicht aufgefallen, wenn eine der vielen Assistentinnen von Frau Stein-Meyerschön den letzten Kranz nicht noch ein letztes mal auf seine Perfektion untersucht hätte. Ich verstand langsam, dass meine Rolle wohl doch wichtiger war, als ich zuerst dachte, und ich hoffte, ich würde die Planerin nicht enttäuschen. Frau Stein-Meyerschön war weniger hysterisch als ich geglaubt hatte, sie wollte einfach sicher gehen, dass alles mehr als perfekt war.
    In der Küche angekommen, wurde mir klar, dass sie die Köche bereits von meiner Aufgabe in Kenntnis gesetzt  hatte, denn anstatt der Küche, hätte ich ebenso gut den Nordpol erreichen können. Die Temperatur sank auf minus sechzig Grad Celsius, als ich den Fuß hinein gesetzt hatte und ich war froh, dass Blicke nicht töten konnten. Ich sah meine Kollegen kurz an und sagte, was mir als erstes einfiel: „Ich fände mich an eurer Stelle auch zum Kotzen!” und das Eis war sofort gebrochen. Ich war mehr als erleichtert, als die

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