Private Games - Der Countdown des Todes
blickte ihn mit ihren schiefergrauen Augen finster an. » Peter, hat Gary dir nicht gesagt, dass ich gerade …« Sie hielt inne, als sie in seinem Gesicht etwas bemerkte. Ihr eigenes Gesicht verzog sich missbilligend. » Jetzt sag nicht, deine barbarischen Kinder haben schon wieder ein Kindermädchen in die Flucht getrieben.«
» Nein«, entgegnete Knight. » Ich wünschte, die Angelegenheit wäre so einfach wie das.«
Und mit wenigen Worten zerschlug er das Glück seiner Mutter in tausend Stücke.
1 1
Wenn man Monster umbringen will, muss man lernen, wie ein Monster zu denken.
Diese Sichtweise wusste ich erst ab der Nacht zu schätzen, in der ich mir durch eine Explosion neunzehn Jahre nach der Steinigung ein zweites Mal einen Schädelbruch zuzog.
Ich war schon lange von London fort, nachdem mein erster Plan, der Welt zu beweisen, dass ich ganz anders und jedem anderen Menschen unendlich überlegen war, durchkreuzt worden war.
Die Monster hatten den Krieg gegen mich durch List und Sabotage gewonnen. Als ich schließlich im Spätfrühling 1995 als Mitglied einer NATO -Friedenstruppe auf dem Balkan landete, kannte mein Hass folglich keine Grenzen. Seine Tiefe und Ausmaße waren unermesslich.
Nach dem, was mir angetan worden war, wollte ich keinen Frieden.
Ich wollte Gewalt. Ich wollte Opfer. Ich wollte Blut.
So gesehen wendete sich das Schicksal zu meinen Gunsten, nachdem ich mich fünf Wochen auf den zerstörten, sich verlagernden und leicht entzündbaren Schlachtfeldern von Serbien, Kroatien und Bosnien-Herzegowina aufgehalten hatte.
An einem Spätnachmittag im Juli fuhr ich, mit Helm und kugelsicherer Weste geschützt, als Beifahrer eines getarnten Toyota Land Cruiser auf einer staubigen Straße fünfunddreißig Kilometer vom belagerten Srebrenica entfernt durchs Drina-Tal.
Ich las gerade ein Buch über griechische Mythologie, als ich aus dem Fenster blickte und darüber nachdachte, dass die vom Krieg geschundene Balkanlandschaft der Schauplatz einer dunklen, verworrenen Heldensage sein könnte. Überall blühten Wildrosen um die verstümmelten Leichen, die wir in dieser Gegend gesehen hatten, Opfer von Gräueltaten, die von der einen oder der anderen Seite begangen worden waren.
Die Bombe explodierte ohne Vorwarnung.
An den Knall, der den Fahrer, den Wagen und die beiden anderen Mitfahrer tötete, erinnere ich mich nicht. Doch noch immer rieche ich das Kordit und das brennende Benzin.
Und ich spüre noch immer den Schlag wie von einer unsichtbaren Faust, die mich mit voller Wucht traf, mich durch die Windschutzscheibe schleuderte und in meinem Schädel einen elektrischen Sturm von epischen Ausmaßen auslöste.
Staub hatte das Land überzogen, als ich wieder zu Bewusstsein kam. Das Klingeln in meinen Ohren, Orientierungslosigkeit und Übelkeit ließen mich glauben, ich wäre zehn Jahre alt und gerade erst gesteinigt worden. Doch dann ließ das Schleudern und Zucken in meinem Kopf nach, sodass ich die verkohlte Karosserie unseres Toyota und die Leichen erkannte, die, bis zur Unkenntlichkeit verbrannt, meine Begleiter gewesen sein mussten. Neben mir lagen eine Maschinenpistole und eine Pistole, eine Sterling und eine Beretta, die aus dem Wagen geschleudert worden waren.
Es war mittlerweile dunkel, als ich mich, die Waffen in den Händen, erheben und gehen konnte.
Immer wieder stürzte ich zu Boden, während ich mehrere Kilometer durch Felder und Wälder stolperte, bevor ich ein Dorf irgendwo südwestlich von Srebrenica erreichte. Trotz des Klingelns in meinen Ohren hörte ich irgendwo in der Dunkelheit vor mir Männer rufen.
Diese wütenden Stimmen zogen mich an, und je näher ich kam, desto vehementer meldete sich in meinem Kopf mein alter Freund, der Hass, und drängte mich, irgendjemanden abzuschlachten.
Egal wen.
1 2
Die Männer waren Bosnier, sieben insgesamt, bewaffnet mit alten einläufigen Schrotflinten und verrosteten Gewehren, mit denen sie drei an den Händen gefesselte jugendliche Mädchen wie Vieh vor sich hertrieben.
Einer von ihnen sah mich und rief den anderen, die ihre schwächlichen Gewehre auf mich richteten, etwas zu. Aus Gründen, die ich mir erst sehr viel später erklären konnte, eröffnete ich nicht das Feuer, mit dem ich die Männer samt der Mädchen hätte töten können.
Stattdessen erzählte ich ihnen die Wahrheit – dass ich Mitglied der NATO -Mission und mein Wagen von einer Bombe getroffen worden sei und ich mit meinem Stützpunkt telefonieren müsse. Das
Weitere Kostenlose Bücher